Bonner Haushalt Kulturszene in Bonn kämpft ums Überleben

Bonn · Die freie Kulturszene in Bonn kämpft um ihr Überleben. Während die Stadt dem Jungem Theater und dem Haus der Springmaus hilft, sinkt der Gesamtzuschuss für freie Träger. Einigen Theatern droht das Aus.

Die freie Kulturszene geht harten Zeiten entgegen. Im Doppelhaushalt 2019/2020, den Kämmerin Margarete Heidler am Donnerstag einbringt, sinken die Zuschüsse von 2,54 Millionen Euro auf 2,4 und dann 2,26 Millionen Euro. Dazu kommen Mietzahlungen, die die Stadt jährlich mit 420 000 Euro übernimmt. Mittelfristig könnte es für die kleinen Theater und das Frauenmuseum noch enger werden. Denn die Ratskoalition von CDU, Grünen und FDP will den mehr als 60 Millionen Euro schweren Kulturetat ab 2023 um 3,5 Millionen Euro kürzen. Das Büro Actori hat eine Untersuchung im Stadtauftrag vorgelegt, nach der diese Summe nicht bei Oper und Schauspiel (Jahreszuschuss: rund 30 Millionen Euro) geholt werden könne – es sei denn, man würde Abstriche bei Qualität und Quantität in Kauf nehmen.

Während der Zuschuss für das städtische Theater regelmäßig steigt, sind die Zahlungen an die freien Träger seit Jahren nicht erhöht worden. Das Euro-Theater Central und das Kleine Theater in Bad Godesberg stehen vielmehr vor dem Aus, weil der Rat die Zuschüsse ab 2019 komplett gestrichen hat. Andere freie Kulturmacher können sich nicht vorstellen, wie sie Kürzungen verkraften sollten.

Frauenmuseum:

Das Haus in der Altstadt gehört zu den Rotstiftopfern. Bisher bekommt es jährlich 120 000 Euro, von denen 86 000 Euro als Kaltmiete an die Stadt zurückfließen. Ab 2019 schrumpft der Zuschuss auf 20 000 Euro. Die „Stiftung sichere Zukunft – Museum der Frauen“ will der Stadt allerdings für 510 000 Euro das Gebäude Im Krausfeld 10 abkaufen – der Rat entscheidet diese Woche darüber. „Zwei Drittel der Kaufsumme bringen wir über Spendenaktionen auf“, berichtet Museumschefin Marianne Pitzen; der Rest laufe auf Kredit. „Überleben werden wir aber nur, wenn der Stadtzuschuss bei 50 000 Euro im Jahr liegt.“ Nur so könne das Museum die Energie- und Nebenkosten des alten Hauses stemmen und den Sanierungsstau angehen. „Unsere Arbeit wird bundesweit beachtet“, betont Pitzen. „Warum sollte die Stadt sich da nicht stärker beteiligen?“

Junges Theater:

Für die Jugendbühne in Beuel sieht es besser aus. Bisher bekam sie einen Stadtzuschuss von 145 000, plus 77 000 Euro für Miete, Strom und Wasser sowie Instandhaltung. Tariferhöhungen für die Mitarbeiter auf 30 Vollzeitstellen brachten das Theater aber ins Schleudern. Intendant Moritz Seibert schlug beim Kulturamt und den Ratsfraktionen Alarm. Mit Erfolg: Die Stadt erhöht 2018 um 30 000 Euro; ab 2019 steht ein Zuwachs auf 215 000 in Aussicht. Das Land NRW signalisiert laut Seibert, seine Zuwendung in diesem Jahr von 37 000 auf 74 000 Euro anzuheben. Ab 2019 sollen es 105 000 Euro sein. Seibert: „Das war Rettung in höchster Not.“

Haus der Springmaus:

Noch im Oktober stand die Traditionsbühne auf der Kippe, die bisher 30 000 Euro Zuschuss erhält. Die Auslastung war gesunken, 2016 ein Defizit von 140 000 Euro entstanden. Eine große Spendenaktion rettete die Springmäuse. „Uns ist unglaublich viel Sympathie begegnet“, sagt Mitinhaber Andreas Etienne. Auch weil der Vermieter dem Theater geholfen habe, sei das Defizit um 100 000 Euro reduziert worden. Auch die Finanzierung für eine neue Klimaanlage stehe. Die Springmaus leidet aber unter der Sanierung der Beethovenhalle, in der sonst gewinnträchtige Veranstaltungen stattfanden. Als Ausgleich, so Etienne, gewähre die Stadt 2018 und in beiden Folgejahren jeweils 30 000 Euro zusätzlich.

Contra-Kreis Theater:

Eine solche Soforthilfe wollte auch Horst Johanning, um „das älteste Bonner Privattheater nicht straucheln zu lassen“. Doch das Kulturamt habe abgeblockt, sagt er. Bisher fließen 100 000 Euro von der Stadt und 15 000 Euro vom Land. „Wir versuchen, durch Kooperationen zu sparen, etwa mit dem Jungen Theater“, so Johanning. Doch die Kosten steigen stetig, und die Konkurrenz ist durch das GOP Varieté und das vergrößerte Pantheon gewachsen. Johanning bleibt trotzdem gelassen: „Wir machen das seit 60 Jahren auf eigenes Risiko, mit geringen Hilfen von Stadt und Land.“

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