Polizei veröffentlicht Unfallstatistik Unfälle mit Pedelecs und E-Rollern in Bonn drastisch gestiegen

Bonn · Auch 2021 hat die Corona-Pandemie Verkehrsaufkommen und Unfälle gebremst. Viel Arbeit bereiten der Bonner Polizei jedoch die elektronischen Zweiräder. Besonders oft kracht es in Bonn an Kreuzungen und Einmündungen.

 Der Konrad-Adenauer-Damm gilt als ein Unfallhäufungsschwerpunkt. Das Bild zeigt die Folgen eines Zusammenstoßes im vergangenen Herbst.

Der Konrad-Adenauer-Damm gilt als ein Unfallhäufungsschwerpunkt. Das Bild zeigt die Folgen eines Zusammenstoßes im vergangenen Herbst.

Foto: Matthias Kehrein

Die Corona-Pandemie und die zunehmende Verbreitung von E-Rollern und Pedelecs hinterlassen ihre Spuren in der Verkehrsunfallstatistik der Bonner Polizei. Dies allerdings auf höchst unterschiedliche Weise.

Denn während die Pandemie das Verkehrsaufkommen in Bonn und der Region und damit die Gefahr im Straßenverkehr im zweiten Jahr in Folge vergleichsweise niedrig hält, müssen die Beamten immer häufiger Zwischenfälle mit den neuartigen Zweirädern zu Protokoll nehmen. Am Montag stellte die Polizei die Verkehrsunfallstatistik für das vergangene Jahr vor. Polizeipräsident Frank Hoever konnte dabei eine weitere gute Nachricht verkünden: Nur bei 11,4 Prozent aller Unfälle kamen Menschen zu Schaden.

Verkehrsaufkommen: Als „Stagnation, mit der wir sehr gut leben können“, bezeichnete Polizeirat Michael Brockmann den deutlichen Rückgang der Gesamtzahl der Unfälle in Bonn und den acht Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises, für die die Bonner Polizei ebenfalls zuständig ist. Zwar sei die Zahl mit 15.515 Unfällen gegenüber 2020 (15.304) wieder leicht angestiegen, so der Leiter der Direktion Verkehr. Die Jahre vor 2020 mit Unfallzahlen jenseits der 17.000 zeigten jedoch die Korrelation mit der Pandemie, die das Verkehrsaufkommen offenkundig insgesamt gebremst hat.

Vorfahrt wird oft missachtet

Unfallursachen: Besonders an Kreuzungen und Einmündungen tun sich die Verkehrsteilnehmer schwer: Bei 735 Unfällen lagen Fehler in Bezug auf Vorfahrtsregel oder beim Abbiegen und Wenden zugrunde. Zum Vergleich: In lediglich 71 Fällen wurde Alkohol als Ursache registriert, 86 Mal war überhöhte Geschwindigkeit der Grund.

Verunglückte: Mit 2109 Menschen, die bei einem Unfall Schaden nahmen, lag deren Zahl minimal über dem Vorjahresniveau (2091). „Erfreulich ist der Rückgang der Schwerverletzten um 11,7 Prozent“, so Hoever. Die Zahl der tödlich verunglückten Menschen blieb mit acht konstant, sechs von ihnen waren Fußgänger. Trotz dieser tragischen Fälle weisen die Zahlen der Verletzten darauf hin, dass Fußgänger in Bonn sicherer leben als früher: „Nach einem Minus von 17 Prozent im Jahr zuvor sank die Zahl der verunglückten Fußgänger 2021 noch einmal um 15,7 Prozent“, rechnete Brockmann vor. Ergebnis: Erstmals in den vergangenen zehn Jahren lag die Zahl der in Unfälle verwickelten Fußgänger mit 199 Fällen unter der Marke von 200. Einen deutlichen Rückgang gab es auch bei der Gesamtzahl der Schwerverletzten, deren Zahl von 300 im Jahr zuvor auf 265 sank. Dies ist ein Rückgang um 11,7 Prozent, der besonders im Vergleich zum Landestrend (minus 2,2 Prozent) heraussticht.

