Erstes Begehren auf der Zielgeraden Der Konflikt um das Melbbad in Bonn schwelt weiter
Bonn · Das Gespräch mit den Bonner Ratsfraktionen über eine Entscheidung zum Melbbad endete ohne Erfolg. Nun sind zwei konkurrierende Bürgerentscheide zu erwarten. Die Melbbad-Initiative ist erschüttert über den Zeitdruck, unter den sie gesetzt wird.
Der Versuch, zwei konkurrierende Bürgerentscheide zum Sozialwohnungsbau am Melbbad zu vermeiden, ist gescheitert. Am Freitag hat sich die Initiative „Rettet das Melbbad“ mit CDU, Grünen und SPD getroffen, die in der Ratssitzung am 1. September einen Ratsbürgerentscheid beschließen wollen. Oberbürgermeister Ashok Sridharan habe eingeladen, „um zu besprechen, ob man sich auf eine gemeinsame Frage für einen Ratsbürgerentscheid einigen könne“, erklärt Initiativensprecher Kai Schröder. „Dies würde bedeuten, auf unser Bürgerbegehren zu verzichten.“ Und das lehne man ab, weil das Begehren mit rund 14.000 Unterschriften längst auf der Zielgerade sei.
Es läuft damit weiter unter der Frage: „Soll das Melbbad in seiner jetzigen Form ohne eine Wohnbebauung erhalten bleiben?“ Die Frage des geplanten Ratsbürgerentscheides dagegen lautet: „Sollen im Rahmen des unstrittigen Erhalts des Melbbades an seinem Rand über den neu zu errichtenden Umkleidekabinen und Sanitäranlagen auch preisgünstige Wohnungen für Pflegekräfte, Auszubildende und andere Menschen mit geringem Einkommen entstehen?“ Das Bürgerbegehren benötigt rund 10.000 gültige Unterschriften, dann kommt es in den Rat. Schließt der sich nicht an, folgt als zweite Stufe der Bürgerentscheid. Ebenso wie beim Ratsbürgerentscheid sind dabei alle wahlberechtigten Bonner zur Abstimmung aufgerufen.
Offen ist, ob es das Bürgerbegehren schon in die Septembersitzung schafft. Laut Schröder müssen dafür bis zum Dienstagabend die nötigen Unterschriften bei der Stadt eingegangen sein. „Wir sind erschüttert, dass ein direkt-demokratisches Verfahren von CDU, SPD und Grünen unter einen derartigen Zeitdruck gesetzt und versucht wird, uns mit einem Ratsbürgerentscheid quasi zu überholen“, kritisiert der Initiativensprecher. Stadtsprecherin Monika Hörig zufolge will die Verwaltung „die noch ausstehenden Unterschriften im Laufe der Woche verifizieren und die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens prüfen“. Dann könne es mit Einverständnis der Fraktionen als Nachtrag auf die Tagesordnung am 1. September kommen.
Die Stadt will eine Fläche am Melbbad an die Vebowag verkaufen, die dort 85 Wohnungen bauen soll. Im Erdgeschoss sind die Umkleiden und Sanitäranlagen des Melbbads vorgesehen. Der Neubau soll laut Stadtverwaltung „frühestens zum Beginn der Badesaison 2022“ fertig sein.
Welche finanziellen Folgen das Projekt für die Stadt hätte, ist aber völlig unklar. Die Initiative vermutet, dass wegen der Hanglage aufwändige Pfahlgründungen für die Neubauten nötig sind – die womöglich ähnlich wie beim Urban-Soul-Projekt als sogenannte Residualkosten vom Verkaufserlös der Kommune abgezogen würden. Die Stadtverwaltung lässt entsprechende GA-Anfragen mit dem Hinweis auf laufende Vertragsverhandlungen mit der Vebowag unbeantwortet.
Ebenso wenig äußert sich das Presseamt zu den Kosten der neuen Badtechnik, die im Neubau installiert werden soll. Dazu stünden die Fachplanungen noch aus. Es existiert auch kein Vollkostenvergleich zwischen dem Vebowag-Projekt und einer möglichen Sanierung des alten Melbbad-Gebäudes. Diese Frage stelle sich nicht, weil das Umkleidegebäude in einem „nicht sanierungswürdigen Zustand“ sei, so Stadtsprecherin Hörig. Es komme nur ein Neubau in Frage. Dieser würde laut Stadt rund 1,5 Millionen Euro kosten.
Ob in die neuen Wohnungen wirklich Mitarbeiter der Universitätskliniken einziehen, ist ebenso offen. „Auf die Vermietungspraxis der Vebowag hat die Verwaltung keinen Einfluss“, betont Hörig. Die Wohnungsgesellschaft werde nur verpflichtet, „an den berechtigten Personenkreis gemäß den Förderbestimmungen“ zu vermieten. Einen solchen Wohnberechtigungsschein haben Tausende von Bonnern. Die Vebowag soll verpflichtet werden, in die Mietverträge eine „Duldungsverpflichtung“ für den Badbetrieb aufzunehmen, um Lärmschutzklagen zu vermeiden. Der Fortbestand des Freibads soll außerdem mit einer „Immissionsdienstbarkeit“ im Grundbuch gesichert werden, erläutert Hörig. Nach Einschätzung des Mieterbundes hätten Lärmschutzklagen in dieser Konstellation vor Gericht kaum Chancen.