Obdachloser steht in Bonn vor Gericht Mit geraubter Karte 1000 Euro abgehoben

Bonn · Ein 40-jähriger Obdachloser steht seit Dienstag wegen räuberischer Erpressung und Computerbetrugs vor dem Bonner Landgericht.

 Vor dem Bonner Landgericht wird ein Raubüberfall verhandelt.

Vor dem Bonner Landgericht wird ein Raubüberfall verhandelt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Der Räuber verschenkte keine Zeit: Gerade einmal zehn Minuten verstrichen zwischen dem Überfall auf einen 16-jährigen Schüler und dem ersten Einsatz der soeben von ihm erbeuteten Geldkarte. Insgesamt 1000 Euro konnte der Täter an zwei Automaten in der Nähe des Bertha-von-Suttner-Platzes abheben, bevor das Plastikkärtchen bei einem vierten Versuch eingezogen wurde.

Da die Ermittler dem Täter dank der Bilder der Überwachungskameras aber ebenfalls recht schnell auf die Schliche kamen, muss sich der mutmaßliche Räuber seit diesem Dienstag vor der 2. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht verantworten. Auf räuberische Erpressung und Computerbetrug lautet die Anklage.

Dem 16-jährigen Schüler muss der Schreck gehörig in die Glieder gefahren sein, als er am 24. September vergangenen Jahres gegen 0.40 Uhr von einem Unbekannten angesprochen wurde: Ob er schon einmal „ausgerippt“ worden sei, wollte der von seinem Opfer wissen und meinte damit offenbar soviel wie abgezogen oder ausgeraubt.

Eine Antwort wartete der mit einer dunklen Designerjacke bekleidete Mann erst gar nicht ab, sondern ließ der Frage sofort eine Drohung folgen: „Ich bin bewaffnet, gib mir all dein Geld“, soll er den Schüler beschieden haben. Während er diese Worte sprach, soll der Täter laut Anklage seine Hände derart in den Taschen seiner Jacke verborgen haben, dass er den Anschein erweckte, er sei bewaffnet.

Karte statt Cash

Sein letztes Bargeld hatte der Schüler aber soeben für einen Döner ausgegeben, dessen Reste er noch in der Hand hielt. So soll der Angeklagte dann statt Cash eine Geldkarte gefordert haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Räuber nun ein Messer aus der Jacke zog, um seiner Forderung weiteren Nachdruck zu verleihen und insbesondere die zur Karte gehörige PIN in Erfahrung zu bringen.

Mit der frisch geraubten Plastikkarte besuchte der Räuber dann unverzüglich zwei nahe gelegene Bankfilialen: In der ersten hob er zunächst offenbar testweise 50 Euro ab. In der zweiten Filiale gelang es ihm nacheinander, erst 900 und dann noch weitere 50 Euro zu ziehen, bevor die Karte beim letzten Versuch von dem Gerät eingezogen wurde.

Vor Gericht gab der Angeklagte die Tat ohne zu zögern zu – nur ein Messer habe er nicht dabeigehabt, sagte er dem Gericht. Das sei auch gar nicht nötig gewesen, denn sein Opfer habe sofort vor Angst gezittert und ihm die PIN ohne viel Aufhebens gleich mit der Übergabe der Karte genannt.

Ob sich diese Aussage schließlich während der weiteren Beweisaufnahme halten lässt, ist durchaus nicht unerheblich für das Strafmaß, das den 40-Jährigen erwartet: Angeklagt ist er nämlich nur wegen einfacher räuberischer Erpressung. Ein Straftatbestand, der normalerweise vor dem Amtsgericht verhandelt würde.

Sollte sich aber der Vorwurf der Staatsanwaltschaft bewahrheiten, dass der Täter tatsächlich ein Messer bei sich führte, komme auch eine Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung infrage, ließ die Vorsitzende Richterin den Angeklagten zu Beginn des Verfahrens wissen. Das sei nämlich der Grund, aus dem das Verfahren vor ihrer Großen Strafkammer am Landgericht verhandelt werde. Das Urteil soll noch in diesem Monat verkündet werden.

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