Sicherheitskonzept in der Stadt Mechelen Null Toleranz als Patentrezept

Bonn · Die flämische Stadt Mechelen hat sich von einer verwahrlosten Problem- zur Vorzeigestadt entwickelt. Zu verdanken ist das nicht zuletzt Bürgermeister Bart Somers.

 Auch eines der Erfolgsrezepte für mehr Sicherheit in der Stadt Mechelen: Massive Videoüberwachung.

Auch eines der Erfolgsrezepte für mehr Sicherheit in der Stadt Mechelen: Massive Videoüberwachung.

Foto: picture alliance / Soeren Stache

Müll, Drogen, Kriminalität – sie hatte alles andere als einen guten Ruf, die belgische Stadt Mechelen, etwa auf halbem Weg zwischen Antwerpen und Brüssel. Um das Jahr 2000 war ein Tiefpunkt erreicht: Die Mittelschicht zog fort, die Bevölkerung schrumpfte, Einwanderer und Einheimische gingen getrennte Wege. Dann aber kam Bart Somers und leitete eine Wende ein, die auch 17 Jahre nach seinem Amtsantritt als Bürgermeister nachwirkt.

Somers, Politiker der flämischen Liberalen, entwickelte ein Konzept, um die Stadt wieder auf die Beine und die Bürger wieder zusammen zu bringen. Unter den rund 90 000 Einwohnern Mechelens sind offiziellen Angaben zufolge knapp 140 Nationen vertreten. Erstes Ziel: mehr Sicherheit. Der Bürgermeister ließ den Worten Taten folgen und erhöhte die Zahl der Polizisten deutlich – von rund 160 auf 260. Schnell machte in Belgien und darüber hinaus das Schlagwort von der „Null-Toleranz-Stadt“ die Runde. Und bis heute reisen deutsche Politikergruppen nach Flandern, um sich das Vorzeigemodell mit eigenen Augen anzusehen.

Ein Unterschied dürfte ihnen dabei unweigerlich auffallen: In der Kleinstadt gibt es mehr als 200 Kameras. Durch die massive Videoüberwachung hat sich das Sicherheitsempfinden nach einhelliger Meinung verbessert. Die Kameras hängen an Gebäuden und auf Plätzen, aber auch an der Stadtgrenze. Und: In Mechelen kann niemand hinein- oder hinausfahren, ohne dass das Autokennzeichen registriert wird. Pro Jahr würden rund 96 Millionen Kennzeichen erfasst.

Bekanntlich ist die Rechtslage in Deutschland eine andere: Derzeit können nur die Polizeibehörden eine Videobeobachtung im öffentlichen Raum veranlassen. Maßgeb᠆lich dafür sind die Kriminalstatistik und die Feststellung sogenannter Kriminalitätsschwerpunkte. In Bonn trifft das Kriterium auf das Bonner Loch zu. Das neue Polizeigesetz für NRW, das diese Schwelle heruntersetzen könnte, harrt der Ratifizierung.Von einem Proteststurm, wie es ihn in diesem Jahr gegen die Novelle in NRW gab, ist aus Mechelen nichts bekannt.

Der Bürgermeister ließ Spielplätze erneuern, Parks entrümpeln und schuf Zentren, in denen sich junge Leute treffen können. In seinem Buch „Zusammen leben“ schreibt Somers: „Wie kann man sich als ein vollwertiger Bürger fühlen, wenn man in einer Gegend aufwächst, in der Drogendealer die Straße beherrschen, in zwielichtigen Läden Hehlerware verkauft wird, in der die Polizei als Feind gilt, Straßenbanden die Norm bestimmen, der Staat und all seine Vertreter als Eindringlinge betrachtet werden und in der dessen Regeln und Normen nicht anerkannt werden?“ Seine Stadt hat die Kurve gekriegt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort