Diskussion mit Boris Palmer OB Sridharan hält Tempo 30 in Bonn für möglich

Bonn · Oberbürgermeister Ashok Sridharan hat mit dem Tübinger Stadtchef Boris Palmer über Stadtentwicklung diskutiert. Das Klimaticket für 365 Euro im Jahr könnte demnach zur Dauerlösung werden. Zudem hält der OB Tempo 30 für die gesamte Innenstadt für realistisch.

Ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern für die gesamte Bonner Innenstadt inklusive sämtlicher Durchfahrtsstraßen: Oberbürgermeister Ashok Sridharan hält das für realistisch. „Ich will das nicht ausschließen“, sagte er am Mittwochabend in der Volkshochschule (VHS) mit Blick auf drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auf der Reuterstraße und dem Belderberg. Auch im Radverkehr plädiert er für neue Lösungen. So sollten regelmäßig zugeparkte Fahrradspuren etwa in der Quantiusstraße vor dem Hauptbahnhof mit Pollern von der Fahrbahn abgetrennt werden.

Sridharan äußerte sich in einer gut besuchten Veranstaltung der Bundeszentrale für politische Bildung und der VHS zum Thema „nachhaltige Stadt“. Vor allem sein Diskussionspartner Boris Palmer, grüner Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, brachte Sridharan immer wieder in Zugzwang. Dabei hatte Palmer sich ausdrücklich dagegen verwahrt, als „Punchingball“ gegen die lokale Verwaltung eingesetzt zu werden.

Der Schwabe hatte dennoch viele Ideen im Gepäck, wie eine Stadt umweltfreundlicher werden könnte. Investoren bekämen in Tübingen beispielsweise erst dann Baurecht, wenn das Bauland sich im Besitz der Kommune befinde. „Dann haben wir viel mehr Einflussmöglichkeiten“, sagte Palmer. Das Ein-Euro-Ticket im Nahverkehr hat er in der 90.000-Einwohner-Stadt längst realisiert und bereits ein Konzept für kostenlosen Busverkehr in der Schublade. „Wenn uns der Bund 15 Millionen im Jahr gibt, machen wir das.“

Sridharan wandte ein, dass die Infrastruktur in Bonn kostenlosen Nahverkehr nicht zulasse. Anderseits kündigte er an, das 365-Euro-Jahresticket werde eine Dauereinrichtung, wenn die Testphase erfolgreich verläuft. Der Bund habe ihm eine Finanzierung über die zwei Jahre hinaus signalisiert.

Hauptsächlich drehte sich die zunehmend lebhafte Diskussion um die Frage, wie sich die Mobilität nachhaltiger gestalten ließe. Sridharan verwies auf die Idee von Fahrradstraßen in der Kaiserstraße und auf beiden Seiten des Rheins. „Wir prüfen das gerade“, sagte er. Zuhörer warfen ihm Unglaubwürdigkeit vor. So sei die Kurt-Schumacher-Straße im Bundesviertel soeben erneuert worden, ohne den Radverkehr zu berücksichtigen. Auch wiederholten mehrere Gegner der angedachten Seilbahn ihre Kritik an der Bürgerbeteiligung dazu, die nach ihrer Ansicht voreingenommen umgesetzt worden sei.

Palmer empfahl für mehr Radverkehr „große Lösungen“. Die Beseitigung kleiner Engstellen helfe nicht substanziell weiter. Um davon zu überzeugen, habe er seinen Gemeinderat zu einer Exkursion nach Kopenhagen eingeladen, wo Staus von Radfahrern vor Ampeln inzwischen zum Alltag gehörten. Die Folge: ein 20-Millionen-Bauprogramm für Tunnel und Brücken an besonders frequentierten Engpässen in den kommenden drei Jahren. Die Autofahrer nähmen schließlich noch immer bei Weitem den meisten Platz im öffentlichen Raum ein.

Zur Frage der Bürgerbeteiligung griff Sridharan einen Vorschlag Palmers für repräsentative Telefonumfragen in der Bevölkerung auf. Oft ergäbe die ein anderes Bild als die öffentliche Meinung erwarten lasse. Solche Umfragen zu konkreten Projekten wolle auch er künftig umsetzen lassen, sagte Sridharan.

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