"Wir haben den Rock gelebt" Nach Mr. Music steht kein Schlussstrich

Bonn · Nach 25 Jahren macht Bernd Gelhausen seinen Plattenladen Mr. Music in der Bonner Innenstadt dicht. Ganz aufzuhören, das bringt er aber nicht übers Herz. Ein Porträt.

Die letzten Wochen und Tage sind schmerzvoll: "Es ist verdammt komisch, ins Geschäft zu kommen und zu sehen, wie die Regale leerer und leerer werden", sagt Bernd "Bernie" Gelhausen. Seit 25 Jahren führt er den Musikladen Mr. Music in der Maximilianstraße. Nun muss er miterleben, wie es zu Ende geht.

Im Januar hatte er angekündigt, dass er zum 30. Juni aufhören wird. Am 24. Juni ist der letzte Öffnungstag für den Ausverkauf, danach ist Aufräumen angesagt. Die Verkaufszahlen waren schon in den vergangenen Jahren stark rückläufig. Das einst lukrative Geschäft mit Tonträgern hat es mit dem digitalen Wandel schwerer und schwerer. Wenig einladend ist auch die Baustelle an der Südüberbauung, direkt vor seinem Geschäft. Da hat Gelhausen die Reißleine gezogen.

Der Schritt ist ihm schwer gefallen. Wer Gelhausen reden hört, merkt schnell, welche Bedeutung Musik für ihn hat. Er wuchs in der Südstadt auf, brannte als Kind und Jugendlicher für den Sport. Mit einem Freund spielte er Tischtennis. Während das Bällchen hin und her tickte, hörten sie Musik von Status Quo. Die volle Dröhnung. "Wir haben uns in Ekstase gespielt und Rock gehört", erinnert sich Gelhausen.

Musik statt Fußball

Irgendwann ging er zu einem Status Quo-Konzert in Köln; ab da verschoben sich die Prioritäten in seinem Leben. Die erhoffte Profikarriere als Fußballer beim FC Köln verfolgte er nicht weiter, ist aber bis heute treuer Fan. "Ein weiteres Talent versumpfte", sagt der heute 58-Jährige mit einem feinen Lächeln. Stattdessen kauft sich der Schüler am Friedrich-Ebert-Gymnasium eine Gitarre. Und spielt.

Bei einem Auftritt der Kölschrocker BAP hört er Klaus Heuser, den sie schon damals nur den Major nannten. Es stellt sich eine unerfreuliche Erkenntnis ein. "Ich dachte, so wirst du nie spielen können." Was macht nun der Musikbegeisterte, wenn es an Talent für ein Instrument fehlt? Er wechselt ins Fach des Musikmanagers.

Rock'n'Roll bedeutet Risiko, auch auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen. Gelhausen war bereit, dieses Risiko einzugehen. Etwas Geld hatte er aus einer Erbschaft. Er organisierte also Konzerte und eine Plattenaufnahme für die Band Cutty Sark bei Dieter Dierks, dem Produzenten der Scorpions. "Ich habe dann versucht, die Schallplatte an Plattenfirmen zu verdealen."

Als das Projekt wegen Meinungsverschiedenheiten auseinander ging, schusterte Gelhausen aus mehreren Bonner Bands die Musikkombo Trans Am zusammen. "Wenn ich heute zurückdenke, muss ich sagen: Das war die beste Zeit unseres Lebens. Bei allem, was auch schiefgelaufen ist. Wir haben nicht nur von Rock geredet. Wir haben ihn gelebt."

Aufgeben ist nicht drin

Der große Durchbruch bleibt auch mit den Hardrockern von Trans Am aus. Dabei war man, so erzählt Gelhausen, "ziemlich dicht dran". Trans Am stand vor einem Deal mit einem bekannten Label und sollte mit den US-amerikanischen Musikern von Toto vor großem Publikum auftreten. Doch beim entscheidenden Contest machte eine andere Band das Rennen. "Die Mädels haben halt die hübschen Jungs gewählt", sagt Gelhausen. Seine finanziellen Rücklagen schmolzen dahin. Und als er den Hut bei den Musikern herumgehen ließ, um weiterzumachen, blieb der Hut leer.

Mit seinem restlichen Geld beschloss er im Jahr 1992, Mr. Music zu eröffnen. Im Bonner Musikgeschäft Elpi hatte er in jungen Jahren gejobbt. "Die Dinge ergeben sich, wenn genug Herzblut, Ahnung und Raum vorhanden sind", glaubt der 58-jährige Vater zweier Töchter, der mit seiner Familie in Niederkassel-Mondorf lebt.

25 Jahre hält er das Geschäft über Wasser mit Platten-, Ticket-, T-Shirt-Verkauf, dem FC-Shop und der Organisation von Konzerten. Und wie soll es jetzt weitergehen? Gelhausen will sich ein paar Monate Auszeit gönnen. Aber so ganz aufhören will er offenbar nicht. "Vielleicht mache ich noch einmal ein kleines Musikgeschäft auf", sagt Gelhausen. In Endenich, wo er lange gelebt hat, könne er sich so etwas vorstellen. Und dann hebt der Rocker mit den langen grauen Haaren, den Blue-Jeans und dem schwarzen T-Shirt eine Flasche Mineralwasser an und nimmt einen kräftigen Schluck aus der Pulle.

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