Ausstellung „On the road“ Geflüchtete malen und fotografieren zusammen im Mackeviertel

Bonn · Die Künstlerin Ulrike Rößle bietet Kunstkurse für Geflüchtete an. Einige berichten, dass sie dadurch ihre Erlebnisse besser verarbeiten konnten. Eine Ausstellung hat nun die Ergebnisse gezeigt.

Kateryna Gutsol (l.) und Mutter Julia Gutsol (r.) präsentieren die Malerei von Sohn Maksym.

Kateryna Gutsol (l.) und Mutter Julia Gutsol (r.) präsentieren die Malerei von Sohn Maksym.

Foto: Lea Henneberg

Geflüchtete aus dem Iran, der Ukraine und Afghanistan haben am Freitagnachmittag in gleich zwei verschiedenen Ausstellungen ihre Kunst in der Fabrik 45 gezeigt: „On the Road“ und „ZeSaBo – Menschen und Perspektiven“ lauteten die Titel. Die Werke sind in Kunstkursen, geleitet von der freien Künstlerin Ulrike Rößle, und in einem Fotografie-Projekt des Fotografen Jo Hempel entstanden. Finanziell möglich ist die Ausstellung durch Fördergelder des Quartierfonds für Soziales und Wohnen.

Rößle leitet seit neun Jahren Kunstkurse für Geflüchtete, so auch seit etwa einem Jahr in Kooperation mit dem Zentrallager Sachspenden Bonn (ZeSaBo), dem Katholischen Hilfswerk und dem Quartiersmanagement des Mackeviertels. Dadurch sind alle Kursangebote kostenlos. Frauen und Kinder dürfen in den Kursen in einem geschützten Raum urteilsfrei malen und zur Ruhe kommen.

Malen hilft den Geflüchteten, das Erlebte zu verarbeiten

Im Frauencafé der Erstaufnahmeeinrichtung im Bonner Zentrum kommen regelmäßig zwischen 15 und 30 Teilnehmerinnen im Kurs „Kunst und Sprache“ zusammen. „Manche sind erschöpft von ihren Fluchterlebnissen, andere können in der Kunst Halt finden“, berichtet die leitende Künstlerin.

So auch eine Familie aus der Ukraine. Julia Gutsol lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn und der Schwester ihres Mannes in Bonn. „Wir sind seit fast einem Jahr hier und lieben die Menschen und die Architektur,“ sagt die 30-jährige Mutter. Die Flucht nach Deutschland hat die gesamte Familie betrübt, auch den siebenjährigen Sohn Maksym Gutsol. „Das Malen, Meditieren und die Ausflüge mit dem Kunstkurs haben Maksym geholfen, den Krieg und den Verlust der Heimat zu verarbeiten“, sagt Vater Oleksii Gutsol. „In dem Kunstkurs konnten wir alle unsere Emotionen aufs Papier bringen. Jetzt ist viel Wärme in unseren Herzen“, so die Mutter. Oleksii Gutsols Schwester Kateryna hat zuvor noch nie gemalt und sich in Deutschland zum ersten Mal getraut. Sie fühle sich nun im Malkurs zu Hause.

Ukrainisches Kind malt Bild vom Karneval im Rheinland

Mit weiteren ukrainischen Kindern nahm Sohn Gutsol an dem Kinderkurs „Kirmes der Farben“ teil. Dort durfte er nicht nur mit verschiedenen Materialien die Kunst kennenlernen, sondern durch Ausflüge in Kunstmuseen und -ateliers die Bonner Kultur erkunden. Am Tag der Ausstellung zeigt Maksym stolz sein Bild über den Karneval im Rheinland.

Die Malereien der Kunstkurse seien bewusst mit dem Titel „On the Road“ benannt worden, denn die Kunstschaffenden seien gezwungenermaßen unterwegs, so Rößle. Da die meisten Teilnehmenden aus der Erstaufnahmeeinrichtung stammen, traten sie somit schon kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland dem Projekt bei. Das heißt, dass „Bilder beispielsweise von iranischen Frauen gemalt wurden, die quasi noch gestern in der Revolution im Iran aktiv waren“, erklärt die 55-jährige Künstlerin. Ihre Bilder behandeln die Themen Frauen, Freiheit und Frieden.

Neue Kurse im Sommer

Einige aus dem Kinderkurs haben außerdem an dem Foto-Projekt „ZeSaBo – Menschen und Perspektiven“ teilgenommen. „Nicht nur sollen die ehrenamtlichen Gesichter des ZeSaBo als Portraits gezeigt werden, sondern auch die Perspektive der Geflüchteten selbst,“ sagt der leitende Fotograf Jo Hempel. Im Fokus steht, wie geflüchtete Menschen ihren neuen Heimatort Bonn wahrnehmen. Die Bilder zeigen beispielsweise den Rhein, die Bonner Innenstadt und Mehrfamilienhäuser.

Für diesen Sommer steht mit Künstlerin Ulrike Rößle bereits ein neuer Kurs zu „Kunst und Umwelt“ in den Startlöchern. Auch Hempel überlegt, das Fotoprojekt in Zukunft weiterzuführen.

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