Uniklinik Bonn Notfallzentrum macht Verluste
BONN · Die Uniklinik Bonn steht, so wie die meisten anderen der 32 Unikliniken in Deutschland auch, unter massivem finanziellen Druck. "Es ist fünf vor zwölf", sagte am Mittwoch Professor Wolfgang Holzgreve, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Bonn.
"Weitere Einsparungen im Personalbereich oder bei der technischen Ausrüstung hätten zur Folge, dass die Patientenversorgung auf diesem Spitzenniveau nicht mehr gewährleistet werden kann."
Im Rahmen der deutschlandweiten Aktionswoche "Hochschulmedizin" hatte das Uniklinikum die beiden Landtagsabgeordnete Renate Hendricks und Elisabeth Müller-Witt (beide SPD) in ihr Interdisziplinäres Notfallzentrum (INZ) eingeladen, um ihnen die Diskrepanz zwischen der hohen Leistungserwartung an die universitäre Notfallversorgung und der Krankenversorgung "auf Spitzenniveau" einerseits und den "teils katastrophalen finanziellen Bedingungen" andererseits aufzuzeigen.
Das Problem sei, dass das, was die Krankenkassen und Patienten für die Krankenversorgung zahlen, überhaupt nicht ausreiche. Ingo Gräff, Leiter des Notfallzentrums, machte es an einem einfachen Zahlenbeispiel deutlich: Die Krankenkasse zahlt ihm pro Patient in der Notfallaufnahme nicht mal 30 Euro, die Kosten liegen indes bei durchschnittlich 130 Euro. Hinzu kommt, dass das Angebot immer stärker angenommen wird, "worauf wir einerseits ja sehr stolz sind", so Holzgreve.
"Aber wir zahlen immens drauf. 2010 registrierte die Statistik noch 22.000 Patienten, in diesem Jahr werden mehr als 30.000 Patienten behandelt worden sein. Die Uniklinik macht dann also allein im Notfallzentrum ein Defizit von gut drei Millionen Euro. Es herrscht ein wachsendes Ungleichgewicht von Spitzenleistung und immer schlechterer Vergütung", so Holzgreve.
Und Gräff machte an zwei weiteren Beispielen klar, wie wichtig die Uniklinik offenbar für die Krankenversorgung in der Region ist. Am frühen Dienstagabend mussten zeitgleich drei Menschen mit Herzinfarkten und akuter Luftnot vor dem sicheren Tod bewahrt werden. In einem der drei Schockräume demonstriert der Mediziner, was das bedeutet. Je nach Fall bindet das vier bis zehn medizinische Fachkräfte.
Oder am Pfingstmontag: Da wurden 155 Patienten versorgt. Das bedeutete bis zu 16 Patientenaufnahmen pro Stunde. "Wir haben einen hohen Anspruch an die Versorgung unserer Patienten und haben standardisierte Prozesse von der Aufnahme des Patienten bis zu Versorgung eingeführt", so Gräff. "Mit einem herkömmlichen Drei-Schicht-Betrieb würde das gar nicht funktionieren", so Procula Glien, pflegerische Leiterin im INZ. Die 25 Vollzeitkräfte haben über ein "ausgeklügeltes System" elf verschiedene Dienstzeiten. Da darf kaum etwas dazwischen kommen, meint sie: "Bei uns ist höchste Flexibilität gefragt."
Die Kostenschraube treffe die Unikliniken deshalb besonders stark, so Holzgreve, weil die Unikliniken eine Dreifachaufgabe haben: nämlich auch noch die Lehre und Forschung. Und sie bekommen in der Mehrzahl die schwierigen Fälle: "Wir sind häufig die letzte medizinische Instanz.
Wenn sich in einem anderen Krankenhaus eine Hüftgelenks-OP entzündet hat, dann wird der Fall an uns überwiesen", so Holzgreve. Hinzu kämen die vielen Fällen von seltenen Krankheiten. "Das ist einfach so, dass sich die Versorgung dieser Patienten nicht über herkömmliche Fallpauschalen decken lassen." Seine Forderung: Die Unikliniken müssten einen "Vorhaltezuschlag" und kostendeckende Notfallpauschalen bekommen.