Bonner Scouter Nepal im Herzen und Hinterkopf

Bonn · 30 Bonner Jugendliche halfen vor einem Jahr beim Aufbau einer vom Erdbeben zerstörten Grundschule in Nepal. 2017 wollen die Scouter wieder für ein soziales Projekt in das Himalaya-Land fahren und sich nachhaltig engagieren.

 Bewohner der Chepang-Ethnie im nepalesischen Dorf Kalikhola blicken nach den verheerenden Erdbeben 2015 in die Zukunft. Sie hoffen nach dem Wiederaufbau der Grundschule durch die Bonner Scouter auf weitere Unterstützung.

Bewohner der Chepang-Ethnie im nepalesischen Dorf Kalikhola blicken nach den verheerenden Erdbeben 2015 in die Zukunft. Sie hoffen nach dem Wiederaufbau der Grundschule durch die Bonner Scouter auf weitere Unterstützung.

Foto: Fabian Vögtle

Vor einem Jahr kamen sie geschafft zurück nach Bonn. 30 Jugendliche der Pfadfinder-Gruppe Scouting Bonn hatten über drei Wochen lang eine zerstörte Grundschule im Süden Nepals wiederaufgebaut und ein Krankenhaus renoviert. „Das war zum richtigen Zeitpunkt genau die richtige Initiative“, sagt Jan Olbrich heute rückblickend auf die Zeit in der Region Chitwan. Mit eigenen Händen die erste Schule im von den verheerenden Erdbeben im Frühjahr zerstörten Himalaya-Land errichtet zu haben. Das machte Olbrich als Leiter des Hilfsprojekts und seine Gruppe mächtig stolz.

Noch wichtiger ist aber die während der drei Wochen gewonnene Sympathie für die Menschen vor Ort und damit die Motivation, die Chepang weiter zu unterstützen. Die vor allem in Bergdörfern lebende Ethnie hat nur durch den Zugang zu Bildung die Chance, ihrer Armut zu entfliehen. Dafür sind überdachte Klassenzimmer, in denen Unterricht stattfinden kann, ein wichtiger Baustein. Doch man müsse auch schauen, welche Aussichten die Schüler aus dem nepalesischen Volksstamm im Anschluss hätten, findet Olbrich, der zu Hause im Hauptberuf ein Umzugsunternehmen leitet.

Jungs haben nach der Schule kaum Perspektiven

„Für die Mädels gibt's nach der Schule Möglichkeiten, die können etwa Krankenschwester werden. Für die Jungs gibt es nichts“, beschreibt er die Situation, die an der Navodaya School herrscht. An der weiterführenden Schule, die vom Erdbeben verschont geblieben war, hatten die Scouter bei ihrem ersten Besuch 2013 und auch 2015 ihre Zelte aufgeschlagen. Dort lernen sowohl Mädchen als auch Jungen unter anderem Englisch. Einige wenige schaffen nach ihrem Abschluss den Gang zur Uni.

Doch die meisten kehren wieder zurück in ihre Dörfer. Olbrich hat seit dem letzten Besuch in Nepal deshalb einen Plan. „Elektriker, Schreiner und Maurer braucht das Land. Nicht nur Studierte“. Der Bonner möchte mit seinen Scoutern beim nächsten Trip 2017 an der Navodaya School eine Werkstatt einrichten. Die Einheimischen seien zwar fleißig, aber meist fehle ihnen das handwerkliche Know-How. „Fliesenleger, die eine Platte richtig legen können. Das wäre schon mal ein Fortschritt“, sagt er. Dazu müsse es aber eine bessere Infrastruktur geben.

Um sich ein aktuelles Bild der Lage zu machen, fährt Olbrich deshalb im kommenden Monat zusammen mit Simon Reinsch, der 2015 auch schon dabei war, nach Nepal. Mit Sascha Wimmer ist zum ersten Mal auch ein Elektro- und Sanitär-Meister dabei. „Es kann allen helfen, wenn wir einen Experten an unserer Seite haben“, sagt Olbrich. Die Idee: Der Geschäftsführer des alteingesessenen Bonner Familienbetriebs soll ausloten, was man vor Ort alles auf die Beine stellen kann, und nächstes Jahr auch die Gruppe beim sozialen Projekt begleiten.

