Staatsanwaltschaft ermittelt Kunsthalle im Visier des Kartellamts

BONN · Die Bundeskunsthalle steckt in der Klemme. Wegen einer Auseinandersetzung beim Bundeskartellamt steht sie ab nächstem Mittwoch ohne Dienstleister für den Kassen- und Sicherheitsbereich da.

Geschäftsführer Bernhard Spies versucht deshalb seit drei Tagen, Mitarbeiter des bisherigen Auftragnehmers abzuwerben, um die Kunsthalle nach dem 1. Juli weiter öffnen zu können. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unterdessen wegen Korruptionsverdachts gegen einen früheren Berater der Bundeskunsthalle.

Spies hatte die Firma des Mannes 2014 eingeschaltet, als der Kassen- und Wachdienst turnusmäßig neu ausgeschrieben werden musste. Auch der Betrieb der technischen Leitstelle gehörte zu diesem millionenschweren Auftrag. Doch das Vergabeverfahren lief alles andere als rund: Bewerber schalteten mit Nachprüfungsanträgen das Bundeskartellamt ein. Und: Es kam der Verdacht auf, dass der Berater "wettbewerbswidrige Absprachen mit Bietern" getroffen habe, wie Geschäftsführer Spies berichtet. Deshalb habe er die Ausschreibung gestoppt und den Mann angezeigt. Das Strafverfahren läuft seit Oktober, erklärt Karen Essig, Sprecherin der Bonner Staatsanwaltschaft. "Wir ermitteln wegen des Verdachts, dass Zahlen manipuliert worden sind, um das Ausschreibungsresultat zu beeinflussen." Die Ermittlungen richten sich nur gegen den Ex-Berater.

Als die Ausschreibung scheiterte, bekam die Sitec Dienstleistungs GmbH aus Kerpen einen einjährigen Interimsvertrag mit der Bundeskunsthalle. Sie übernahm das Personal zum großen Teil von der Vorgängerfirma - viele der 50 bis 70 Mitarbeiter an der Kasse und in den Kunsträumen sind schon seit vielen Jahren dort tätig. Die Zahl schwankt laut Sitec je nach Ausstellung. Doch bei der erneuten Ausschreibung wählte die Bundeskunsthalle unter den sechs Bewerbern nicht Sitec, sondern eine andere Firma aus. "Sitec hat nicht schlecht gearbeitet", sagt Spies. "Aber der andere Bieter hatte das wirtschaftlichere Angebot."

Sitec gab sich nicht geschlagen, sondern griff das Verfahren im Mai und Juni mit zwei Nachprüfungsanträgen beim Bundeskartellamt an. Die Firma bemängelt nach eigenen Angaben die "Verletzung von Informationspflichten, eine widersprüchliche Leistungsbeschreibung und Wertungsfehler im Verfahrensverlauf". Die zuständige Vergabekammer hat noch nicht abschließend entschieden.

Nächsten Dienstag endet der Sitec-Vertrag. Solange das Kartellamt prüft, kann der neue Dienstleister aber nicht antreten. Der Anwalt der Bundeskunsthalle warf der Sitec deshalb vorige Woche schriftlich vor, mit ihren Anträgen "rechtsmissbräuchlich" auf Zeit zu spielen. Er drohte mit einer Schadensersatzklage, falls die Halle nächste Woche wegen fehlendem Personal nicht geöffnet werden könne - der Schaden liege bei 50.000 Euro pro Tag.

Kunsthallen-Geschäftsführer Spies ist entschlossen, nicht nachzugeben. Falls die Vergabekammer den Zuschlag an die neue Firma kippen sollte, will er vor das Oberlandesgericht in Düsseldorf ziehen. Das kann allerdings viele Monate dauern. Um die Zeit ab 1. Juli zu überbrücken, will er bisherige Sitec-Mitarbeiter mit befristeten Verträgen direkt bei der Bundeskunsthalle anstellen. Am Mittwochmorgen lud Spies Dutzende Männer und Frauen, die schon lange im Haus arbeiten, zu einer Versammlung ein. Dort forderte er sie auf, bei Sitec zu kündigen. Die Verträge mit der Bundeskunsthalle sollen nur drei Monate laufen. "Wir können sie aber auf bis zu zwei Jahre verlängern, falls das Kartellamtsverfahren das erfordert", betont der Geschäftsführer. Ziel sei, dass der neue Dienstleister die Leute übernehme. Laut Bundeskunsthalle haben bis gestern 40 Mitarbeiter die Verträge unterschrieben. Spies ist sicher, dass es nächste Woche keine Schließung geben wird.

Das Kartellamt lehnt eine Stellungnahme ab, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.

Nachprüfungsverfahren

Zwei Vergabekammern des Bundeskartellamtes wachen über die Rechtmäßigkeit von Auftragsvergaben durch Bundeseinrichtungen. Sie sollen sicherstellen, dass diese "in einem transparenten, diskriminierungsfreien und wettbewerblichen Verfahren" stattfinden. Grundlage: das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Fühlt sich ein Bieter benachteiligt, kann er einen Nachprüfungsantrag stellen. Der Kammerbeschluss kann in NRW vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf angefochten werden.