Michaela Kehrle "Mit allen Sinnen bei mir"

BONN · Sonnengruß, Hund, Kobra, Krieger. Entspannung durch Sport? Innere Ruhe trotz schweißtreibender Fitness? Eine einfache Matte und bequeme Kleidung reichen vollkommen aus, um Körper und Geist in Balance zu bringen.

 Michaela Kehrle zeigt eine Yogaübung.

Michaela Kehrle zeigt eine Yogaübung.

Foto: Roland Kohls

"Beim Yoga bin ich mit allen Sinnen bei mir." Kaum einer weiß das besser als Michaela Kehrle. Seit 25 Jahren arbeitet die Bonnerin als Yogalehrerin, leitet seit 2001 die Yogaschule an der Beethovenhalle und bildet zudem in Köln zusammen mit Medizinern angehende Yogalehrer aus.

Dabei musste auch Kehrle einige Umwege nehmen, bis sie schließlich ihren Weg auf "die Matte" gefunden hat. 1961 in Schwaben geboren, kam sie nach der Schule nach Köln, um in der Domstadt im Büro der Schokoladenfabrik Stollwerck zu arbeiten. Als 1982 ein Job bei einer Tochterfirma im Kanton Tessin zu vergeben war, zögerte die junge Frau nicht lange und bewarb sich auf den Posten.

Doch schon bald war klar, dass die Arbeit in der Exportabteilung des Schweizer Unternehmens hektisch und stressig ist. "Um abzuschalten, habe ich abends einen Yogakurs besucht", erzählt Kehrle. Damals ahnte sie jedoch noch nicht, dass aus diesem Freizeitvergnügen eine Berufung wird.

Der Liebe wegen ging sie jedoch erst einmal mit einem Entwicklungshelfer nach Burkina Faso. Drei Jahre lang arbeitete die damals 26-Jährige in Westafrika für ein englisches Kinderhilfswerk. "Das war eine sehr beeindruckende Erfahrung. Ich habe damals sehr viel über mich gelernt", zieht sie ihre persönliche Bilanz. Zwar war die Armut allgegenwärtig, aber "die Menschen strahlten so viel Freude und so viel Lebensmut aus, das hat mich einfach begeistert." Auch in Afrika verlor sie Yoga nie aus den Augen. Ihre täglichen Übungen halfen ihr dabei, die Strapazen zu überstehen.

Wieder zurück in Deutschland stand ihr Entschluss fest. Michaela Kehrle wollte ihr Hobby zum Beruf machen. Allerdings ist Yogalehrer noch kein staatlich anerkannter Beruf. In Düsseldorf fand sie jedoch eine Schule, die eine Ausbildung anbot, die vom Bundesverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) anerkannt wird.

Nach Stationen in Köln und Berlin ließ sie sich schließlich in Bonn nieder. In ihrer eigenen Schule in Köln bildet sie seit nunmehr zwölf Jahren Yogalehrer nach den Vorgaben ihres Bundesverbandes aus. Dafür müssen ihre "Schüler" vier Jahre lang an den Wochenenden mindestens 720 Unterrichtseinheiten absolvieren und eine theoretische und praktische Prüfung vor einem externen Gremium bestehen. Mittlerweile haben bei ihr rund 500 Absolventen den Abschluss gemacht.

Dabei ist ihr eines ganz besonders wichtig: "Nicht jede Übung ist für jeden Menschen gut. Jede Trainingseinheit muss an die jeweilige Person angepasst werden", vermittelt sie den angehenden Lehrer immer wieder. "In Yoga muss man langsam hineinwachsen und man muss dem Körper Zeit dafür geben." Durch die Symbiose von Körper, Atmung und mentaler Stabilität würde das eigene Bewusstsein gestärkt. "Man entwickelt eine Achtsamkeit auf sich selbst", so Michaela Kehrle. Ziel sei schließlich, durch gezielte Übungen Spannungen zu lösen und eine Entspannung auf mentaler Ebene zu erreichen.

Zu alt oder zu jung? Das gibt es nicht. "Jeder kann Yoga machen. Vom Kindergartenkind bis zum Senior", erklärt die Lehrerin. Und - nicht jeder muss auf eine Matte. "Ältere Teilnehmer können die Übungen auch auf einem Hocker sitzend mitmachen."

Doch woran erkennt der Laie einen guten Lehrer? "Er muss sich Zeit nehmen. Erst nach einem ausführlichen Gespräch, bei dem man nach Erkrankungen und Beschwerden fragt, sollten ganz individuell gestaltete Übungen vorsichtig gemacht werden", so Kehrle. Das ließe sich am besten in der Probestunde testen. Wer sich dazu entschlossen hat, Körper und Geist regelmäßig in Einklang zu bringen, der hat die Wahl. "Mit dem richtigen Lehrer kann man Yoga auf verschiedene Arten machen. Sanft oder mit richtig viel Power."

Typisch bönnsch

Das sagt Michaela Kehrle über Bonn:

  • An Bonn gefällt mir das Internationale, die bunte Mischung der Menschen, die hier leben.
  • Ich vermisse Baggerseen. In meiner Heimat in Schwaben gab es gleich mehrere davon in der Umgebung. Zudem gefällt mir nicht, dass die Bürger nicht stärker bei politischen Entscheidungen einbezogen werden. Beispielsweise bei den Bauplänen für das ehemalige Opel-Gelände an der Reuterbrücke.
  • Mein Lieblingsplatz... am liebsten bin ich zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf "Brückentour": Am Rhein entlang, auf der einen Flussseite hin, auf der anderen zurück.
  • Typisch bönnsch ist für mich die Mischung, die diese Stadt bietet. Wir leben hier nahe an der Natur und haben doch alles, was man von einer Stadt erwartet.
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