Künftig sollen Azubis aus Bonn nach Nepal

Auch mit der Handwerkskammer in Bonn möchte Olbrich demnächst ins Gespräch kommen . Denn falls an der Schule die gewünschte Werkstatt entsteht, sollen künftig einige Azubis aus Betrieben in der Region für ein paar Monate nach Nepal gehen und dort handwerklich mit den Schülern arbeiten.

„Das wäre eine Win-win-Situation“, findet Olbrich. Einige Azubis, etwa von Wimmer Service, hätten bereits Interesse angemeldet und der Leiter der Navodaya School sei ebenfalls von der Idee begeistert. Schließlich gehe es hierbei um ein langfristiges Engagement. Damit sei das Projekt auch messbar für alle Sponsoren“, so Olbrich. „ Wir wollen den Geldgebern in Deutschland zeigen, was da unten passiert“, sagt er.

Neben dem Aufbau einer Werkstatt und der künftigen handwerklichen Ausbildung der jungen Nepali steht 2017 das Krankenhaus in Tandi im Fokus. Dort hatten die Scouter vergangenes Jahr ein Dach installiert und Krankenzimmer renoviert. Ruth Gonseth, Schweizer Ärztin an dem Krankenhaus, schätzt die Hilfe der Bonner. „Es ist toll, dass die Scouter ihre Projekte so zielstrebig weiterverfolgen“, sagte sie jüngst bei einem Besuch in Bonn. Das Dach auf dem Krankenhaus halte bis heute dicht. „Es regnet nicht mehr rein und bei Hitze im Sommer hält es die Sonne ab“, lobt Gonseth. Das sei wie eine natürliche Klimaanlage.

Im Krankenhaus wollen die Pfadfinder neue Böden verlegen

Mit der nun trockeneren Situation im Haus könnten 2017 endlich die Böden für die Behandlungs- und Patientenzimmer gelegt werden. Das machte im vergangenen Jahr noch keinen Sinn, da die Räume einfach zu feucht waren. In sechs bis acht Zimmern wolle man den neuen Boden verlegen, so Olbrich. Das sei in drei Wochen machbar. Rund 1400 Quadratmeter hochwertiger Kautschukboden, kostenlos von der Firma Nora Systems zur Verfügung gestellt, könne man dafür verwenden. „Die geben uns zuvor eine Schulung, wie man den Boden fachgerecht verlegt – und dann ab nach Nepal“, freut sich Olbrich. Derzeit verhandelt er mit der DHL über den kostenlosen Transport des Bodenbelages von Bonn nach Tandi: „Wir hoffen, dass der Boden bis kommenden Herbst in Nepal vor Ort ist.“

Dass der Transport von privaten Hilfsgütern aus Europa nach Asien nicht so einfach ist, weiß auch Ruth Gonseth, die mit ihrer Schweizer Nichtregierungsorganisation die Klinik am Rande des Chitwan-Nationalparks seit einigen Jahren in Schuss bringt. Einen Container mit Instrumenten aus ihrem Heimatland hing im Sommer fünf Wochen lang in Indien fest. Unter Polizeischutz wurden die 40 Tonnen schließlich über die Grenze bis nach Tandi gebracht. „Da läuft eben nicht alles immer so wie erwartet“, sagt Gonseth und fügt hinzu: „Aber ich bleib da mittlerweile ruhig, denn ich bin schon mehr Nepali als Schweizerin.“

In Nepal zu sein, sei immer wieder ein „Aufblüh-Virus“, sagt sie. Und genau dieses Virus stachelt auch die Bonner Jugendlichen an. Ein gutes Dutzend hat laut Olbrich schon Interesse an der Fahrt im kommenden Jahr angekündigt – und einige Leute spendeten bereits für 2017.

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