Maskenpflicht im Nahverkehr Nicht jeder in Bonn trägt Maske in Bus und Bahn
Bonn · Die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht gilt ab der Haltestelle. Doch selbst Mitarbeiter der Stadtwerke halten sich nicht immer an die Vorgaben. Es gibt allerdings auch Bürger, die von Pflicht befreit sind - das dann aber beweisen können müssen.
Es sind nur wenige Minuten vergangen, seit der Bus der Linie 601 am Hauptbahnhof losgefahren ist. Drei Jugendliche steigen an einer Haltestelle in Richtung Tannenbusch ein, vielleicht zwölf oder 13 Jahre alt. Die beiden Jungs und das Mädchen kommen in den Bus, ohne eine Maske zu tragen und setzen sich nach hinten. Der Bus fährt wieder los. Erst als sie sitzen, ziehen sie die Masken auf. Doch einer der Jungen zieht sie kurz danach wieder unters Kinn. Das macht wohl das Unterhalten leichter. Das Mädchen lässt die meiste Zeit ihre Maske an einem Ohr runterhängen. Als die drei am Bertha-von-Suttner-Platz aussteigen, nehmen sie ihre Masken vor dem Aussteigen vom Gesicht.
Der Bus füllt sich mehr und mehr, ist aber noch nicht voll besetzt. Eine Durchsage weist die Fahrgäste daraufhin, einen Mundschutz zu tragen oder das Fahrzeug sofort zu verlassen. „Ich fahre zweimal täglich mit dem Bus“, sagt Jost Grünefeld. Dem 26-Jährigen sind die drei Jugendlichen auch aufgefallen. „Das ist das erste Mal, dass jemand keine Maske getragen hat“, sagt er. „Aber die Maske bei dem Mädchen war wohl kaputt. Vielleicht haben die anderen aus Solidarität sie nicht aufgehabt.“ Bisher trugen aber alle die Maske, sagt Grünefeld. Was ihm nur auffalle sei, dass die Leute manchmal erst in den Bus einsteigen und sich dann die Maske aufziehen. Während er erzählt, sitzt in der Nähe wieder ein Junge von etwa zwölf Jahren, der die Maske bis leicht unter den Mund gezogen hat. Erst als er „An der Josefshöhe“ aussteigt, zieht er sich die Maske wieder auf.
GA-Leserin Linda Mattern schilderte ihre Erfahrungen gegenüber dem GA: „In den späten Abendstunden habe ich schon Busse mit nur wenigen Fahrgästen gesehen, in denen überhaupt kein Fahrgast eine Maske trug.“ Vom Verbesserungsamt der Stadtwerke Bonn habe sie die Antwort erhalten, dass die SWB lediglich die Aufgabe habe, die Fahrgäste zu informieren und an deren Vernunft und Verantwortung zu appellieren. Die Kontrolle und Ahndung obliege ausschließlich dem Ordnungsamt.
Dem widerspricht SWB-Sprecher Michael Henseler und räumt einen Fehler des für die Antwort an Mattern zuständigen Mitarbeiters aus dem Verbesserungsmanagement ein. „Das trifft nicht zu“, sagt Henseler. „Unsere Kampagne ‚Schützen Sie sich und andere. Nehmen Sie Rücksicht‘ läuft weiterhin über digitale Anzeigen, Lautsprecher und durch Bandansagen, welche die Fahrer abspielen oder von den Fahrpersonalen via Ansagen über die Mikrofone gesprochen werden.“ Sollten Fahrgäste der Maskenpflicht nicht nachkommen, werde ihnen das Tragen einer Maske von den Fahrern nahegelegt. Dass Fahrgäste untereinander oder mit den Fahrern in Konflikt geraten, passiere kaum.
Mattern berichtet von verbalen Streitigkeiten bis hin zu tätlichen Angriffen sowohl unter den Fahrgästen als auch gegenüber dem Fahrer. Vizestadtsprecher Marc Hoffmann antwortet dazu: „In ausgesprochen wenigen Ausnahmefällen gab es bisher Streitereien, die wir durch Hinzunahme der Polizei klären konnten. Attacken auf Busfahrer haben wir wegen der Maskenpflicht nicht wahrgenommen und sind auch nicht zur Anzeige gebracht worden.“
Reiner Sondag fährt täglich mit der Buslinie 601. „Zwei- bis dreimal am Tag fällt mir auf, dass keine Maske getragen wird“, erzählt er. Als er letztens mit der Linie 605 fuhr, habe er vier bis fünf Leute gesehen, die keine Maske trugen. „Die Leute sind selber schuld, wenn wir eine zweite Infektionswelle kriegen“, sagt er. Das sei aber nicht mal das Schlimmste. „Sie halten nicht mal Abstand in den Bussen“, beklagt sich der 60-Jährige. Bei bestimmten Menschen könne er nachvollziehen, wenn sie die Maske mal absetzen. „Bei älteren Menschen kann ich es verstehen. Ich habe eine Patientin, die hat Asthma. Wenn sie die Maske anzieht, dann ist das für sie eine Qual.“
Aber nicht nur Fahrgäste, auch Mitarbeiter des SWB sollen bereits ohne Maske gefahren sein. So schreibt Linda Mattern, dass ihr in Linie 66 zwei Mitarbeiter des SWB in Dienstkleidung aufgefallen seien, wobei einer der beiden Herren beim Einsteigen keine Maske trug. Erst als sie in darauf angesprochen habe, habe er seine Maske aufgezogen. Dazu Pressesprecher Hoffmann: „Es kann durchaus in wenigen Einzelfällen vorkommen, dass Mitarbeiter aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sind. Das trifft im Übrigen auch auf Fahrgäste zu.“
So berichtet es auch Henseler. Diese Bürger hätten ein ärztliches Attest mit sich zu führen und dieses auf Nachfrage vorzeigen. Beim Ausstieg habe der SWB-Mitarbeiter umgehend die Maske ausgezogen, obwohl, wie Mattern betont, auch auf dem Bahnsteig die Maske getragen werden sollte. Das bestätigt Stadtwerke-Sprecher Henseler auf Nachfrage: „Die Maskenpflicht gilt an allen Haltestellen.“

So sehen Menschen aus Bonn und der Region mit ihren Alltagsmasken aus
19.53 Uhr. Wieder in der Linie 601. Ein weiterer junger Mann steigt ein, der sich die Maske erst aufsetzt, als er bereits auf einem Platz sitzt. Um 20.22 Uhr erreicht der Bus den Hauptbahnhof. Alle steigen aus. Drei oder vier Personen steigen ein. Alle tragen bereits vorher ihre Maske.