Streik der Erzieher "Nicht für 'nen Appel und ein Ei"

BONN · 3500 streikende, meist weibliche, Erzieher in Kindertagesstätten, Offenen Ganztagsschulen und in der Sozialarbeit aus ganz NRW haben gestern Mittag in der Innenstadt Flagge für den bundesweiten Streik der sozialen Berufe gezeigt.

 Lautstark fordern die rund 3500 Kita-Mitarbeiter die finanzielle Wertschätzung ihres Berufs.

Lautstark fordern die rund 3500 Kita-Mitarbeiter die finanzielle Wertschätzung ihres Berufs.

Foto: Horst Müller

Mit ohrenbetäubendem Pfeifen und Trommelschlagen zogen sie in der magentaroten Farbe ihrer Fachgewerkschaft Komba zum Münsterplatz. "Ich bin eine von euch. Wir werden auch nach zwei Wochen Streik weiter selbstbewusst auftreten. Wir knicken nicht ein", rief ihnen auf dem Podium Sandra van Heemskerk, Erzieherin und Vorsitzende des Bundesfachbereichs Sozial- und Erziehungsdienst der Gewerkschaft, zu. Die Protestierenden hielten Schilder mit Aufschriften wie "Erziehersein für 'nen Appel und ein Ei, das ist vorbei" hoch. Ironisch kommentierten andere ihre Lage: "Erzieher werden gut bezahlt, und die Kinder bringt der Storch." Auf Plakaten hatten weitere geschrieben: "Ich streike, weil es Kindeswohl nicht zum Nulltarif gibt."

"Wir schätzen die Stadt Bonn. Aber fordern sie heute auf, im Verband endlich dafür zu werben, dass ihre Erzieher nicht mehr unter Wert bezahlt werden", sagte Andreas Hemsing, der stellvertretende Vorsitzender der Komba NRW und beauftragte Verhandlungsführer, dem GA. Die Zeit der Lippenbekenntnisse sei vorbei. Wenn der Genosse und Bundesminister Siegmar Gabriel immer nur sage, "es müsste sich etwas ändern", antworteten die Streikenden heute auf dem Bonner Münsterplatz: "Es muss".

Der bisherige Streik habe schon erreicht, dass in der Gesellschaft endlich über die berechtigten Forderungen der Erzieher ernsthaft diskutiert werde. "Tatsächlich stehen jetzt die Arbeitgeber unter Druck. Sie haben lange genug die hohe soziale Kompetenz und das Gutmenschentum der Erzieherinnen und Erzieher ausgenutzt", betonte Hemsing.

Jetzt heiße es ein lautstarkes Signal an die kommunalen Arbeitgeber zu senden, damit aus wenigen Zugeständnissen endlich eine echte Verhandlungsbasis werde. Sobald von Arbeitgeberseite ein ernsthaftes Angebot vorliege, sei es für ihn selbstverständlich, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, bekräftigte der Komba-Sprecher. "Wir wissen, dass wir den Eltern gerade viel abverlangen. Aber das Verständnis für die Forderungen ist da. Sie wissen, dass die Kitas den Grundstein für die Bildung ihrer Kinder legen und dass mehr Wertschätzung für die Erzieher in den Einrichtungen eine gestiegene Wertschätzung für ihre Kinder bedeutet", so Hemsing. Er appelliere also an die Passanten und alle betroffenen Familien, die in Bonn zuständige Verwaltung aufzufordern, die Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst zu unterstützen. "Kontaktieren Sie Ihren Oberbürgermeister, machen Sie was."

Das Land stehe aktuell mit den kommunalen Spitzenverbänden in Gesprächen, antwortete Stephanie Paeleke-Kuhlmann, Pressesprecherin des Familienministeriums, dem GA. Der öffentliche Finanzierungsanteil der Kindertageseinrichtungen werde bisher zu etwa gleichen Teilen von Land und Kommunen getragen. Dies gelte auch für die Mehrkosten durch die jährliche Anpassung der KiBiz-Pauschalen um 1,5 Prozent. "Das Land ist grundsätzlich zur Überprüfung und Erhöhung bereit.

Die kommunalen Spitzenverbände allerdings haben bisher die Beteiligung an einer Erhöhung der Pauschale abgelehnt", erläuterte die Sprecherin. Würde trotzdem eine höhere Pauschale im KiBiz festgeschrieben, müsste das Land vor dem Hintergrund der Konnexitätsbestimmungen nicht nur den eigenen Anteil, sondern auch den der Kommunen übernehmen. "Da das Land bisher alle qualitativen Verbesserungen im Bereich der Kindertagesstätten seit 2010 alleine finanziert, können weitere Verbesserungen nur gemeinsam mit den Kommunen bewältigt werden", so Paeleke-Kuhlmann.

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