Wednesday Late Art bis zum 13. August Mit der "schönen Venus" auf Speed

BONN · Hermann Ries weiß nicht so recht, ob es eine gute Idee ist. "Ich hab' mich seit Jahrzehnten nicht mehr auf einen Teppich gehockt", erzählt der 73-Jährige, der aus der Pfalz kommt und Freunde im Siebengebirge besucht. "Aber warum nicht?"

 Jeden zweiten Mittwoch im Monat werden Interessierte beim Wednesday Late Art in der Bundeskunsthalle in besondere Aspekte der Ausstellung eingeführt.

Jeden zweiten Mittwoch im Monat werden Interessierte beim Wednesday Late Art in der Bundeskunsthalle in besondere Aspekte der Ausstellung eingeführt.

Foto: Barbara Frommann

Es dauert ein wenig, bis er es sich auf dem rot gemusterten Perser mitten in der Bundeskunsthalle bequem gemacht hat. Aber dann taucht er ab: in seine Kindheit, in den sagenumwobenen Orient und in seine Fantasiewelt.

"Scheherazade war im ganzen Land als kluges und belesenes Mädchen bekannt", beginnt Damon Zolfaghari zu erzählen und kniet sich auf ein goldenes Brokatkissen zu den Zuhörern auf dem Teppich. "Sie war so klug, dass sie mit einer List den grausamen König Schahrayâr davon abhielt, jeden Morgen eine Frau zu töten", erzählt der Schauspieler und schlägt ein großes Märchenbuch auf. Wenige Minuten später befinden sich alle Zuhörer mitten in den Abenteuern aus 1001 Nacht.

Die Märchenlesung "1001 Sekunden aus 1001 Nacht" gehört zu "Wednesday Late Art", einer neuen Veranstaltungsreihe der Bundeskunsthalle. Seit Anfang des Jahres gibt es jeden zweiten Mittwoch im Monat das Angebot "Speedführung, DJ, Drinks". Und das Konzept geht auf. "Wir haben jedes Mal rund 250 Besucher", freut sich Kunstvermittlerin Friederike Siebert, die das Konzept mit entwickelt hat. Dabei bedeutet Speedführung nicht, dass es im Laufschritt durch die Ausstellung geht. "Wir bieten bei Wednesday Late Art den Besuchern an, in einer halben Stunde ein, zwei ausgesuchte Aspekte der aktuellen Präsentation kennenzulernen".

Passend zur aktuellen Ausstellung über Max von Oppenheim und seine Entdeckung des Tell Halaf dreht sich derzeit alles um den Orient. Dafür nimmt Ulrike Dubiel die Besucher mit in die Welt des Bankierssohnes. Sie erzählt von seinen Grabungen, vom Wüstenschloss, dem Expeditionshaus und von seiner Entdeckung der "Thronenden Göttin", die Oppenheim als "meine schöne Venus" bezeichnete. Gleichzeitig stellt Dubiel die Mammutaufgabe vor, die Restauratoren, Archäologen und Techniker neun Jahre lang geleistet haben: "Bei einem Luftangriff in Berlin wurde in nur einer Nacht Oppenheims Lebenswerk und ein bedeutendes Kulturerbe zerstört."

Zum Glück wurden die Fragmente im Keller des Pergamonmuseums deponiert. 2001 begannen die Wissenschaftler dann mit der Puzzlearbeit, und 27 000 Basaltfragmente und 80 Kubikmeter Basaltschutt mussten gesiebt werden, um die Skulpturen wieder zusammenzusetzen. "Hier haben wir dokumentiert, durch wie viele Paletten voller Bruchstücke wir uns durcharbeiten mussten", beendet Dubiel ihre kurze Führung.

Und so, wie Scheherazade den grausamen König Schahrayâr mit ihren Märchen faszinierte, so schafft es auch Damon Zolfaghari mit seinen Zuhörern: Nach 1001 Sekunde schlägt er das dicke Märchenbuch zu. "Wenn Sie wissen wollen, wie es weitergeht, dann kommen Sie zur nächsten Lesung in einer halben Stunde." Und Hermann Ries ist sofort klar: "Ich schau mir noch ein wenig die Exponate an, und dann bin ich wieder auf dem Teppich in Richtung Orient."

Barbecue und Boule

Zur nächsten "Wednesday Late Art" lädt die Bundeskunsthalle für Mittwoch, 13. August, von 18 bis 21 Uhr ein. Dann geht die "Speedführung" durch die Ausstellung "Afrikanische Meister. Kunst der Elfenbeinküste". Dazu passend gibt es ein "African Barbecue" auf dem Dach der Bundeskunsthalle. Unter dem Motto "Wirf dich glücklich" kann jeder Besucher zudem Boule spielen. Der Eintritt kostet acht Euro.

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