Ausstellung "Die Klabers" in Bonn Menschen von nebenan

BONN · Es sind Einblicke, die selten sind. Sicherlich weiß man heutzutage sehr viel über das jüdische Leben während des Nationalsozialismus in Deutschland; zahlreiche Familiengeschichten wurden rekonstruiert - so lückenlos, detailliert und belegbar mittels hunderter Dokumente wie die der Familie Klaber aber nur sehr selten.

 Anhand zahlreicher Fotos und Dokumente können sich die Besucher in der Gedenkstätte Bonn auf die Spuren der Familie Klaber begeben.

Anhand zahlreicher Fotos und Dokumente können sich die Besucher in der Gedenkstätte Bonn auf die Spuren der Familie Klaber begeben.

Foto: Horst Müller

In einer Ausstellung in der Gedenkstätte für die Bonner Opfer des Nationalsozialismus können sich Besucher nun auf den Spuren der Klabers begeben.

Das Besondere an der Ausstellung sei vor allem die Tatsache, dass es sich bei den Klabers "um die Familie von nebenan" handelt, so die Macher. "Sie waren nicht berühmt", sagt Björn Dzieran, einer der Kuratoren der Ausstellung und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte. Eigentlich sollte die Ausstellung an diesem Wochenende enden, aufgrund der großen Nachfrage wurde sie aber um zwei Wochen verlängert.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ließen sich die Klabers in Zülpich nieder. Zwei Generationen später waren die Mitglieder von Moses Klabers großer Familie im Rheinland etabliert. Einige Familienmitglieder erlangten einen gewissen Wohlstand, bevor sie unter der NS-Herrschaft ihrer bürgerlichen Rechte beraubt, ausgegrenzt und verfolgt wurden. Die meisten Mitglieder der Familie Klaber wurden deportiert und ermordet, nur wenige überlebten - darunter die Bonnerin Margot Epstein, auf deren Dokumenten die Ausstellung basiert. Ihre Mutter Anna war eine geborene Klaber.

Anna Klaber, von Beruf Modistin, zieht 1919 nach Bonn in die Brückenstraße, die heutige Friedrichsstraße. Kurze Zeit später heiratet sie den Kaufmann Moritz Holländer, mit dem sie 1921 Margot bekommt. Nur zwei Jahre später ereilt die kleine Familie ein Schicksalsschlag: Moritz erliegt seiner Typhus-Erkrankung. Sein Tod bringt die kleine Familie in Zeiten der Inflation in arge Bedrängnis. Durch ihre Arbeit lernt Anna den Textilvertreter Paul Getreider kennen und heiratet ihn. Während Paul als Vertreter umherreist, macht Anna sich selbstständig. In der Brückenstraße eröffnet sie ein eigenes Hutgeschäft mit Werkstatt: Das "Modehaus Klaber" - bewusst entscheidet sie sich für ihren Mädchennamen. Später kauft sie das Haus und verkörpert so das Bild einer modernen, eigenständigen Frau, die berufstätig ist, sich um ihre Kinder kümmert und auch die Mieter in ihrem Haus betreut. "Sie war damals ein Sinnbild für die moderne Frau", ist sich Björn Dzieran sicher.

Annas Tochter Margot Epstein ist es zu verdanken, dass in Bonn eine sehr detailgetreue Familienchronik gezeigt werden kann. "Der Nachlass beinhaltet mehr als 400 Fotos und 100 Dokumente, die alle in einem sehr guten Zustand sind. Vor ihrer Flucht hatte Margot die Dokumente in eine Kiste gepackt und mit in die USA genommen - selber angesehen hat sie sich die Dinge später nicht mehr. Ihre Familie ist über den Nachlass gestolpert", erklärt Dzieran.

Die Ausstellung spannt einen Bogen von der Kindheit, über die Jugend, die Schulzeit, die NS-Zeit, der Schoa bis hin zur Flucht einzelner Familienangehöriger - die umgangreiche Darstellung einen bewegten Familienlebens.

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