„Rock'n'Rollator-Show“ Musical über Lust und Last des Alterns

BONN · Die in Bonn und der Region seit vier Jahren tourende „Rock'n'Rollator-Show“ hat schon 70 Vorstellungen auf dem Buckel. Mehr als 14.000 Zuschauer haben das Stück schon gesehen, zumeist über 45-Jährige, sogar 90-Jährige, aber durchaus auch junge Leute.

 Szene aus der Show der „Groove & Grufties“: Ulrich Abt (rechts), der 74-jährige ehemalige Leipziger Thomaner-Chorsänger , ist in seinem Element.

Szene aus der Show der „Groove & Grufties“: Ulrich Abt (rechts), der 74-jährige ehemalige Leipziger Thomaner-Chorsänger , ist in seinem Element.

Foto: Horst Müller

Auf der Springmaus-Bühne biegt sich ein älterer Herr mit eisgrauen Haaren im fetzigen Rhythmus. Dann röhrt er ins Mikrofon. Ulrich Abt, den jeder im Team der „Rock'n'Rollator-Show“ nur „Uli“ nennt, ist in seinem Element.

Der 74-jährige ehemalige Leipziger Thomaner-Chorsänger berichtet schmunzelnd, dass er von seiner Frau zur 20-köpfigen Gruppe „The Groove & Grufties“ regelrecht „hingeprügelt“ wurde. Jahrzehnte hatte der Datentechniker mit der, wie er selbst bekennt, bunten Vergangenheit, nicht mehr gesungen. Weltenbummler wollte der Junge aus der ehemaligen DDR einst werden.

Der Beruf als Geschäftsmann sei dazwischengekommen. „Rock’n'Roll-Musik inspiriert meine Freiheitsliebe“, sagt Ulrich Abt, der so klasse singt.

Auch viele Jüngere klatschen begeistert

Im meist ebenfalls angejahrten Publikum klatschten auch viele Jüngere begeistert Beifall. Die Schrecken des Alterns, sie werden in diesem seit vier Jahren in Bonn und Umgebung tourenden Musical von Michael Barfuss in fröhlichen, fast wütenden, aber auch skurrilen Momenten spürbar. Doch eben immer souverän und lustvoll, so wie dieser Urich Abt fit wie ein Turnschuh über die Bühne rockt.

„Mittlerweile spielen wir das Stück in fast 70 Vorstellungen. Dabei waren anfangs für das Theater Bonn nur fünf geplant“, erzählt Regisseur Barfuss. Seit zwei Jahren ist die Springmaus Spielstätte, und die Truppe tourt in Köln, Oberhausen und Düsseldorf. „Wir haben die Show überarbeitet, mit mehr deutschen Liedern und Texten“, sagt Barfuss.

Gibt es Abgänge, neue Kräfte? Erstaunlich sei, dass bis auf wenige Ausnahmen ein konstanter Kreis blieb und sogar junge Sängerinnen dazukamen. „Und alle nehmen die Proben sehr ernst.“ Mittlerweile hätten sich Freundschaften gebildet, und Diamantene Hochzeiten oder ein Abitur würden gemeinsam gefeiert. „Das Generationen übergreifende Modell hat sich bewährt“, so Barfuss.

Mehr als 14.000 Zuschauer

Mehr als 14.000 Zuschauer hätten das Stück schon gesehen, zumeist über 45-Jährige, sogar 90-Jährige, aber durchaus auch junge Leute. „Wir haben geweint, gelacht, gestaunt. Und sie haben uns Mut gemacht, das Alter kommt uns jetzt gar nicht mehr so schrecklich vor“, komme oft als Reaktion.

Und welche Pannen gab es schon? Barfuss denkt nach. „Eher das Gegenteil, die Gruppe ist mittlerweile unglaublich flexibel“, antwortet er. So seien kürzlich von sieben jungen Damen, die die „Jugendtruppe“ darstellen, nur drei verfügbar gewesen. „Und dieses Trio hat die Situation mit schnellen Übernahmen bravourös gemeistert“, sagt der Regisseur stolz.

Und welche Momente seien für ihn, „den Macher“, am schönsten? Wenn die Gruppe in Gemeinden und Altersheimen spiele, erklärt Barfuss. In einer Demenzeinrichtung, fast in einem Wohnzimmer, hätten seine Sänger ganz spontan angefangen, mit den Bewohnern und Zuschauern zu tanzen.

„Ich habe selten so viel Seligkeit in den Gesichtern gesehen. Und einem dementen, aber sehr würdigen Herrn liefen die Tränen übers Gesicht, als sich seine Tanzpartnerin von ihm verabschiedete“, so Barfuss. Mittlerweile habe man auch ein Management, das für 2017 schon eine ganze Anzahl von Konzerten in mehreren Städten vereinbart habe. „Es gibt sogar eine Option für einen Auftritt in Tallinn auf einem internationalen Chorfestival.“ Man arbeite zudem weiter an neuen Liedern. Die Show solle halt immer wieder frisch gehalten werden.

Die nächsten Termine: 17. November und 19. Januar, jeweils 20 Uhr, Springmaus, Frongasse 8

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