Mitsingabend auf 30 Quadratmetern „Loss-mer-singe“-Konzert in Weststadt-WG

Bonn · Mitbewohner Sven war zuversichtlich, dass 60 sangesfreudige Freunde plus die siebenköpfige Kapelle „Schlappkappe“ in seinem kaum 30 Quadratmeter großem Zimmer Platz finden würden. Und er sollte recht behalten.

Mascha, Sven und Sascha stehen in einer Schlange und warten auf Einlass bei einem Loss-mer-singe-Konzert. Fröhlich rufen sie in die Handykamera: „Wär‘ doch schön, wenn wir das auch mal zu Hause machen könnten!“ So beginnt ein kurzer Videofilm, der die Jury vom „Bönnschen Mitsingen“ überzeugte, der Wohngemeinschaft von Mascha (23), Sven (34), und Sascha (30), einen privaten Mitsingabend für 60 Freunde zu spendieren. Mit Kapelle, genügend Bönnsch und dem Besuch des Bonner Prinzenpaars inklusive. Passend zum Sessionsmotto „Loss mer fiere un studiere“ hatte der Festausschuss Bonner Karneval im zehnten Jahr seiner erfolgreichen Mitsingkonzerte einen Singabend unter Studenten-Wohngemeinschaften ausgelost.

Einen Tag bevor es losgehen sollte, hatte Sven weder Vermieter noch Mitbewohner informiert. „Die kennen das“, war er sich sicher, „wir feiern nicht zum ersten Mal.“ Die Gelassenheit erklärt sich vor allem dadurch, dass die Dreier-WG das dritte Obergeschoss des Hauses an der Colmantstraße alleine bewohnt und die anderen Parteien nur zu Tageszeiten anwesend sind. Gute Voraussetzungen für ein ungestörtes Partytreiben und auch ein unschlagbares Argument für den Festausschuss des Bonner Karnevals, der aus einem guten Dutzend Bewerbungen der „Colmantstraße“ den Zuschlag gab. Nun musste dort nur noch das größte Zimmer ausgeräumt und der Teppich im Flur in Sicherheit gebracht werden.

„Ich hab‘ die Karnevalslieder Wort für Wort von Sven lernen müssen“, sagte Westfale Sascha, „aber jetzt hab‘ ich sie alle drauf.“ Seit neun Jahren lebt der Münsteraner mit dem Rheinländer in der Weststadt-WG. „Wenn et Leech us jeiht im Roxy“, schwärmt Sascha, „ist mein absoluter Hit.“

Überhaupt scheinen auch die meisten Freunde der WG nicht nur textsicher, sondern auch karnevalsjeck zu sein. Selbst die beiden Sauerländer Stefan und Hendrick widersprechen dem Klischee ihrer Landsleute und haben sich über ihre Studienzeit in Bonn schon bestens eingelebt. Sie sind ebenso Juristen wie der sich als „Ludenfred“ vorstellende Frederick, der schwer mit Goldketten behangen im Karneval die kriminelle Lebensart – zumindest in seiner optischen Wirkung – ausprobiert. „Es ist alles noch viel besser, als ich es mir vorgestellt hatte“, begeistert sich Mascha für die Mitsingparty.

Vor allem die Band hat es ihr angetan. „Mit so einer tollen Liveband zu feiern, ist super cool“, sagt sie frische Luft schnappend im Flur, während die „Schlappkappe“ aus Hönningen „Ming eetste Fründin“ von den Black Fööss anstimmen. Die Band aus dem Ahrtal spielt umsonst und für „Hätz un Siel“, wie Frontmann Christoph sagt. Sie heizen ordentlich ein und stehen ihren bekannten Vorbildern in nichts nach.

So singen nicht nur die aus Düsseldorf stammende Jurastudentin Mascha als sexy Alien, sondern auch ihr Kommilitone Julius, der für einen Abend als Pippi Langstrumpf auf alle Konventionen verzichten konnte, genauso begeistert mit wie Marlene, die „Mexikanerin“, oder „Kapitän“ Tim, der noch nicht wusste, wohin ihn die „große Fahrt“ am Abend wohl noch führen würde. Als plötzlich die Technik der „Schlappkappe“ abgebaut wurde, war dies ein eindeutiges Zeichen, Platz für den Besuch des Bonner Prinzenpaars zu schaffen. Sichtlich berührt von der Nähe zu Prunk und Glanz der Tollitäten sang man gemeinsam „Eimol Prinz zo sin“, bevor die WG-Freunde gefühlte 150 Selfies mit Prinz und Bonna als bleibende Erinnerung an einen besonderen Abend auf ihren Handys speicherten.

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