Prozess vor dem Landgericht Bonn Troisdorfer soll Jungen unzählige Male missbraucht haben

Bonn · Vor dem Landgericht Bonn muss sich ein einschlägig vorbestrafter Angeklagter wegen Missbrauchsvorwürfen verantworten. Er soll sich über anderthalb Jahre an dem Sohn eines Freundes vergangen haben.

 Troisdorfer muss sich vor Gericht wegen Missbrauchs verantworten.

Troisdorfer muss sich vor Gericht wegen Missbrauchs verantworten.

Foto: Peter Kölschbach

„Hallo, vielleicht erinnerst du dich ja noch an mich?“ Mit diesen Worten meldete sich zum Jahreswechsel 2017/2018 ein 39-jähriger Troisdorfer mittels einer Chat-App bei einem alten Jugendfreund. Offenbar erinnerte sich der mittlerweile in Wuppertal lebende Kumpel tatsächlich an die gemeinsame Kindheit in Eberswalde. Jedenfalls lebte die Freundschaft wieder auf - und der Troisdorfer kümmerte sich in den folgenden anderthalb Jahren regelmäßig an den Wochenenden um den heute zwölfjährigen Sohn des alleinlebenden Vaters. Seit Dienstag steht der Troisdorfer nun vor dem Bonner Landgericht, weil er den Jungen zwischen Mai 2018 und Dezember 2019 unzählige Male missbraucht haben soll.

Außerdem muss sich der Angeklagte noch wegen eines Verstoßes gegen die Führungsaufsicht verantworten: Im Rahmen seiner Tätigkeit für einen Cateringdienst hatte der Mann regelmäßig auch Kindergärten beliefert, obwohl er derartige Einrichtungen nicht mehr betreten durfte. Der Troisdorfer ist nämlich einschlägig vorbestraft und hatte über viele Jahre bereits den Sohn seiner Ex-Frau missbraucht. Dafür war er im August 2011 vom Landgericht Freiburg zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden, die er kurz vor der Kontaktaufnahme zu dem Vater seines zweiten Opfers komplett abgesessen hatte.

Die in der Anklage erhobenen Vorwürfe träfen zu, ließ der Angeklagte gleich zu Beginn des Verfahrens die Richter der zweiten großen Strafkammer wissen. In der von seinem Anwalt vorgetragenen Erklärung hieß es weiter, dass es dem Angeklagten wichtig sei, dem Jungen die Aussage vor Gericht zu ersparen.

Nach der erfolgreichen Wiederaufnahme des Kontakts schloss der Angeklagte nach eigener Auskunft schnell Freundschaft mit der gesamten Familie. Im Rahmen eines Tagesausflugs zu einem niederländischen Ponyhof will der 39-Jährige zumindest die Eltern des Jungen davon in Kenntnis gesetzt haben, dass er wegen Kindesmissbrauchs unter Führungsaufsicht stehe. Jedenfalls – so gab der Angeklagte vor Gericht an – sei es ihm zunächst nicht um eine sexuelle Beziehung zu dem Kind gegangen. Vielmehr habe er der ganzen Familie helfen wollen.

Insbesondere mit dem damals Zehnjährigen gab es offenbar besondere Probleme. Daher wohnte er auch nicht wie seine sechs Geschwister bei der Mutter, sondern als einziger bei seinem Vater. Die Eltern lebten getrennt in zwei Wohnungen, die aber in fußläufiger Entfernung zueinander lagen. Schnell kam es offenbar dazu, dass der Angeklagte sich an den Wochenenden um den Jungen kümmerte, während der Vater arbeiten gegangen sei. Abwechselnd sei er entweder nach Wuppertal gefahren, wo er im Zimmer des Vaters schlief, oder er habe den Jungen mit zu sich nach Troisdorf genommen.

Auch wenn sie ihren Bruder damals offenbar nicht täglich zu sehen bekam, hatte eine heute 17-jährige Schwester des Opfers sehr wohl Veränderungen an dem als kommunikationsfreudig geltenden Kind wahrgenommen: Weil er immer ruhiger geworden sei, habe sie ihn Ende 2018 auf seine zunehmende Verschlossenheit angesprochen, erzählte sie am ersten Prozesstag im Zeugenstand. Schnell beichtete der Junge seiner Schwester daraufhin, was geschehen war und welche Angst er davor habe, dass die Eltern von dem Missbrauch erführen.

Offenbar wurde der Sohn immer wieder der Lüge bezichtigt. Dennoch wandte sich das Mädchen sofort hilfesuchend an seine Mutter. Offenbar benachrichtigten die Eltern die Polizei aber erst einige Tage später. Mit einem Urteil wird Anfang des kommenden Monats gerechnet.

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