Weniger Fahrradunfälle

Radfahrer: Auch hier konnten der Polizeipräsident und seine Kollegen eine erfreuliche Tendenz vermelden: Mit 580 verunglückten Radfahrern – gegenüber 2020 ein Rückgang um 9,4 Prozent – wurde mit Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt ein Tiefstwert erreicht.  „Ein guter Wert – gemessen daran, dass Bonn eine Fahrradstadt ist“, konstatierte der Polizeipräsident, bevor er zu seinem großen Aber überleitete.

Pedelecs und E-Scooter: Dies beiden Gruppen gelten den Verantwortlichen im Bonner Polizeipräsidium als „Sorgenkinder“, wie es Michael Brockmann ausdrückte, Denn: Die Zahl der verunglückten Pedelecfahrer stieg um 45,2 Prozent auf 151 und hat sich in den beiden zurückliegenden Jahren exakt verdoppelt. Gar um 121 Prozent steig die Zahl der Personen an, die im Umgang mit E-Scootern einen Unfall hatten. Gerade der Trend zu Pedelecs, also Elektrorädern, sei in Bonn offensichtlich besonders stark ausgeprägt, bewertete Brockmann die Zahlen. Er befürchte, dass sich dieser Trend noch fortsetzt, hoffe aber zugleich auf mehr Einsicht und Vernunft bei den Benutzern: „Man muss einfach einsehen, dass sich Geschwindigkeit, Gewicht und Bremsweg bei einem Pedelec von einem normalen Fahrrad unterscheiden“, so der Leiter der Direktion. Entsprechend sollte der Umgang zunächst einmal geübt werden. Vor allem auf Alkohol und Drogen, aber auch auf mangelnde Übung seien hingegen die 73 Verletzten zurückzuführen, die es 2021 (2020: 33) bei Unfällen mit E-Scootern gab. Was viele Betroffene offenbar immer noch überrascht: Die E-Roller gelten als Kraftfahrzeuge. Wer sie betrunken fährt, gefährdet seinen Führerschein.

Ein Viertel der Unfallfahrer flüchtet

Verkehrsunfallfluchten: Auch ihre Zahl stieg 2021 wieder leicht auf 4157 an. Das bedeutet, dass sich in Bonn jeder vierte Unfallbeteiligte heimlich vom Ort des Geschehens davonstiehlt. Eine Erklärung, so die Polizei, könne die hohe Zahl an Dienstwagenflotten sein, bei denen sich die Anzeige gegen Unbekannt aufgrund der Vollkasko-Versicherungen lohne. Hinnehmen werde man das nicht, sagte Hoever und verwies auf die Aufklärungsquote, die ebenfalls gestiegen ist und mit 6,5 Prozent nicht nur weit über dem Landesschnitt (minus 1,6 Prozent), sondern in Bonn auch auf dem zweithöchsten Stand seit sechs Jahren liegt.

Unfallhäufungsstellen: Von denen gibt es in Bonn inzwischen mehr als 100, was vor allem an einer veränderten Erfassungsweise liegt. Nach besonders neuralgischen Punkten gefragt, nannte Polizeihauptkommissar Thomas Giershausen von der Direktion Verkehr die Kennedybrücke (gefährlich für Radfahrer), ZOB (viele Fußgänger betroffen) sowie mit Blick auf Autounfälle den Konrad-Adenauer-Damm und Brüser Damm in Duisdorf sowie die Siegburger und die Fränkische Straße in Beuel. Über die Seite gefahrenstellen.de im General-Anzeiger können Verkehrsteilnehmer zudem selbst gefährliche Punkte auf den Bonner Straßen markieren.

 Hoever: Werden rücksichtsloses Verhalten konsequent ahnden

Ahndung: Auch bei allen anderen Verkehrsdelikten ist laut Frank Hoever von der Bonner Polizei konsequentes Handeln zu erwarten: „Neben der Verkehrsunfallprävention und der Mitwirkung an der Verkehrsraumgestaltung ist es mir auch wichtig, dass wir insbesondere grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten im Verkehr konsequent ahnden“, sagte der Polizeipräsident. So sei die Sicherheit von Radfahrern zwar ein „behördenspezifischer Schwerpunkt“; dies ändere jedoch nichts daran, dass gegen rücksichtslose Radfahrer ebenfalls konsequent eingeschritten werde. 2500 Verkehrsverstöße durch Radfahrer wurden im vergangenen Jahr zu Protokoll genommen.

Die vollständige Unfallstatistik gibt es unter https://bonn.polizei.nrw/statistiken-der-polizei-bonn.

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