Poetry-Slam im Pantheon Mauern im Kopf einreißen

Bonn · Nur schwach beleuchtet ist die kleine Bühne im Pantheon Casino. Ein Ständer samt Mikrofon steht verlassen auf der Bühne, im Hintergrund zieht ein Flipchart die Blicke auf sich - auf dessen Blatt sind 13 Namen notiert. In den ersten Reihen sitzen junge Leute, deren Namen auf dem Blatt stehen.

 Gummibärchen für die Gewinnerin: Veronica Plinke siegt beim Poetry-Slam der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Gummibärchen für die Gewinnerin: Veronica Plinke siegt beim Poetry-Slam der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Foto: Mühlens

Sie wirken ein wenig nervös, einige Eltern haben sich in den Reihen dahinter platziert. Johanna betritt als erste die Bühne. Sie hält ein zerknicktes DIN-A4-Blatt in den Händen, stellt sich hinter das Mikrofon und sagt: "Mein Text heißt 'Die Mauern der Distanz'."

Alle Schüler sind erst nach dem Mauerfall geboren worden

Die 13 Schüler aus Bonn und Köln, die meisten sind zwischen 15 und 16 Jahre alt, haben an einem zweitägigen Poetry-Slam-Workshop der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema "25 Jahre Deutsche Einheit...war da nicht was mit einer Mauer?" teilgenommen. Eine Teilnehmerin konnte aus zeitlichen Gründen nicht beim großen Finale im Pantheon teilnehmen.

Bei dem Workshop soll eine Generation von Schülerinnen und Schülern mit dem Thema der deutschen Teilung vertraut gemacht werden, die erst nach dem Mauerfall geboren wurde. "Wir bemühen uns innerhalb der Stiftung immer darum, dass wir junge Menschen - möglichst ohne Hemmschwellen - für interessante Themen begeistern können, die vielleicht nicht direkt auf der Hand liegen. Wie zum Beispiel den Mauerfall, den die Teilnehmer nicht erlebt haben. Mit einem Poetry-Slam kann man die jungen Leute ganz leicht für ein solches Thema gewinnen", sagte Stefanie Hanke vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Workshop-Leiter Quichotte, bürgerlich Jonas Klee und selbst erfolgreicher Poetry-Slam-Künstler, hatte mit den teilnehmenden Jungen und Mädchen in den vergangenen zwei Tagen ordentlich geübt und sie in die Welt des Poetry Slams eingeführt. "Heute geht es nicht um einen Wettbewerb im eigentlichen Sinne, sondern darum, die Texte, die während des Workshops entstanden sind, zu würdigen", erklärte Klee, der den Slam auch moderierte.

Stichwort Poetry Slam - hinter dem Begriff verbirgt sich ein literarischer Vortragswettstreit auf der Bühne: Gedichte, Tagebuch, Kurzgeschichten, Rap, freie Assoziationen - alles ist erlaubt. Je skurriler, desto besser. Wer den meisten Applaus oder die höchste Punktzahl erntet, gewinnt.

"Bei uns gewinnt heute derjenige mit der höchsten Punktzahl. Dafür haben wir fünf unabhängige Juroren im Publikum sitzen - es gibt Punkte von eins bis zehn. Die jeweils höchste und niedrigste Wertung wird gestrichen, damit es fair bleibt", erklärte Klee die Spielregeln.

Als Anerkennung gab es einen großen Eimer Haribo

Das Thema des Abends haben die Jugendlichen sehr frei interpretiert und präsentierten vor allem Texte zu "Mauern im Kopf". Teilnehmer Jonas reflektierte die aktuelle Flüchtlingswelle und fordert in seinem literarischen Beitrag, dass die "Mauern im Kopf" bei so manchem eingerissen werden müssten - wofür er viel Applaus erhielt.

Mit der Höchstpunktzahl von 30 Jury-Punkten konnte die 15-jährige Veronica Plinke vom Kölner Lessing-Gymnasium mit ihrem Text "Mauern einreißen" den Poetry-Slam gewinnen. Als Anerkennung gab es einen großen Eimer Haribo.

Nach dem Wettbewerb der Nachwuchs-Slamer zeigten Andy Strauß alias Establishmensch, Florian Cieslik und Sascha Thamm alias thamfish, wie Profi-Slamer dichten und ihre Werke auf der Bühne vortragen.

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