Angeklagter soll Prostituierte getötet haben Nach sechs Jahren Untersuchungshaft auf freiem Fuß

BONN · Auf freien Fuß gesetzt worden ist Anfang dieser Woche ein 56-Jähriger aus Sankt Augustin, der knapp sechs Jahre in Untersuchungshaft gesessen hat - für einen Mord, den er nicht begangen haben will.

Wie Peter-René Gülpen, der Verteidiger des herzkranken Mannes, mitteilte, hatte die von ihm beim Kölner Oberlandesgericht (OLG) eingelegte Haftbeschwerde Erfolg.

Sein Mandant soll im Juni 2009 eine 37-jährige Prostituierte im Bonner Eroscenter an der Immenburgstraße getötet haben. Im August 2009 waren sich die Ermittler sicher, dass der Freier aus Niederpleis die Frau getötet hat - der ehemalige Werkstattbetreiber wanderte in Untersuchungshaft.

Es folgten zwei Verurteilungen wegen Mordes durch das Bonner Landgericht, doch beide Male ging der Fall erfolgreich in die Revision: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hob die Urteile jeweils auf.

Nach der zweiten Entscheidung der Bundesrichter im vergangenen Jahr wurde der Fall ans Kölner Landgericht abgegeben. Dort sollte der dritte Prozess um den Tod der Prostituierten ursprünglich im Januar dieses Jahres beginnen.

Doch das Verfahren geriet laut Gülpen "schwer ins Stocken". Derzeit sieht es so aus, als ob der Prozess in Köln am 6. August starten kann - dem Tag, an dem der Angeklagte genau sechs Jahre in Untersuchungshaft gesessen hätte.

Bundesgerichtshof moniert mögliche Verfahrensfehler

Die "überlange Verfahrensdauer" führte laut dem Verteidiger zusammen mit dem schlechten Gesundheitszustand seines Mandanten dazu, dass das Oberlandesgericht der eingelegten Haftbeschwerde nun stattgab. Unterkommen kann der 56-Jährige bei Familienangehörigen, so Gülpen. Das größte Augenmerk lege sein Mandant nun auf eine gute Behandlung seiner Herzerkrankung.

Vor Gericht hatte der Angeklagte eingeräumt, gemeinsam mit einer Kollegin des Opfers geplant zu haben, die 37-Jährige auszurauben. Die Begehung des Mordes bestreitet er laut Gülpen jedoch bis heute. Angeblich wollte der 56-Jährige die Prostituierte um knapp 40.000 Euro berauben. Mit dem gesparten Geld wollte die 37-Jährige zu ihrer Familie in die Dominikanische Republik fliegen.

Laut eigenen Angaben war der 56-Jährige in der Nacht auf den 27. Juni 2009 im Zimmer des späteren Opfers. Er will sich jedoch spontan gegen den Raubplan entschieden haben. Als er gegen zwei Uhr gegangen sei, habe die Frau noch gelebt.

Der Version des Angeklagten schenkten die Bonner Richter jedoch keinen Glauben. Der BGH in Karlsruhe monierte allerdings, dass in beiden Verfahren die Aussagen von zwei Zeuginnen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

Die Frauen, ebenfalls Prostituierte, wollen das Opfer am darauffolgenden Mittag noch lebend gesehen haben. Zudem habe der rechtsmedizinische Gutachter den Todeszeitpunkt auf die Zeit zwischen sieben Uhr und halb zwei des darauffolgenden Tages eingegrenzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort