Aktion in Bonn Letzte Generation demonstrierte im Feierabendverkehr besonders langsam

Update | Bonn · Die Aktivisten der „Letzen Generation“ haben sich am Mittwoch zu einer Demo am Hofgarten versammelt. Beim Protestmarsch sorgten sie im Anschluss für Stau.

Aktivisten der Letzen Generation versammelten sich am Mittwoch am Hofgarten in Bonn.

Aktivisten der Letzen Generation versammelten sich am Mittwoch am Hofgarten in Bonn.

Foto: Nicolas Ottersbach

Es dürfte eine der langsamsten Demonstrationen gewesen sein, die Bonn je erlebt hat: Anlässlich der Durchsuchungen und Festnahmen bei der Letzten Generation sind, wie deutschlandweit, am Mittwochabend zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen. In der Bundesstadt schlichen rund 160 Personen vom Hofgarten über die Kennedybrücke nach Beuel. Für die knapp anderthalb Kilometer lange Strecke brauchten die Teilnehmer rund anderthalb Stunden. Es gab zwar keine Blockaden oder Klebeaktionen, der Verkehr kam dennoch zum Stillstand.

Angemeldet war die Demonstration nicht, allerdings hatte man über die sozialen Netzwerke zum Protestmarsch aufgerufen. „Wir haben mit etwa 50 Teilnehmern gerechnet“, sagte Viktor Kemmet und war überrascht vom Zuspruch. Der Ingenieur aus Königswinter ließ sich zum Versammlungsleiter benennen, nachdem die Polizei das gefordert hatte. Auch die Beamten schienen nicht mit einer solchen Menschenmenge gerechnet zu haben: Zunächst wollte man den Demonstranten zur Auflage machen, nur den Bürgersteig zu nutzen. Als dann jedoch immer mehr Menschen auf die Hofgartenwiese kamen, erarbeitete man ein Versammlungskonzept, bei dem rund 20 Polizisten den Fußweg über die Fahrbahn absicherten.

Trotz der beiden Gegenspieler – Staat auf der einen, Demonstrierende auf der anderen Seite – blieb der Dialog entspannt: Die Polizei riet dazu, sich nicht, wie sonst üblich, festzukleben und verwies auf Strafanzeigen. Für Irritationen sorgte eine junge Frau, die sich eine Kleber-Tube als Halskette umgehängt hatte. „Das ist nur als Spaß gedacht“, erklärte sie den skeptischen Polizisten ihren streitbaren Schmuck. Die Demonstranten gaben das Versprechen, nichts zu blockieren und den Auflagen zu folgen. Was laut Polizei auch so eintrat: Es gab keine Klebe-Aktionen und auch keine Zwischenfälle.

Keine Klebe-Aktionen der Letzten Generation

Das kennt Kemmet anders. Der 57-Jährige war zuletzt in Berlin und nahm dort auch an einer Klebe-Aktion teil. „Wir erhalten starken Zuspruch, die Menschen bedanken sich. Aber wir werden auch beschimpft, es gibt regelmäßig Handgreiflichkeiten“, erzählte er. In der Hauptstadt hat man sich mittlerweile an die Letzte Generation gewöhnt und eigene Gegenmaßnahmen entwickelt: Autofahrer und Passanten greifen immer schneller ein und tragen die Blockierer von der Straße, ehe der Kleber überhaupt fest wird. Kemmets Motiviation tut das aber keinen Abbruch. „Meine Generation hat für den größten CO2-Ausstoß gesorgt. Ich kann nicht anders, als mitzugehen“, sagte er. Sein Ziel sei, „den Alltag zu unterbrechen“ und bewusst zu stören, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.

Es gab unter dem Demonstranten aber nicht nur Bedenken zur Umwelt, sondern auch zur Demokratie. „Ich habe Angst und mache mir Sorgen angesichts der derzeitigen Entwicklung“, sagte ein Mann. Für ihn sei es unverständlich, warum derart hart gegen die Letzte Generation vorgegangen werde, der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) aber jahrelang unentdeckt blieb und Menschen ermorden konnte. „Ich sehe nicht die Verhältnismäßigkeit“, erklärte er.

Während viele Unterstützer der Letzten Generation mit Plakaten mitgingen und zu Spenden aufriefen, gab es in Bonn aber auch deutliche Kritiker. Zwei ältere Ehepaare befürworteten, dass mehr für das Klima getan werden müsse. „Aber das schaffen wir nicht, indem wir uns auf die Straße kleben. Wir sollten dieses globale Problem des Klimawandels gemeinsam angehen“, sagte ein Senior. Nils Dormann und Max Grosche, beide Mitglieder der Jungen Liberalen, halten die Aktivitäten der Letzten Generation für „ambitionslos“. Das Grundgesetz-Denkmal am Reichstag mit Farbe zu beschmieren oder den Verkehr zu blockieren, sei für sie undemokratisch und die falsche Protestform. „Stattdessen sollte man miteinander reden. Aber es ist natürlich legitim, egal für welches Anliegen, auf die Straße zu gehen“, sagte Dormann.

(ga)
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