Wolfgang Grießl im Interview "Nicht zu bauen, ist die teuerste Lösung"

Der 30. Juni steht vor der Tür. Bis dahin sollte die Stadtverwaltung klären, ob der Bau eines Festspielhauses finanzierbar sei. Kurz vor dem Stichtag sprachen Andreas Baumann und Bernhard Hartmann mit dem Initiator der Festspielhaus-Kampagne "5000 x 5000 für Beethoven", Wolfgang Grießl.

Wolfgang Grießl: "Wir führen aussichtsreiche Gespräche mit Großsponsoren."

Wolfgang Grießl: "Wir führen aussichtsreiche Gespräche mit Großsponsoren."

Foto: Volker Lannert

Wie optimistisch sind Sie, dass die Stadtverwaltung einen Vorschlag präsentiert, der ein Festspielhaus noch realisierbar erscheinen lässt?
Wolfgang Grießl: Es geht um aussagefähige Konzepte zur Finanzierung des Festspielhauses und zur Sanierung der alten Beethovenhalle. Was die Finanzierung betrifft: Ich bin mit "Grießl and Friends" etwa bei 2,5 Millionen Euro. Wir werden innerhalb der nächsten Wochen drei Millionen Euro erreichen, Ende des Jahres dann fünf Millionen.

Wie verbindlich ist das?
Grießl: Es sind verbindliche Unterschriften, die aber nicht notariell beglaubigt sind. Aber so läuft das ja auch nicht. Ich habe von einem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden die schriftliche Zusage, das Projekt ab 2013 mit 10.000 Euro zu unterstützen. Den schleppe ich nicht gleich zum Notar.

Über welches Rechtskonstrukt soll die Finanzierung über die Aktion "5000 x 5000 für Beethoven" laufen?
Grießl: Das gehört zu den Hausaufgaben, die noch gemacht werden müssen. Es muss geklärt werden, wer als Bauherr auftritt und wer das - wenn auch geringe - mögliche Restrisiko bei einer Erhöhung der Baukosten trägt. Vielleicht finden wir einen Bauunternehmer, der das Risiko so einschätzt, dass er eine Bausumme garantiert und eine Fertigstellungsgarantie gibt.

Es gibt mit der Elbphilharmonie ein abschreckendes Beispiel in Hamburg für ein Szenario der Kostensteigerungen...
Grießl: Der Vergleich passt auf unser Vorhaben nicht. Erstens baut in Hamburg die öffentliche Hand, zweitens hat man dort eine projektbegleitende Planung gemacht. Damit sind den Kostensteigerungen Tür und Tor geöffnet. Einer solchen Vorgehensweise würde ich nicht zustimmen. Ich verlange, dass wir eine detaillierte Bauausführungsplanung machen. Für jedes Gewerk. Wenn wir das nicht so machen, stehe ich nicht zur Verfügung. Im übrigen bin ich sicher, dass alle beteiligten Partner das auch so sehen.

Für unter hundert Millionen Euro ist das Festspielhaus ja wohl nicht zu haben...
Grießl: Ich gehe nach den mir bekannten Unterlagen davon aus, dass es zirka 80 Millionen Euro netto plus Mehrwertsteuer kosten wird.

Im Gespräch sind 30 Millionen Euro, die von der Post als Sponsor zur Verfügung gestellt werden könnten, die Aktion "5000 mal 5000" erbringt bis Jahresende fünf Millionen Euro. Da klafft immer noch eine große Lücke. Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?
Grießl: Ich kenne die Gespräche, die derzeit geführt werden. Theoretisch ist es bis zu den abschließenden Unterschriften immer möglich, dass alles platzen wird. Aber das erscheint mir ausgesprochen unwahrscheinlich. Ich kann Ihnen keine Namen nennen, weil Vertraulichkeit vereinbart wurde, aber es gibt Gespräche mit namhaften Unterstützern, die mich sehr sicher machen, den überwiegenden Teil der Summe noch 2012 oder spätestens im nächsten Jahr zur Verfügung zu haben.

Es gibt Gerüchte, wonach es einen zweiten Großsponsor geben soll. Ist da etwas dran?
Grießl: Es werden Gespräche geführt, ja. Sogar mit mehr als zweien. Es ist die Frage, wie man das Wort Großsponsor definiert.

Mehr als zehn Millionen Euro?
Grießl: Da wird es etwas dünn.

