Wer sich überwindet, rettet Leben Kurs am Robert-Wetzlar-Berufskolleg soll Ängste nehmen

Bonn · Ein besonderer Kurs am Robert-Wetzlar-Berufskolleg will jungen Leuten die Angst vor Erster Hilfe nehmen. Mediziner bringen die wichtigsten Handgriffe bei.

 Regine Matthiessen + Dr. Markus Roedisch zeigen Schülern des Robert Wetzlar Kollegs was bei einem Herzstillstand zu tun ist.

Regine Matthiessen + Dr. Markus Roedisch zeigen Schülern des Robert Wetzlar Kollegs was bei einem Herzstillstand zu tun ist.

Foto: Horst Müller

Laute Partymusik dringt aus dem Klassenraum auf den Flur. „Another One Bites the Dust“, dröhnt der 1980er-Kulthit von Queen nach draußen. „Aber wir können auch „Staying Alive“ von den Bee Gees spielen“, sagt Markus Födisch und dreht den Lautstärkeregler hoch. „Beide Lieder sind bestens geeignet“, fügt er hinzu.

Doch der Anästhesist des Johanniter-Waldkrankenhauses und Leiter des „Trainingszentrum für angewandte Notfallmedizin und medizinische Simulation“ will an diesem Vormittag nicht für Partylaune sorgen. Vielmehr will er gemeinsam mit Krankenschwester Regina Matthiessen die 23 Schüler des Fachabiturjahrgangs „Gesundheitswesen“ am Robert-Wetzlar-Berufskolleg schulen, damit sie im Notfall als Ersthelfer die richtigen Handgriffe beherrschen, um einen Menschen zu reanimieren. „Jeder von euch kann Leben retten“, nimmt er den Abiturienten die Angst. „Ihr müsst nur ein paar einfache Dinge beachten.“

Plötzlicher Herztod ist einer der häufigsten Todesursachen

Födisch und Matthiessen tourten im Rahmen der „Woche der Wiederbelebung“ durch verschiedene Schulen in Bonn und Köln und schulten mehr als 600 Schüler. Zwischen 120.000 und 150.000 Menschen erleiden in Deutschland pro Jahr einen Herzstillstand. „Das kann jeden treffen und zwar aus heiterem Himmel. Junge, Alte, Gesunde, Kranke. Eltern, Freunde, Verwandte“, so Födisch. Zudem sei der plötzliche Herztod mit schätzungsweise 80.000 bis 100.000 Fällen pro Jahr eine der häufigsten Todesursachen.

Doch anders als beispielsweise in Holland, wo jeder die entsprechenden Handgriffe kenne, traue sich hierzulande nur jeder Siebte zu, im Ernstfall richtig zu handeln: „Deshalb wollen wir mit solchen Aktionen zeigen, wie es geht.“ Denn: „Wenn nach einem Herzstillstand nicht innerhalb von fünf Minuten einfache Maßnahmen – vor allem die Herzdruckmassage – durchgeführt werden, dann ist ein Überleben unwahrscheinlich“, so Födisch. „Ihr müsst nur die Zeit überbrücken, bis Notarzt und Sanitäter vor Ort sind.“

Mit aller Kraft drücken

Dafür hatten sie „Änni“ mitgebracht. Anhand des Dummies führte Regina Matthiessen die richtigen Handgriffe vor. „Ihr könnt nichts falsch machen. Seid mutig. Es ist viel schlimmer wenn ihr im Notfall nichts tut.“ Eines war ihr besonders wichtig. „Konzentriert euch auf die Herzdruckmassage und vergesst die Beatmung.“

Derweil lag Änni regungslos auf dem Boden, ihr Brustkorb bewegte sich nicht. „Jetzt müsst ihr handeln“, forderte Matthiesen die jungen Leute auf. „Kniet euch stabil auf den Boden, verschränkt die Arme, versteift Oberkörper und Arme. Mit aller Kraft müsst ihr das Brustbein fünf bis sechs Zentimeter nach unten drücken. Diese Kraft muss aus dem Oberkörper kommen“, demonstrierte sie. „Und wie oft machen wir das?“, fragte eine Schülerin. „100 Mal pro Minute. Aber wer zählt schon mit“, übernahm der Narkosearzt den Unterricht. „Daher haben wir die beiden Lieder mitgebracht. Die kennt jeder von Euch. Wenn ihr sie mitsingt und in diesem Takt drückt, dann ist es gut.“ Das sei auch durchaus anstrengend.

„Ich glaube, dass ich mir jetzt eine Reanimation zutraue. Es war wirklich gut, dass wir die Handgriffe an einer Puppe ausprobieren konnten“, sagte eine Abiturientin nach dem Unterricht. „Wir müssen nur unsere Scheu überwinden, dann schaffen wir das.“

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