Jamaikaflagge zum Abschied Nimptsch leitet zum letzten Mal die Stadtratssitzung

BONN · Es war eine denkwürdige Sitzung des Rates am Donnerstagabend im Stadthaus: Sie stand unter dem Eindruck des plötzlichen Todes des SPD-Stadtverordneten Werner Esser. Seinen Platz in der ersten Reihe hatten Fraktionskollegen mit einer Kerze und Blumen geschmückt.

 Abschiedsgeschenk in Schwarz, Grün und Gelb: CDU-Fraktionschef Gilles überreicht OB Nimptsch die Flagge Jamaikas .

Abschiedsgeschenk in Schwarz, Grün und Gelb: CDU-Fraktionschef Gilles überreicht OB Nimptsch die Flagge Jamaikas .

Foto: Roland Kohls

Zudem war es das letzte Mal, dass Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) die Sitzung leitete. Auf eine Abschiedsrede verzichtete er jedoch. Stattdessen ergriff CDU-Ratsfraktionschef Klaus-Peter Gilles das Wort und überreichte Nimptsch zum Abschied eine Jamaikaflagge mit den Unterschriften aller Mitglieder der Ratsmehrheit.

Mit einer Schweigeminute gedachten die Ratsmitglieder und Zuhörer zu Beginn der Sitzung des toten Ratsherrn. Er erlag am Sonntagabend in Bad Münstereifel einem Herzinfarkt. Der 57-jährige Sozialdemokrat war in seiner Heimatstadt als Bürgermeister-Kandidat angetreten und wäre als Erstplatzierter gegen seine Mitbewerberin aus der CDU in die Stichwahl gekommen.

Trauerfeier für Esser nächste Woche

Dieses Ergebnis hat er nicht mehr erfahren. Am Mittwoch ist eine Trauerfeier für Esser ab 10.30 Uhr im Münster geplant. Mehr als zwei Jahrzehnte lang hat der Ratsherr sich in Bonn kommunalpolitisch engagiert. Nimptsch würdigte Esser als einen Kommunalpolitiker, der über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg ein hohes Ansehen erworben hat. "Seine Arbeit hat er als Dienst am Menschen verstanden und sie mit großem Herzen versehen", sagte der OB.

Im Publikum saß auch Nimptschs Nachfolger Ashok-Alexander Sridharan (CDU). Der designierte Oberbürgermeister Bonns wird in der Ratssitzung am 22. Oktober vereidigt, zwei Tage nach dem offiziellen Ende der Amtszeit Nimptschs.

Für die Koalition redete CDU-Fraktionschef Gilles zum Abschied Nimptschs. Er sprach von einer " nicht einfachen Zeit" in der vorigen Ratsperiode sowohl für Nimptsch als auch für die damalige schwarz-grüne Ratsmehrheit vor dem Hintergrund des WCCB-Skandals, dessen Folgen damals niemand hätte absehen können.

"Das war keine gute Ausgangslage für Sie als neugewählter OB", räumte Gilles ein. Und: "Unsere Zusammenarbeit in all den Jahren war viel besser, als es oft den Anschein hatte." Aus diesem Miteinander - "das darf ich für mich sagen - ist eine Wertschätzung erwachsen", sagte Gilles und dankte Nimptsch "für das respektvolle Miteinander". Auch SPD-Fraktionsvorsitzende Bärbel Richter und Michael Faber (Linksfraktion) dankten Nimptsch.

Der OB habe sich trotz der "Tiefschläge und Anfeindungen" immer um eine gute Zusammenarbeit mit allen Fraktionen bemüht, sagte Richter. Nimptsch entgegnete, er wünsche sich, dass alle die augenblickliche Aufbruchstimmung zum Wohle der Bürger nutzten.

Nimptsch geht, Entscheidungen bleiben

Vor Sitzungsbeginn hatten Mitglieder der Fördervereine der Büchereien in Endenich und Dottendorf sowie Schüler des Tannenbusch-Gymnasiums im Stadthaus demonstriert. Letzteren ging es um den vom OB beanstandeten Beschluss zum Neubau ihres maroden Schulgebäudes. Zu ihrer Freude folgte keine Ratsfraktion der Empfehlung Nimptschs, den Beschluss aufzuheben.

Offen ist dagegen die Zukunft der Stadtteilbibliotheken: Wenn bis Ende des Jahres keine Lösung für eine Weiterführung der Büchereien auf ehrenamtlicher Basis gefunden wird, dann werden die Stadtteilbibliotheken in Endenich und Dottendorf wohl endgültig schließen.

Der Lösungsvorschlag: Die Bibliotheken sollen in Trägerschaft der Stadt Bonn verbleiben, aber ausschließlich von ehrenamtlichen Kräften betrieben werden. Unterstützung seitens der Stadt soll es rund zehn Stunden in der Woche nur telefonisch geben. Über dieses sogenannte "Bielefelder Modell" sollen die Fördervereine jetzt mit Kulturdezernent Martin Schumacher verhandeln.

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