German Doctors Medizinische Hilfe für arme Menschen

BAD GODESBERG · Noch immer passiert es den German Doctors, dass sie mit der weitaus größeren, internationalen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen verwechselt werden.

 Fühlt sich sehr wohl in der von internationalen Organisationen geprägten Stadt Bonn: Elisabeth Sous-Braun, ärztliche Leiterin der German Doctors.

Fühlt sich sehr wohl in der von internationalen Organisationen geprägten Stadt Bonn: Elisabeth Sous-Braun, ärztliche Leiterin der German Doctors.

Foto: Ronald Friese

"Oder es wird als erstes gefragt: “Was unterscheidet euch denn von denen?„", sagt Elisabeth Sous-Braun, Teil des Vorstands und ärztliche Leiterin des Vereins. Auch deshalb hat die bereits 1983 gegründete Organisation bei ihrem Umzug von Frankfurt nach Bonn im Juni 2013 den alten Namen "Ärzte für die Dritte Welt" abgelegt. Aber auch, weil der Begriff "Dritte Welt" nicht mehr zeitgemäß ist. "Wenn man in Kalkutta aus dem Zug steigt und zu uns will, dann ist “German Doctors„ der Begriff, den uns unsere Patienten gegeben haben", sagt Sous-Braun.

Was sind die Hauptaufgaben?

Seit mehr als 30 Jahren leistet die Organisation medizinische Hilfe in Slums und ländlichen Regionen in Entwicklungsländern. Kern der Arbeit ist es, Ärzte meist für sechs Wochen zu den jeweiligen Projekte zu schicken. 2013 waren 327 Mediziner für die Organisation in insgesamt neun Projekten auf den Philippinen, in Bangladesch, Indien, Kenia, Sierra Leone und Nicaragua im Einsatz. Außerdem stellt der Verein die notwendige Infrastruktur und Medikamente bereit.

Warum und für wen ist diese Arbeit wichtig?

Anders als Ärzte ohne Grenzen geht es den German Doctors nicht darum, Nothilfe zu leisten - auch, wenn sich diese Aufgabe wie im Fall des verheerenden Taifuns Haiyan 2013 auf den Philippinen, manchmal stellt. "Uns geht es um die Menschen in Entwicklungsländern, die keinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben - sei es, weil es finanzielle Barrieren gibt oder das nächste Krankenhaus räumlich schlicht nicht zu erreichen ist", sagt Sous-Braun. Auf den Philippinen und in Nicaragua betreibt der Verein sogenannte Rolling Clinics, also Ambulanzen auf Rädern, die in die Slums fahren. Neben der medizinische Versorgung gehe es aber auch um Ernährung, Aufklärung und Prävention, sagt Elisabeth Sous-Braun. Sie ist selbst Ärztin und hat einst durch einen Sechs-Wochen-Einsatz zur Organisation gefunden.

Wo liegt der Schwerpunkt im Moment?

"Uns ist wichtig, dass die Hilfe bleibt, wenn wir einmal nicht mehr da sind", sagt Sous-Braun. Nach Wunsch des Präsidiums und des Vorstandes soll in Zukunft der Aspekt der Ausbildung und der Aufbau nachhaltiger Strukturen in den Ländern noch stärker hervorgehoben werden. So werden vor Ort Gesundheitsarbeiter ausgebildet, um die medizinische Versorgung auch sicherzustellen, wenn keine deutschen Ärzte da sind. Im Idealfall, so Sous-Braun, mache die Organisation sich selbst überflüssig. "Uns ist auch sehr wichtig, keine Konkurrenz zu bereits bestehenden Strukturen zu sein."

Wer finanziert die Arbeit?

Im Jahr 2013 standen dem Verein rund 9,1 Millionen Euro zur Verfügung, rund 62 Prozent davon wurden über allgemeine Geldspenden eingenommen. Hinzu kommen Bundesmittel (rund 1,8 Millionen Euro 2013), Einnahmen des Förderkreises, Bußgelder. Die Kosten für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit liegen bei rund zwölf Prozent. Die Ärzte arbeiten unentgeltlich und bezahlen die Hälfte ihres Fluges selbst. "Dass viele ihren Jahresurlaub einsetzen, um in unseren Projekten ehrenamtlich zu arbeiten, ist schon sehr bewundernswert", sagt Sous-Braun.

Warum sitzt German Doctors in Bonn?

2010 räumte der Gründer der Organisation öffentlich einen Fall von Kindesmissbrauch im Rahmen seiner Tätigkeit als Jesuitenpater in der Seelsorge in den 70er Jahren ein. German Doctors trennte sich sofort von ihm und arbeitete das Thema auf. Ein weiterer Grund, warum die Organisation 2013 mit dem Umzug nach Bonn und der Umbenennung einen Neuanfang wagte. "Die Stadt Bonn hat sich um uns bemüht und uns sehr herzlich aufgenommen", sagt Sous-Braun. Mit dem Standort sei die Organisation sehr zufrieden, vor allem wegen der vielen anderen internationalen Institutionen und Organisationen in direkter Nachbarschaft. Im kommenden Jahr 2015 ist German Doctors Jahrespartner der Stadt.

Steckbrief

Adresse: Löbestraße 1a

Seit wann in Bonn: Juni 2013

Mitarbeiter in Bonn: 16 hauptamtliche, dazu ehrenamtliche Mitarbeiter

Leitung: Harald Kischlat und Elisabeth Sous-Braun

Berufsgruppen: Politologen, Mediziner und andere

Jahresbudget: rund 10 Millionen Euro

Finanziert durch: Spenden, Bundesmittel, Eigenanteil der Einsatzärzte

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