Erhöhung der Grunderwerbsteuer Notare und Makler haben volle Kalender

BONN · "Sorry, aber bei uns ist die Hölle los." Im Augenblick scheint es in vielen Bonner Notariaten nicht nur keine freien Termine mehr zu geben - selbst für ein kurzes Telefoninterview ist die Zeit manchmal knapp.

Die mit einer Mehrheit aus SPD und Grünen vom nordrhein-westfälischen Landtag im Oktober beschlossene Erhöhung der Grunderwerbsteuer von derzeit fünf auf 6,5 Prozent beschert Notaren und Maklern bis Ende des Jahres offenbar eine plötzliche Terminflut.

Zwischen zwei Terminen gibt Notar Christoph Bell dann aber doch Auskunft: "Wir haben ungefähr doppelt so viel zu tun wie sonst im Dezember. Es ist quasi, als ob alle Januartermine einen Monat vorgezogen würden", erzählt er. Mit weitergehenden Effekten rechnet er wie viele andere allerdings nicht: "Das wird im Januar wieder zurückgehen und sich dann schnell normalisieren. Es ist ja nicht so, als ob jemand nur wegen der Steuererhöhung noch schnell eine Immobilie kaufen würde. Das sind reine Vorwegnahme-Effekte."

Das sieht Jan Friedrich ähnlich: Der Unternehmer war gerade erst beim Notar, um den Kauf seines neuen Hauses beurkunden zu lassen: "Ich hätte mir normalerweise etwas mehr Zeit gelassen und bestimmt erst Anfang des kommenden Jahres unterschrieben", erzählt er. "Aber durch die Steuererhöhung hätte der Kauf dann ja ein paar Tausend Euro mehr gekostet." Geld, das viele sparen wollen: "Es ist unglaublich, was da im Augenblick passiert", findet auch Dorothea Strub-Keil von Holzlar Immobilien. Die Maklerin sieht sich zurzeit ebenfalls mit einer Verdoppelung der Abschlüsse konfrontiert. "Ich habe Kunden, die explizit noch vor Jahresende ein Objekt gesucht haben."

Der Großteil des Booms geht wohl auf ohnehin geplante Käufe zurück, die einfach vorverlegt wurden. Auch der Hauptgeschäftsführer des Bonner Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins, Helmut Hergarten findet, "dass dümpelnde Immobiliengeschäfte kurz vor Jahresende noch einmal beschleunigt werden". Zur Erhöhung sagt er: "Der Beschluss ist grundfalsch, die Landesregierung will jungen Familien helfen, tut aber genau das Gegenteil", erklärt er.

Die Erhöhung diene ja einzig dazu, Haushaltslöcher zu füllen: "Es wird draufgelegt, wo die Leute wehrlos sind." Richtig begeistert scheint von der Steuererhöhung niemand zu sein: Auch SPD-Landtagsmitglied Bernhard von Grünberg, der zugleich Vorsitzender des Mieterbundes Bonn ist, zeigt sich nicht unbedingt amüsiert. Man dürfe andererseits die Situation auch nicht überdramatisieren: "Die Leute wollen ja ohnehin investieren und die Steuererhöhung fällt da nicht so stark ins Gewicht, wie es immer wieder heraufbeschworen wird." Viel schlimmer sei es, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer bei den "Heuschrecken" gar nicht ankomme, weil große Immobiliengesellschaften ja oft ganze Firmen kauften, der Grundbucheintrag sich aber nicht ändere.

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