Zwischen Kiesel und Sand Deshalb gibt es so viele Muscheln am Rheinufer in Bonn
Bonn · Zwischen den Kieseln und im Sand sind sie überall zu finden: Das Rheinufer ist bedeckt von tausenden Muscheln. Beim derzeitigen Niedrigwasser fällt besonders auf, wie viele Schalen dort angespült werden. Doch warum sind es so viele?
Wenn man am Rheinufer spazieren geht, könnte man meinen, man wäre am Meer. Kinder planschen am Wasser, Möwen fliegen umher und Muscheln bedecken den Sand. Wer genauer hinschaut, erkennt, wie viele Schalen sich teilweise am Ufer befinden. Vor allem eine Muschelart ist besonders häufig am Rhein zu finden, dabei ist sie bei uns nicht heimisch. Die Schalen sind meist schwarz-weiß und zwischen zwei und drei Zentimeter groß. Laut Carola Winkelmann, Mitarbeiterin des Instituts für Integrierte Naturwissenschaften der Universität Koblenz-Landau, handelt sich um die Körbchenmuschel, die ihren Ursprung in Asien hat.
Die Körbchenmuschel ist eine sogenannte "invasive Art", erklärt Winkelmann. Das bedeutet, dass die Muschel nicht im Rhein heimisch ist, sich aber rasant ausbreitet und dabei sogar andere Ökosysteme schädigen kann oder andere heimische Arten verdrängt. Bei der Körbchenmuschel im Rhein, die aus Asien kommt und dort sogar gerne gegessen wird, sieht Winkelmann allerdings kein Problem. Andere einheimische Muschelarten wie beispielsweise die Malermuschel seien wesentlich größer und bräuchten andere Umweltfaktoren zum Überleben. Genau untersucht sei dies allerdings nicht.
Ein langer Weg bis in den Rhein
Im 19. Jahrhundert gelangten die Muscheln im Ballastwasser großer Frachtschiffe von Südostasien nach Nordafrika. Damals war es noch erlaubt, das Ballastwasser im Meer abzulassen. Heute ist es verboten, da viele Süßwasserarten im Salzwasser verendeten. Dies galt allerdings nicht für die Körbchenmuschel, die sich in den 1980er Jahren weiter in Europa ausbreitete. Laut eines Berichts des Landesamtes für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW (LANUV) wurde die Körbchenmuschel 1988 erstmals im Rhein entdeckt. Mittlerweile ist sie auch unter anderem in der Sieg, Swist und der Rur zu finden.
Körbchenmuscheln leben auf sandigen bis schlammigen Sedimentböden von Flüssen, Seen und Kanälen. Mit der Strömung werden die Schalen fort getragen und sammeln sich an strömungsberuhigten Bereichen wieder an, heißt es in dem Bericht des LANUV. Außerdem fühlt sich die Muschel in wärmerem Gewässer sehr wohl. Dass die Ausbreitung am Rhein in den 80er Jahren stattfand, hat einen guten Grund. In diesem Zeitraum stieg die Wassertemperatur den Rheins stark an. Laut LANUV stehe unter anderem die Klimaerwärmung mit der Ausbreitung im Zusammenhang.
"Doch wenn es zu heiß wird, kann es es zu einer erhöhten Sterberate der Muscheln kommen", erklärt Cornelia Winkelmann. Gerade die heißen Sommer in den Jahren 2002 und 2003 erhöhten die Temperaturen des Rheins teilweise über 15 Grad. Die Muschelpopulation ging in der Folge zurück. Auch schnell sinkende Wasserstände würden laut Winkelmann dazu führen, dass die Muscheln dem Wasser nicht schnell genug folgen können und dann am Ufer vertrocknen. Dadurch käme es im Sommer bei niedrigen Wasserständen immer wieder zu solchen großen Ansammlungen von Körbchenmuschel-Schalen wie jetzt in Bonn.
Die Gewässer werden zum Überleben zu warm
Die momentane Hitze in Bonn und der Region ist Grund zur Sorge um Muscheln und auch Fische. Wegen steigender Temperaturen unter anderem im Rhein hat das Umweltministerium Rheinland-Pfalz eine erste Warnstufe für Gewässer ausgerufen. Der Rhein bei Mainz erreichte am Dienstag 25,3 Grad. Höhere Temperaturen werden noch erwartet. Damit ist auch eine zweite Warnstufe nicht ausgeschlossen.
„Hohe Wassertemperaturen gefährden die Lebewesen in unseren Gewässern“, sagte die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). Lebewesen wie Muscheln würden für die Reinhaltung des Wassers sorgen. Das sieht auch Winkelmann so: "Körbchenmuscheln sind mitunter dafür verantwortlich, dass der Rhein im Vergleich zur Mosel oder Lahn sehr klar ist. Die Muscheln filtern das Wasser, um sich zu ernähren und befreien es so von Algen und Trübstoffen."