Krankenhäuser in Bonn und der Region Notfallambulanzen: Überlastet und ein Minusgeschäft
Bonn · Auch Krankenhäuser in Bonn und der Region klagen über zu hohe Kosten und Überfüllung in ihren Notfallabteilungen. Längst nicht jeder Patient dort ist ein echter Notfall.
Volle Flure, gestresstes Personal: Wer in die Notaufnahme ins Krankenhaus geht, muss auf die ersehnte Hilfe oft lange warten. Denn für immer mehr Patienten ist es die erste Anlaufstelle - unabhängig davon, ob ein wirklicher Notfall vorliegt. Insgesamt gehen Patienten laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mehr als 20 Millionen Mal jedes Jahr in die Notaufnahme - davon bleiben rund elf Millionen Fälle ambulant, also ohne dass die Patienten in der Klinik bleiben müssten. Mindestens jeder dritte dieser Patienten könnte genauso gut in die Praxis eines niedergelassenen Arztes gehen. Dies ergab ein bundesweites Gutachten.
Die Finanzierung der Notfallversorgung von Patienten ist in Deutschland seit Langem ein Streitpunkt zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken. So könne ein Arzt in einem Notfall weitaus mehr abrechnen als die Ambulanz in einem Krankenhaus, sagt Bernhard Schöffend, kaufmännischer Direktor des Bonner Johanniterkrankenhauses. Gründe dafür sind im Sozialgesetz festgeschrieben, denn die originäre Aufgabe der Krankenhäuser ist die stationäre und nicht die ambulante Behandlung. Auch in der Region beklagen die lokalen Krankenhäuser, dass die Behandlung von Patienten in den Notfallambulanzen für sie eigentlich ein Minusgeschäft sei.
Klaus Szesik sieht das Problem in der grundsätzlich vorgesehenen Aufteilung der Gelder: „Notfallambulanzen werden durch die Kassenärztliche Vereinigung vergütet. Die Kosten übersteigen aber die vorgesehene Finanzierung.“ Der kaufmännische Direktor des Gemeinschaftskrankenhauses Bonn, bestehend aus den Häusern St. Elisabeth, St. Petrus und St. Johannes, rechnet vor: „Für einen Patienten der ambulant behandelt wird, stehen etwa 40 bis 60 Euro zur Verfügung. Die Behandlungskosten liegen aber bei durchschnittlich 135 Euro. Das Minus muss dann aus anderen Bereichen aufgefangen werden.“
Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch der deutsche Katholische Krankenhausverband (KKVD), und warnt, dass die Kosten für die Krankhäuser immer schwieriger zu stemmen seien: „Wir haben bereits heute deutlich mehr ambulante als stationäre Fälle in den Krankenhäusern: Im Jahr werden allein in den katholischen Kliniken rund fünf Millionen Patienten ambulant und nur 3,5 Millionen stationär versorgt“, sagt Ingo Morell, stellvertretender Vorsitzender des KKVD.
Auch das Gemeinschaftskrankenhaus Bonn verzeichne eine deutliche Zunahme der ambulanten Bedürftigkeit, sagt Szesik. Für ihn führe eine Lösung über die Trennung der ambulanten Behandlung von der stationären. Dadurch könne ein Teil der Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Im Johanniterkrankenhaus macht der Anteil der ambulanten an den Behandlungen insgesamt zwar nur etwa ein Viertel aus, doch auch dort ist die Tendenz steigend. „Keiner wird bei uns weggeschickt“, sagt Bernhard Schöffend. Er sieht die Lösung in einer Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten: „Durch die Öffnung der ambulanten Behandlung und den Weg hin zu einer Behandlung in Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten würden nicht nur die Patienten, sondern auch wir als Krankenhäuser profitieren.“
Im Bonner Malteserkrankenhaus gibt es so eine Kooperation bereits. Dort behandeln in einer eigenen Notfallpraxis niedergelassene Ärzte die ambulanten Fälle.
Ihr kaufmännischer Direktor Martin Milde will an diesem Weg festhalten. Zusätzlich dazu soll die Notfallambulanz ihren eigenen Chefarzt erhalten und so strukturierter werden, um den finanziellen Verlust auszugleichen. „Das Notfallgeschäft gehört zu einem guten Krankenhaus einfach dazu“, sagt Milde. Auch wenn es seiner Meinung nach in fünf bis zehn Jahren aus Kostengründen auch Häuser ohne ambulante Versorgung geben würde.