Nachfrage nach Qualität und Herkunft So geht es Bonner Metzgern in der Corona-Zeit

Bonn · Inhabergeführte Fleischerbetriebe in Bonn melden in Corona-Zeiten und nach den hohen Infektionszahlen bei einem Schlachtbetrieb der Firma Tönnies eine hohe Nachfrage nach Qualität. Doch auch in Bonn schrumpft die Zahl der Metzger insgesamt.

 Beherzt greift Metzger Stefan Schintz in seine Auslage. Viele seiner Stammkunden kaufen schon seit Generationen bei ihm ein.

Beherzt greift Metzger Stefan Schintz in seine Auslage. Viele seiner Stammkunden kaufen schon seit Generationen bei ihm ein.

Foto: Benjamin Westhoff

Zahlreiche Sorten Salami, Mettwurst und Fleischwurst liegen in der Wursttheke in der Metzgerei von Stefan Schintz aus. An der Wand hängen Meisterbriefe, seit drei Generationen ist die Metzgerei ein Familienbetrieb. Sorgfältig richtet Schintz die Ware in der Auslage an, als ein Kunde den kleinen Laden in der Römerstraße betritt. Unter der Maske zeichnet sich ein Lächeln ab, Schintz begrüßt den Kunden. Karl Wilhelm Starcke ist Stammkunde in der Metzgerei Schintz. „Schon bei dem Großvater von Stefan Schintz habe ich mein Fleisch gekauft“, sagt Starcke. Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert.

Weiterhin kommt Starcke aus Auerberg in die Metzgerei in der Römerstraße. Zu Beginn der Krise habe Starcke sein Fleisch telefonisch bestellt und abgeholt, nun freut er sich, wieder persönlich in den Laden kommen zu können. „Hier gibt es gutes und vernünftiges Fleisch, das ist kein Vergleich zu der Ware im Supermarkt“, sagt Starcke während Schintz den Fleischsalat und die Wurst für ihn einpackt.

Draußen wartet bereits die nächste Kundin. „Wir profitieren gerade von der Corona-Krise“, sagt Schintz. Seit Beginn der Krise sind einige Neukunden dazugekommen. „Dadurch, dass die Restaurants geschlossen waren und Veranstaltungen abgesagt wurden, hatten die Menschen wohl mehr Zeit zum Kochen“, so Schintz. Der Renner: Rinderhackfleisch. „Die Bonner haben wohl viel Spagetti Bolognese in der Zeit gegessen“, sagt Schintz.

Viele junge Kunden

Der Metzger beobachte, dass vor allem vermehrt junge Menschen in sein Geschäft kommen. Diese zeigen auch ein großes Interesse an der Herkunft des Fleisches. Das berichten auch Fleischer aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Sabine Witt, die in der Metzgerei ihres Bruders Josef in Bad Honnef mitarbeitet, erzählt von vielen bisher unbekannten Kunden, die „kein Tönnies“ wollten und sich nach der Herkunft des Fleisches erkundigten. Erst kürzlich war im Fleisch-Unternehmen Tönnies in Rheda-Wiedenbrück das Coronavirus ausgebrochen. Ursache waren nicht zuletzt die schlechten Arbeitsbedingungen.

Dass sich so ein Vorfall in einem hiesigen Betrieb wiederholt, hält Adalbert Wolf, Obermeister der Fleischer-Innung Bonn/Rhein-Sieg, für unmöglich. „In den Schlachtbetrieben, von denen unsere Metzger ihr Fleisch beziehen, gibt es keine Werksarbeiter. Die Mitarbeiter wohnen vor Ort, und die Betriebe sind viel kleiner“, so Wolf. „Wir sind das Fleischerhandwerk, nicht die Industrie.“ Durch den Corona-Ausbruch bei Tönnies würden die Kunden auch erstmal vermehrt den Unterschied verstehen. „Im Fleischerhandwerk spielt das Tierwohl eine große Rolle“, so Wolf. Er hoffe, dass bei den Kunden nach dem Vorfall ein nachhaltiges Umdenken geschieht. „Der Preis des Fleisches darf nicht über dem Tierwohl stehen“, sagt der 57-jährige Wolf.

Viele Betriebe schließen

Trotz des Umdenkens vieler Kunden befürchtet der Deutsche Fleischer-Verband, dass die Missstände in der Fleischwirtschaft insgesamt schlecht für das Image des Fleischerberufes seien. „In der Öffentlichkeit wird der Unterschied zwischen Handwerk und Industrie zu wenig gesehen“, sagt Reinhard von Stoutz, Geschäftsleiter Deutscher Fleischer-Verband. Werksverträge und Ansammlungen von vielen Menschen gebe es in Betrieben des Fleischerhandwerks nicht. „Stattdessen gibt es ausgebildetes Personal und feste Verträge, die oft über viele Jahrzehnte laufen“, so von Stoutz.

Während Metzger, die hauptsächlich in ihrem Laden Fleisch verkaufen, einen höheren Umsatz erzielen konnten, gab es bei Betrieben, die sich stark auf Catering spezialisiert haben, Einbrüche. „Auch Geschäfte, die in Innenstadtlagen verkaufen, mussten während des Lockdowns Umsatzeinbußen verkraften“, so von Stoutz.

Schintz hofft nun, dass seine Neukunden weiterhin kommen und irgendwann zu Stammkunden werden. „Früher waren etliche Metzger in Bonn, es werden immer weniger“, sagt der Metzger. Als sich 1998 die Fleischer-Innung Bonn/Rhein-Sieg zusammenschloss waren 119 Betriebe in der Innung. Heute sind es noch 43. „Das ist wirklich traurig“, sagt Wolf. „Mit jedem Betrieb der schließen muss, geht ein Stück Heimat verloren.“

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