Kampf gegen Algen Millionen für den Rheinauensee

BONN · Die Stadt will das künstliche Gewässer im kommenden Jahr für 4,3 Millionen Euro entschlammen lassen. Gutachter will Phosphat im Zufluss aus dem Rhein abscheiden

 Herbst in der Bonner Rheinaue. In die algenbelasteten Seen will die Stadt nun kräftig investieren.

Herbst in der Bonner Rheinaue. In die algenbelasteten Seen will die Stadt nun kräftig investieren.

Foto: Dominik Kraus

Inzwischen haben Untersuchungen im Auftrag des Umweltamtes die Phosphatquelle identifiziert, die das Seewasser beständig mit dem Nährstoff düngt. Es ist nicht wie lange vermutet das Kühlwasser aus dem nahen Posttower. Es ist das Wasser des Rheins, das über Rohre in den See gepumpt wird. Da der Rhein an dieser Stelle ähnlich hohe Phosphatwerte aufweise wie das Seewasser, sei von ihm als Phosphatquelle auszugehen, urteilt die Stadtverwaltung in einer Stellungnahme auf eine Anfrage des Bürger Bundes Bonn (BBB). 

Mit all dem soll nun endgültig Schluss sein. Der Rat hat deshalb im kommenden Doppelhaushalt 4,285 Millionen Euro für eine Rundumsanierung des Gewässers freigegeben. Im Frühjahr war noch von 3,7 Millionen Euro die Rede. 1,29 Millionen Euro von dieser Summe könnten aus Fördertöpfen des Landes fließen, glaubt man in der Verwaltung. Ein entsprechender Antrag ist gestellt, aber noch nicht bewilligt. Im April erhofft die Stadt sich eine Zusage und will die Leistungen im Anschluss daran umgehend ausschreiben, damit die Arbeiten noch im Sommer beginnen und zum Frühjahr 2022 abgeschlossen werden können.

Nachdem alle Fische aus dem See in ein Zwischenquartier umgezogen sind, soll das beauftragte Unternehmen nach dem Plan des Fachbüros „lanaplan“ aus Nettetal schätzungsweise 2350 Kubikmeter organischen Faulschlamm vom Seegrund baggern. Gefiltert und gepresst werden wohl 30 550 Tonnen Material übrig bleiben, das anschließend abtransportiert und deponiert werden muss. Diese Arbeiten kosten bei weitem das meiste Geld. Im Umweltamt sondiert man deshalb, ob das Seewasser nicht mit speziellen Mikroorganismen versetzt werden kann, die sich an dem Algenschlamm gütlich tun. Damit könnte – so die Hoffnung – die Menge des abzufahrenden Materials deutlich geringer ausfallen.

Im Anschluss soll eine 15 Zentimeter hohe Sandschicht auf dem Seegrund ausgebracht und mit Armleuchteralgen bepflanzt werden. Diese Arbeiten machen nur rund 1,3 Millionen Euro der Gesamtkosten aus. Damit sich in den nächsten Jahren der Prozess der Überdüngung durch Phosphateinträge nicht wiederholt, plant die Verwaltung zusätzlich den Einbau einer entsprechenden Filteranlage, die das Phosphat ausfällt. Dieser ist mit einmaligen Kosten von 50 000 Euro eingeplant. Der Betrieb soll mit 5000 Euro im Jahr zu Buche schlagen. Der Stadtrat hat den Vorschlag in seiner Dezembersitzung zur Kenntnis genommen.

Andere Versuche zur Lösung des Problems hatten in den vergangenen Jahren keinen echten Erfolg gebracht. Als Hauptphosphatquelle waren zunächst die vielen Wasservögel selbst im Verdacht. Ihre Zahl hat sich in den letzten Jahren ebenso vermehrt, ebenso wie die Population der ursprünglich aus Südamerika stammenden Nutria. In den warmen Wintern sind kaum Tiere erfroren und das Nahrungsangebot war stets üppig. Und Beutegreifer wie Füchse oder Raubvögel, die die Populationen begrenzen könnten, haben die Rheinaue bislang nicht als Revier für sich entdeckt. Mit ihrem Kot düngen die Vögel und Nutria aber das Seewasser. Als Gegenmaßnahme hat die Stadt Bonn auf all ihren Wasserflächen 2019 ein striktes Fütterungsverbot erlassen und Uferbereiche mit langstieligen Margeriten bepflanzt. Die halten angeblich Wasservögel fern. Außerdem wird am Ufer das Gras seltener geschnitten, da vor allem Gänse kurzen Rasen bevorzugen. So vergrämt, sucht sich zumindest ein Teil der Population andere Lebensräume, hoff man.

Seit dem vergangenen Jahr überwachen überdies drei Messgeräte an verschiedenen Stellen im See den Sauerstoffgehalt im Wasser. Bei kritischen Werten führen ihm starke Pumpen Frischwasser aus dem Posttower zu. Außerdem kam dreimal ein Mähboot zum Einsatz, um den Algenteppich abzufischen. All das brachte aber nur punktuelle Verbesserungen. Von einem gesunden Gewässer war der künstliche See weit entfernt.

Schon 2018 hatten Bürger im Bürgerportal „Bonn macht mit“ zudem vorgeschlagen, die Artenvielfalt am und im See zu fördern. So solle der 2017 eingegangene Schilfgürtel als Lebensraum für Libellen und Amphibien nachgepflanzt werden. Kükentreppen könnten Jungvögeln auch bei Niedrigwasser einen Weg ans Ufer bahnen. 2019 waren viele Küken im See gefangen und umgekommen. Außerdem könnten schwimmende Nisthilfen scheueren Vögeln wie Haubentauchern zugutekommen. Die Verwaltung glaubt, das aus dem laufenden Etat für die Grünflächen realisieren zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort