Aggressive Bettler in Bonn Münsterpfarrei verbietet das Betteln am Portal

Bonn · Jahrzehntelang haben Bettler Besuchern des Bonner Münsters das Portal aufgehalten und dafür einen kleinen Obolus kassiert. Nun wurde ein Aufenthaltsverbot für Bettler verhängt.

„Die Zustände waren untragbar geworden“, bedauerte Münster-Sprecher Reinhard Sentis die Entwicklung in den vergangenen Monaten. „Bettler gab es immer an Kirchentüren“, so die Haltung von Stadtdechant und Münsterpfarrer Wilfried Schumacher. Doch immer mehr Kirchenbesucher hätten sich beschwert, einige hätten sich nicht mehr ins Münster getraut. Am Streit beteiligt gewesen seien vor allem in der Bonner Bettlerszene eher unbekannte Männer, die den Bettlern, die seit vielen Jahren den Türdienst verrichteten, den Platz streitig machen wollten. Einige von ihnen seien obendrein stark alkoholisiert gewesen.

„Wir hatten vorher kaum Probleme. Die Bettler haben einen wertvollen Dienst verrichtet, und wir und die Caritas waren immer im Gespräch mit ihnen“, berichtete Sentis. Manche besuchten sogar regelmäßig den Gottesdienst. Die Streetworker der Caritas hätten diese Bettler auch immer gut im Blick und böten ihnen Hilfe an. Im Frühjahr habe sich die Situation am Münster jedoch schlagartig geändert. Bei den Bettlern, die aggressiv geworden seien, soll es sich vor allem um Personen aus dem osteuropäischen Raum handeln.

Ein etwa 40-jähriger Kasache stand denn auch am Dienstagmittag mit einem Pappbecher in der Hand am Portal des Münsters. Er lasse sich das Betteln nicht verbieten, sagte der sichtlich stark angetrunkene Mann in gebrochenem Deutsch. Dann setzte er sich doch lieber wieder schnell auf die Stufen vor dem Münstereingang. „Wir wissen noch nicht, wie lange wir das Verbot aufrecht erhalten werden“, sagte Sentis. Stadtdechant, Kirchenvorstand und Sozialarbeitern überlegten zurzeit, wie ein ungehinderter Zugang zum Münster und ein „geordnetes“ Betteln am Portal in Zukunft sichergestellt werden könne.

Unabhängig von den Vorfällen am Münster hat der Verein für Gefährdetenhilfe (VfG) auch an anderen Stellen in Bonn Bettler ausgemacht, die sich gegenüber Passanten zunehmend aggressiv verhielten. „Man kann sie nicht über einen Kamm scheren, aber es gibt durchaus einige schwarze Schafe“, sagte VfG-Geschäftsführerin Nelly Grunwald. „Die machen dann den anderen Bettlern das Leben schwer.“ Diese Personen seien auch für den VfG nur schwer zugänglich. „Wir sagen den Menschen, die betteln, dass sie auf keinen Fall Passanten direkt angehen dürfen.“ Das gelte auch für die Verkäufer der Obdachlosen-Zeitung „fifty-fifty“. Wer sich nicht an die Regeln halte, bekomme die Legitimation für den Verkauf sofort entzogen.

Auf die Frage, ob Betteln heutzutage noch sein müsse, sagte Grunewald: „Obdachlose aus den osteuropäischen EU-Ländern haben zum Beispiel keine Ansprüche auf Sozialleistungen.“ Sie seien auf Unterstützung der Wohlfahrtsverbände angewiesen und besorgten sich über das Betteln etwas Geld. Wie Viktor aus der Slowakei. Der 31-Jährige sitzt zurzeit täglich in der Fußgängerzone auf dem Boden und hat eine Mütze vor sich liegen. Seinen Blick hält er gesenkt, er redet nur nur, wenn er angesprochen wird. Seine Geschichte: Er verdingt sich im Sommer seinen Lebensunterhalt mit Geigenspiel in deutschen Städten, weil sein Einkommen als Bauhelfer in seiner Heimat für ihn und seine fünfköpfige Familie nicht reicht. Vor einigen Tage habe man ihm die Geige gestohlen, jetzt müsse er betteln, um ein Ticket für die Heimreise bezahlen zu können. Ob die Geschichte stimmt, weiß niemand. Seine Mütze füllt sich kaum. „Der ist doch jung, der kann arbeiten“, sagt ein Mann im Vorbeigehen.

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