Prozess vor der Bonner Jugendstrafkammer Mehrjährige Haft für Automatensprenger gefordert

Bonn · Mit dem Sprengen von Geldautomaten wollten sie möglichst schnell an möglichst viel Geld kommen – und haben jetzt nicht nur 200.000 Euro Schulden am Hals, sondern müssen auch mit Freiheitsentzug rechnen.

 Automatensprenger stehen in Bonn vor Gericht.

Automatensprenger stehen in Bonn vor Gericht.

Foto: dpa

Am Dienstag beantragte Staatsanwältin Ursula Pahlen-Claßen vor der Jugendstrafkammer für die beiden erfolglosen Automatensprenger Gefängnisstrafen wegen mehrfachen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung.

Sichtlich geknickt sitzen der 19-jährige Angeklagte und sein 24-jähriger Freund vor Gericht und haben nur eine Hoffnung: dass die Strafen nicht zu hoch ausfallen. Längst bereuen sie, was sie zwischen dem 25. November und 8. Dezember 2015 getan haben.

In insgesamt sieben Fällen versuchten sie in Bonn und der Region Geldautomaten zu plündern, und zwar in Graurheindorf, in Bad Honnef, in Rheinbreitbach, in Mondorf und in Hennef-Happerschoß. In drei Fällen brachten sie die Automaten zur Explosion und richteten jeweils immense Schäden an. In Hennef wurde die Bankfiliale danach ganz geschlossen.

An das Geld in den Kassetten aber kamen sie nicht heran und mussten stets ohne Beute flüchten. Als sie schließlich bei einer Verkehrskontrolle mit entsprechendem Werkzeug für Sprengungen erwischt waren, landeten sie in Untersuchungshaft.

Anklage hält unprofessionelle Vorgehensweise zugute

Die Anklägerin hält ihnen nun zwar ihre Geständnisse und ihre unprofessionelle Vorgehensweise zugute. Aber sie wirft ihnen auch Entschlossenheit und kriminelle Energie vor, weil sie immer weitermachten. Sie fordert zwei Jahre und neun Monate Jugendstrafe für den 19-Jährigen und dreieinhalb Jahre Haft für den 24-Jährigen. Die zwei sind erkennbar geschockt.

Als zu hoch bezeichnet denn auch Anwalt René Gülpen die Strafe für seinen 24-jährigen Mandanten und erklärt: Der junge Mann, der wegen seiner alkoholkranken Eltern in Heimen aufwuchs, wollte Ende 2015 mit seiner schwangeren Freundin endlich die Familie gründen, die er nie hatte.

Und weil er dafür Geld brauchte, sei er durch Filme und Internet auf die Idee mit den Automatensprengungen gekommen. „Doch der Traum vom schnellen Geld platzte, ja explodierte in dem Fall“, so Gülpen.

Der Anwalt bat, das „von Reue und Verantwortungsgefühl getragene Geständnis“, das den Prozess erheblich verkürzt habe, stärker zu berücksichtigen, und seinem Mandanten nicht jede Perspektive zu nehmen. Außerdem werde der 24-Jährige sein Leben lang an den Schulden zu tragen haben.

"Ein Vater ist wichtiger als Geld"

Für Verteidiger Günther Flaskamp war das Treiben seines 19-jährigen Mandanten kopflos und entsprang „übergroßer Abenteuerlust“. Und das zeige deutlich die Reifeverzögerung des 19-Jährigen, für den er eine zweijährige Bewährungsstrafe beantragt.

Beide Angeklagten versichern am Ende, wie sehr sie die Taten bereuen, und der 24-Jährige fügt hinzu: „Ich hoffe, dass ich bei der Geburt meines Kindes dabei bin. Ich habe lange ausgeblendet, dass ein Vater wichtiger ist als alles Geld der Welt.“ Das Urteil wird am kommenden Freitag gesprochen.

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