„Rheinos Bonn“ fahren zum Europacup Mannschaftssport mit Besenstiel

REGION · Das von Honnefern mitgegründete Team „Rheinos Bonn“ fährt zum Europacup in Italien. Die amtierenden deutschen Meister in dieser ungewöhnlichen Sportart schwärmen von Freundschaft und Fairness.

Auch wenn darauf nicht wirklich geflogen wird: Der Hexenbesen ist aus keiner Quidditch-Partie wegzudenken. Ein Zauberersport braucht schließlich Zaubererequipment. So legt es die aktuelle, 200 Seiten dicke Ausgabe des offiziellen Regelbuchs fest, erst im vergangenen Jahr überarbeitet von der International Quidditch Association mit Hauptsitz in New York. Der Mannschaftssport aus dem Harry-Potter-Universum lässt nicht nur in den Erfolgsromanen von Schöpferin Joanne K. Rowling oder den entsprechenden Verfilmungen die Fan-Herzen höher schlagen: Seit über zehn Jahren erfreut sich die reale Adaption des fiktiven Zauberersports weltweit immer größerer Beliebtheit.

Auch in der Region: Die „Rheinos Bonn“, vom Bad Honnefer Leander Troll mitgegründet, sind sogar amtierende deutsche Meister. Das Team der Universität Bonn tritt am kommenden Wochenende beim „European Quidditch Cup“ in Italien um den nächsten großen Titel an.

Wie beschreibt man Quidditch am besten? Das ist selbst für die Gründungsmitglieder Leander Troll, Momo Matern und Christian Zimpelmann keine leichte Aufgabe. Die wohl simpelste Definition lautet: „Quidditch ist eine fantasievolle Mischung aus Handball, Völkerball und Rugby“, so Zimpelmann. Das bedeutet: „Das Spiel ist hochkomplex, weil es immer mehrere Spielmittelpunkte auf einmal zu beachten gilt“, erklärt Leander Troll, der im Fach Psychologie promoviert.

Quidditchteam "Rheinos Bonn"
25 Bilder

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Das Quidditch-Spiel lernte er während seiner Auslandszeit im kanadischen Vancouver kennen. „Man braucht Kondition, Koordination, Teamgeist und Taktik. Diese Mehrdimensionalität ist der große Reiz dieses Sports.“ Angesichts des umfangreichen Regelwerks, das sich nah an der literarischen Vorlage orientiert, ist Buchwissen für Anfänger natürlich ein Pluspunkt. Etwa die Hälfte der „Rheinos“ sei aus Begeisterung für das Potter-Universum dazugekommen, sagt Momo Matern, die in ihrer Heimat gemeinsam mit Freunden einst die allererste deutsche Quidditch-Mannschaft gründete – die „Taunus Thestrals“, benannt nach magischen Kreaturen aus den Romanen. „Ich bin dafür zuständig, das Potter-Fantum im Team auf einem anständig hohen Niveau zu halten“, scherzt die Politologie-Studentin.

Erst im Sommer vergangenen Jahres hat sich die Bonner Quidditch-Truppe zusammengeschlossen und als studentische Kulturgruppe beim AStA der Universität registrieren lassen. Wenige Monate später, im vergangenen Januar, triumphierten die jungen Sportler bei ihrem allerersten Turnier über fünf andere Mannschaften und räumten den deutschen Meistertitel ab. Im Finale fügten sie mit einem Endergebnis von 90 : 60 Punkten den bis dato ungeschlagenen Champions aus Darmstadt die erste Niederlage in deren Teamgeschichte zu.

14 Spieler und drei Elternteile reisen nach Gallipoli

„Mit diesem Erfolg hätten wir niemals gerechnet“, erinnert sich Momo Matern. „Wir konnten es am Tag danach immer noch nicht fassen.“ Am kommenden Wochenende wollen die „Rheinos“ nun die nächste Herausforderung in Angriff nehmen: Im süditalienischen Gallipoli werden sich die Bonner mit Top-Teams aus ganz Europa messen. „In erster Linie wollen wir dem noch sehr jungen deutschen Quidditch mehr Ansehen im Ausland verleihen“, so Matern. „Vielleicht springt ja mit etwas Glück sogar ein Treppenplatz für uns ab.“

Schon morgen treten sie mit 14 Spielern und drei Elternteilen als Mini-Fanclub die Hinreise an – ein bisschen Zeit zum Sightseeing soll schließlich auch bleiben. Und im Juli wird bei der Weltmeisterschaft in Frankfurt eine Delegation von vier Spielern der „Rheinos“ in der deutschen Nationalmannschaft vertreten sein.

Die Spieler kommen aus allen Ecken der Region: Leander Troll und Sebastian Elster stammen aus Bad Honnef, Christian Zimpelmann ist aus der Pfalz hergezogen, Momo Matern hat nun nach den „Taunus Thestrals“ bei den „Rheinos Bonn“ ihre zweite Quidditch-Heimat gefunden. Auch etliche Bonner mischen im Team mit. Das Besondere, neben der fantasievollen Prämisse: „Im Quidditch stehen Männer und Frauen gleichberechtigt auf dem Feld“, sagt Veranstaltungsmanager Sebastian Elster aus Bad Honnef, der den Rheinos auch nach seinem Studium treu geblieben ist. „Reine Männer- oder Frauenteams wären sogar regelwidrig.“

Fairness und Teamgeist seien das A und O; abseits des Felds stehen alle Mannschaften in freundschaftlichem Verhältnis. Die Beliebtheit des Spiels sei da keine Überraschung: „Im Quidditch macht sich niemand etwas aus Club-Rivalitäten“, so Elster. „In erster Linie geht es um Spaß am Spiel und am Sport.“ Dem schließt sich auch Leander Troll als ehemaliger Fußballer an: „Man sollte sich nicht allzu ernst nehmen. Immerhin läuft man mit einem Stock zwischen den Beinen herum und jagt einer Socke hinterher.“ Eine gewisse Rest-Albernheit bleibe – und zwar im besten Sinne.

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