Sprachkurs zur Vorbereitung in Bonn Migranten sollen Lokführermangel in NRW ausgleichen

Bonn · Ein Sprachkurs in Bonn bereitet Einwanderer auf die Ausbildung zum Lokführer vor. Nach Schätzungen werden in den kommenden fünf Jahren bis zu 1700 Lokführer in NRW fehlen. Das Pilotprojekt soll in Serie gehen.

 Zahra Mahyari lernt virtuell, wie man eine Lok fährt. Vor Ausbildungsbeginn müssen aber auch die Sprachkenntnnisse stimmen.

Zahra Mahyari lernt virtuell, wie man eine Lok fährt. Vor Ausbildungsbeginn müssen aber auch die Sprachkenntnnisse stimmen.

Foto: Benjamin Westhoff

Zahra Mahyari manövriert schon wie ein Profi durch die Computersimulation. Mit einer VR-Brille auf der Nase und zwei Bewegungssensoren in den Händen steht sie – rein virtuell natürlich – vor zwei Waggons. Auf einem großen Bildschirm hinter ihr ist zu sehen, wie sie fachgerecht und in der richtigen Reihenfolge beide Wagen ab- und wieder ankoppelt. Test bestanden.

In der Realität steht die Iranerin in den Räumen der Stiftung Bildung und Handwerk (SBH). Sie und sieben andere Migranten sind Teil des ersten Sprachkurses für angehende Lokführer, den der Verbund Fokus Bahn seit Oktober in Bonn anbietet. Der zwölfwöchige Vorbereitungskurs soll einerseits Einwanderern eine berufliche Perspektive geben und andererseits dem eklatanten Lokführermangel entgegenwirken, erklärt Barbara Tünnemann vom Programmbüro Fokus Bahn. Nach Schätzungen des Landes werden in den kommenden fünf Jahren bis zu 1700 Lokführer in NRW fehlen.

Die Ausbildung zum Lokführer – oder „Triebfahrzeugführer“, wie es offiziell heißt – dauere zwar nur zwölf Monate, sei aber schwierig, berichtet Claudia Strobel von der SBH. Nur etwa einer von zehn Bewerbern bestehe im Vorfeld die Eignungstests. Von denen, die durchkommen, würden bis zu zwei Drittel die Ausbildung abbrechen oder durch die Prüfungen fallen. Deswegen wollten die Teilnehmer des Vorbereitungskurses schon jetzt auch viel Inhaltliches wissen, berichtet sie, obwohl der Kurs in erster Linie die Fachsprache vermitteln soll.  

„Erklären Sie mal, was eine Weiche ist“, stellt sie die wohl beliebteste Fangfrage an die acht Kursteilnehmer. „Eine Weiche ermöglicht, dass ein Zug von einem Gleis auf ein anderes ohne Unterbrechung wechselt“, antwortet Aram Dashti korrekt. Am Anfang sei die Antwort oft noch „das Gegenteil von hart“, erzählt Strobel und lobt: „Die Gruppe ist tatkräftig, wissbegierig und fleißig bei der Sache.“ Davon zeugt auch ihr Kursraum: Seine Wände zieren große Poster, auf denen die Teilnehmer Signale, Gleise, Stromtrassen und Co. gezeichnet und mit Definitionen versehen haben.

Für Fadi Salmo aus Aleppo geht mit dem Kurs ein Traum in Erfüllung. „Ich wollte schon als Junge Lokführer werden, aber in Syrien war das schwierig“, sagt der 29-Jährige, der stattdessen Elektrotechnik studierte. „In Deutschland habe ich jetzt eine Chance bekommen.“ Einen Karrierewechsel hat auch Mohamadtarek Abosloua hinter sich. In seiner Heimat in Draà, Syrien, war der 23-Jährige Goldhändler. Lokführer sei „ein guter Job“; darauf aufmerksam geworden war er über eine Anzeige der SBH im Internet. Und Zahra Mahyari? Die ehemalige Religionslehrerin hat schon eine klare Vorstellung: Sie will Fernzüge fahren, genauer gesagt im Güterverkehr. „Ich möchte nicht viel Kontakt mit Menschen haben“, sagt die Frau, die aus Teheran nach Deutschland floh, ehrlich.

Auch für die Verantwortlichen warf der Kurs neue Fragen auf, zum Beispiel: Darf man in der Lok ein Kopftuch tragen? „Die Antwort ist: ja“, sagt Tünnemann. Wenn der Kurs Ende November endet, entscheiden die Kursleiter, ob sich die Teilnehmer für die Ausbildung eignen oder noch an ihren Sprachkenntnissen feilen müssen.

Mit dem 22. Januar steht auch bereits der Beginn des nächsten Vorbereitungskurses für Migranten fest. Interessierte können sich bei Barbara Tünnemann unter 0160/97 49 26 15 beraten lassen.

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