Deutsches Museum in Bonn Mit Gummibärchen zur Ausbildung

Bonn · Bei Gummibärchen ist nur das Essen einfach. "Man muss alle Zutaten wirklich sehr genau dosieren und im richtigen Moment die Masse dann in die Formen gießen", sagt Vivian Roth von der Hauptschule St. Hedwig. "Und es braucht eine total ruhige Hand dafür, sonst gibt es eine riesige Sauerei", ergänzt Dominik Ganje von der August-Macke-Schule.

 Sie haben den Laborführerschein in der Tasche und damit Interesse für Physik und Chemie bewiesen. Mit dem Programm hilft das Deutsche Museum Hauptschülern auf die Sprünge ins Berufsleben.

Sie haben den Laborführerschein in der Tasche und damit Interesse für Physik und Chemie bewiesen. Mit dem Programm hilft das Deutsche Museum Hauptschülern auf die Sprünge ins Berufsleben.

Foto: Martin Wein

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie groß die Sauerei wohl gewesen ist, als Vivian und Dominik samt Mitschülern in der Experimentierküche des Deutschen Museums kürzlich in Sachen Gummibärchen Hand anlegten. Auch Dominiks Mitschüler Leonhard Martens verdreht noch jetzt die Augen: "Aber jetzt wissen wir, wie das geht - und geschmeckt haben sie auch", sagt der 15-Jährige.

Das Gummibärchen-Experiment ist nur eine von zehn Stationen, die Jugendliche aus Hauptschulen der Region absolvieren müssen, wenn sie im Deutschen Museum einen Laborführerschein erwerben möchten. 28 Teenager bekamen das Zertifikat jetzt nach dem jüngsten Durchgang in einer Feierstunde ausgehändigt. Damit wurden in den vergangenen sechs Jahren 377 Mädchen und Jungen ausgezeichnet und können nun ihr besonderes Interesse an technisch-naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen und Fragestellungen dokumentieren. Museumsleiterin Andrea Niehaus sagt dazu: "Der Laborführerschein verhilft zu mehr Chancengleichheit, ist berufsstiftend und wirkt entlang der Bildungskette."

Während die Schule vordringlich Wissen vermittelt, stellt der Laborführerschein spielerisch Berufsbilder im chemisch-technischen Bereich vor. Was etwa Drogisten, Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik, pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte, Industrie- und Werkzeugmechaniker oder Chemikanten täglich tun, erfahren die Jugendlichen bei eigenen Experimenten im Museum oder bei Hausbesuchen.

Die haben auch bei Vivian, Leonhard und Dominik den meisten Eindruck hinterlassen. Vor allem die Großanlagen des Kunststoffproduzenten Lyondell-Bassell in Wesseling fanden sie imposant. Beim Lokalfernsehen-Betreiber "Bergtv" in Bergisch-Gladbach erfuhren sie, wie man bewegte Bilder in Szene setzt. "Und bei den Kunststofftechnikern der Dr.-Reinhold-Hagen-Stiftung hat man uns gezeigt, wie sich Kunststoffflaschen aus Maisstärke herstellen lassen", erzählt Dominik. Die können nach Gebrauch einfach auf den Kompost. Das findet Dominik spitze.

Sehr viel früher als andere Altersgenossen wissen viele der "Laborfahrschüler" nach dem Programm etwas genauer, wohin ihre eigene berufliche Reise gehen könnte. Dominik etwa möchte nicht sein Leben lang an einer Werkbank stehen und immer dieselben Handgriffe verrichten. "Das stelle ich mir ziemlich langweilig vor", findet der 16-Jährige. Nach der 10. Klasse möchte er deshalb eine Ausbildung zum Elektroniker beginnen und danach zur Bundeswehr gehen. Leonhard interessiert sich für eine Arbeit als Mechatroniker. Vivian hat schon ganz konkrete Vorstellungen: Nach der Schule möchte die Achtklässlerin Zweiradmechanikerin werden. Räder gebe es in Bonn schließlich genug. Und jetzt hat sie es eilig, denn bei der Feierstunde ergibt sich spontan ein Vorstellungsgespräch.

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