Fünf bis zehn Millionen Euro?
Grießl: Ja, in dieser Größenordnung führen wir aussichtsreiche Gespräche.

Ihr Ziel ist, 25 Millionen Euro zu sammeln. Aktuell liegen Sie bei 2,5 Millionen. Haben Sie die Großzügigkeit der hiesigen Unternehmen überschätzt?Grießl: Jeder Unterstützer will persönlich gefragt werden. Man muss sich treffen, ein Gespräch führen, manchmal auch ein zweites, und dann kommt die Unterschrift. Es ist ein sehr nettes, ein sehr angenehmes Geschäft, da wir in der Regel auf sehr viel Interesse und Entgegenkommen stoßen. Aber es ist zeitintensiv. Ich bin jede Woche anderthalb Tage unterwegs. Das sind Vorträge in Netzwerken, das sind Einzelgespräche, Gespräche mit Sponsoren oder der Stadt. Diesen Aufwand haben wir sicher etwas unterschätzt.

Würde die Post als alleiniger Bauherr auftreten?
Grießl: Dazu starten wir gerade erste Gespräche. Wir können das ja nicht endgültig mit der Post besprechen, bevor nicht die Rahmenbedingungen geklärt sind. Fakt ist, es muss eine Gesellschaft gegründet werden, die den Bau ausführt und an dieser Gesellschaft ist die Stadt Bonn nicht beteiligt.

Die Grünen wollen, dass bis zum 30. Juni ein Bauherr präsentiert wird...
Grießl: Diesen Leuten kann ich nicht helfen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich die Politik doch noch gegen das Festspielhaus entscheidet, wenn wir darlegen, dass die Finanzierung gesichert ist und keinerlei Risiken auf die Stadt zukommen.

Will der Rat das Festspielhaus wirklich, oder vermissen Sie nach wie vor das öffentliche Eintreten für das Projekt?
Grießl: Nur die Linken sind grundsätzlich dagegen. Bei den Grünen gibt es angesichts des noch nicht ganz ausdiskutierten Restrisikos sicher noch viele, die zögern. Noch mal: Wenn der Bau nicht ohne Risiko für die Stadt und mit klar definiertem Restrisiko für den Bauträger finanziert ist, bin ich für den Bau nicht zu haben. Das Restrisiko des Baus darf schon deshalb nicht bei der Stadt liegen, weil sie dann aus rechtlichen Gründen als öffentlicher Bauherr neu und europaweit ausschreiben müsste.

Wie wollen Sie das Risiko bei den Betriebskosten minimieren?
Grießl: Es gibt verschiedene Businesspläne. Alle weisen einen maximalen Fehlbetrag von zirka drei Millionen Euro pro Jahr aus. Wir haben Zusagen von mehreren Unternehmen, dass sie ab 2019 den Betrieb durch zusätzliches Sponsoring von insgesamt 1,5 Millionen Euro jährlich unterstützen wollen, Stuhlpatenschaften werden mindestens 0,5 Millionen Euro pro Jahr erbringen. Bleibt ein Fehlbetrag von maximal einer Million Euro - Stand heute 2012. Wir haben aber noch fast zehn Jahre, diese Million pro Jahr auch noch zu finanzieren. Im Idealfall ist die Stadt Bonn an den Betriebskosten gar nicht beteiligt, sondern gibt einen festen, vertretbaren Betrag jährlich in die Betriebsstiftung, um so die Erwartungen des Bundes zu erfüllen.

Was wäre die Alternative, wenn die Realisierung des Festspielhauses scheitern sollte?
Grießl: Für eine Instandsetzung der Beethovenhalle mit oder ohne hervorragende Akustik sind die aktuellen Sponsoren nicht zu haben. Alle Experten gehen bei der alten Beethovenhalle von Umbaukosten zwischen 30 und 40 Millionen Euro aus. Aber diese Kosten müsste die Stadt selbst tragen. Wo soll das Geld denn herkommen? Wenn Bonn Beethoven angemessen ehren will, ist es für die Stadt die teuerste Lösung, das Festspielhaus nicht zu bauen.

Zur Person

Wolfgang Grießl wurde am 18. Dezember 1948 in Euskirchen geboren. Seit 1980 ist er Geschäftsführender Gesellschafter der Phoenix Software GmbH, seit 2010 Geschäftsführer der Phoenix Technologie. Seit 2002 ist er in der IHK Bonn/Rhein-Sieg tätig. Im Februar 2012 wurde er als IHK-Präsident wiedergewählt.

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