Bürgerentscheid läuft bis November Bonner können über umstrittenes Melbbad-Projekt abstimmen

Bonn · Die Ratsmehrheit stellt sich gegen das Bürgerbegehren der Initiative „Rettet das Melbbad“. Bis Ende November entscheiden nun alle Wahlberechtigten der Stadt, ob am Freibad 85 Sozialwohnungen gebaut werden oder nicht.

 Die Mehrheit des Stadtrates stellt sich gegen das Bürgerbegehren der Initiative „Rettet das Melbbad“, die ein Sozialwohnungsprojekt am Rand des Freibads verhindern will.

Die Mehrheit des Stadtrates stellt sich gegen das Bürgerbegehren der Initiative „Rettet das Melbbad“, die ein Sozialwohnungsprojekt am Rand des Freibads verhindern will.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Stadt steuert auf den dritten Bürgerentscheid in ihrer Geschichte zu. Am späten Dienstagabend hat sich die klare Mehrheit des Stadtrates gegen das Bürgerbegehren der Initiative „Rettet das Melbbad“ gestellt, die ein Sozialwohnungsprojekt am Rand des Freibads verhindern will. Damit folgt automatisch ein Bürgerentscheid, bei dem alle wahlberechtigten Bonnerinnen und Bonner zur Abstimmung aufgerufen werden. Er muss bis zum 27. November vollzogen sein (siehe „Die Regeln“).

Ebenso wie die Ratsfraktionen von CDU, Grünen und SPD will die Initiative die Abstimmung zu einer Art Grundsatzentscheidung in der Stadtentwicklung machen. „Die Frage ist, ob wir alle Freibäder, andere Naherholungsgebiete und Kaltluftschneisen bebauen, um eine maximale Wohnungsdichte zu erzielen“, erklärte Initiativen-Sprecher Kai Schröder nach der Ratssitzung.

Die Initiative hatte 18 500 Unterschriften gegen das Vebowag-Projekt mit 85 geplanten Wohneinheiten direkt neben dem Melbbad gesammelt. Sie argumentiert, wie berichtet, mit klimatischen Auswirkungen, dem Schattenwurf und möglichen Lärmschutzklagen künftiger Mieter gegen den Badbetrieb. Im Erdgeschoss des Neubauriegels sollen die Umkleiden und Sanitäranlagen des Bades untergebracht werden. Das alte Badgebäude ist laut Stadt so marode, dass nur ein Neubau in Frage komme.

Vor allem CDU, Grüne und SPD stimmen gegen Bürgerbegehren

Es waren vor allem CDU, Grüne und SPD, die am Dienstag mit 54 zu 21 Stimmen gegen das Bürgerbegehren votierten – in namentlicher Abstimmung, die von der FDP beantragt worden war. Sprecher der drei Fraktionen machten deutlich, dass der Rat sich längst zum Erhalt des Bades bekannt habe, es also keineswegs um dessen Rettung gehe – dafür aber um dringend benötigte Sozialwohnungen. CDU, Grüne und SPD hatten vor einigen Wochen angekündigt, einen eigenen Ratsbürgerentscheid zum Melbbad-Projekt anzuschieben, diesen Plan aber wieder fallengelassen – wahrscheinlich, weil sie um die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit fürchteten. Die Grünen etwa waren sich innerhalb der Fraktion uneins. Bezirksbürgermeisterin Brigitta Poope-Reiners stimmte im Rat ebenso wie zwei weitere Grüne für das Bürgerbegehren, Bürgermeisterin Angelica Maria Kappel und Planungspolitiker Rolf Beu enthielten sich.

„Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen in der Stadt“, verteidigte die SPD-Fraktionsvorsitzende Angelika Esch das Bauprojekt am Melbbad. „Und zwar nicht hier oder da, sondern hier und da.“ Mit Blick auf die Bevölkerungsprognosen müssten rund 20 000 Wohnungen gebaut werden, und auf der Warteliste für Sozialwohnungen stünden Tausende von Menschen. Dass Wohnungen das „Kernproblem“ der Auseinandersetzung ums Melbbad seien, betonte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter Gilles. „Wir brauchen dafür jedes einzelne geeignete Grundstück.“ Es gehe um die grundsätzliche Frage, wie die Bonner Stadtentwicklung künftig ausgerichtet werden solle.

Der Bürger Bund Bonn, die Linke und die FDP unterstützten das Bürgerbegehren der Melbbad-Initiative. Michael Faber (Linke) warf speziell Grünen und CDU vor, den Bürgerwillen nicht zu respektieren und an anderen Standorten in Bonn in den vergangenen Jahren die Chance für Sozialwohnungsbau verschenkt zu haben – am Erzbergerufer zum Beispiel, wo stattdessen gerade ein Hotel errichtet wird. Florian Bräuer (FDP) hielt den Befürwortern des Melbbad-Projekts vor, mit städtischen Millionen „eines der schönsten Freibäder in Deutschland“ zu ruinieren, anstatt anderswo geförderte Wohnungen zu bauen.

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