Zweiter Urnengang Panne bei der Bonner Bürgermeisterinnenwahl

Bonn · Für gewöhnlich sind Bürgermeisterwahlen ein formaler Akt mit wenig überraschendem Ausgang. Wider Erwarten musste die Grünen-Stadtverordnete Nicole Unterseh dennoch in eine zweite Wahlrunde.

Im zweiten Anlauf hat’s geklappt (v. l.): Oberbürgermeisterin Katja Dörner und ihre Stellvertreterinnen Nicole Unterseh, Gabi Mayer und Ursula Sautter.

Im zweiten Anlauf hat’s geklappt (v. l.): Oberbürgermeisterin Katja Dörner und ihre Stellvertreterinnen Nicole Unterseh, Gabi Mayer und Ursula Sautter.

Foto: Stadt Bonn

Das Wesentliche vorab: Der Bonner Stadtrat hat am Dienstagabend die Grünen-Stadtverordnete Nicole Unterseh zur Bürgermeisterin gewählt. Sie wird künftig neben Gabi Mayer (SPD) und Ursula Sautter (CDU) Oberbürgermeisterin Katja Dörner und damit die Stadt bei repräsentativen Aufgaben vertreten und – sofern notwendig – auch Sitzungsleitungen übernehmen können.

Für gewöhnlich sind solche Wahlen kein parlamentarischer Höhepunkt auf der Tagesordnung, weil die Mehrheiten bereits im Vorfeld ausgemacht sind. Zumal Unterseh als Einzige kandidierte. Diesmal wurde es wider Erwarten dennoch interessant. Frau Unterseh musste in den zweiten Wahlgang.

Verwaltung druckte neue Wahlzettel

Und das kam so: Fast alle Stadtverordneten hatten bereits in geheimer Wahl abgestimmt, da trat CDU-Ratsherr David Lutz in die letzte Reihe und stellte die Frage in den Raum, ob es eigentlich demokratischen Gepflogenheiten entspreche, dass die Ratsmitglieder bei einer solchen Abstimmung nicht mit Nein abstimmen könnten. Fast zeitgleich – es wurden gerade Parallelen zum ehemaligen DDR-Regime und der chinesischen Regierung gezogen – ergriff Dörner das Wort und kündigte einen neuen Wahlgang an, um „für größere Klarheit“ zu sorgen.

Die Verwaltung hatte auf den Wahlzetteln nämlich nur Raum gelassen, um Unterseh entweder zu unterstützen oder sich zu enthalten. Flugs wurden über einen städtischen Drucker neue Wahlzettel angefertigt. In der neuen Version durften die versammelten Ratsmitglieder dann im zweiten Wahlgang die Entscheidung treffen zwischen „Ja“, „Nein“ und „Enthaltung“. Auch wenn auf diesen Zetteln der Name der Kandidatin nicht mehr stand, wurde Unterseh anschließend vereidigt. 43 Ratsmitglieder hatten mit Ja gestimmt, 13 mit Nein bei sechs Enthaltungen und einer ungültigen Stimme.

 So sah der Wahlschein in der ersten Runde aus, der doch einige Stadtverordnete etwas verwirrte.

So sah der Wahlschein in der ersten Runde aus, der doch einige Stadtverordnete etwas verwirrte.

Foto: Philipp Königs

Stadtsprecherin Barbara Löcherbach erläuterte am Mittwoch auf Nachfrage: „Die zunächst verwendeten Wahlzettel sahen keine explizite Möglichkeit vor, ein ‚Nein’ zum Wahlvorschlag anzukreuzen. Die Gemeindeordnung sieht jedoch ausdrücklich die Möglichkeit von Nein-Stimmen vor.“ Als dies auffiel, sei der laufende Wahlgang sofort abgebrochen worden. Fraglich sei, ob dieser Fehler tatsächlich zur Ungültigkeit der Wahl geführt hätte, „denn Rechtsprechung und die Gesetzeskommentierung gehen von einer sehr hohen Hürde zur Wiederholung einer Wahl aus“, so Löcherbach. Unabhängig davon sei für die Verwaltung aber selbstverständlich gewesen, „jede bestehende Unklarheit im Verfahren sofort zu beseitigen“.

Unterseh übernimmt die bürgermeisterlichen Aufgaben von Melanie Grabowy. Grabowy war von sämtlichen politischen Ämtern zurückgetreten und ist als Leiterin der Gesamtschule Windeck beurlaubt. Hintergrund sind laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen eines mit zuletzt 145.000 Euro gefüllten Girokontos, das über Jahre hinweg ohne Kenntnis der Gemeinde oder der Schulaufsicht geführt wurde. Den Stadtratssitz von Grabowy hat Monika Heinzel übernommen.

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