Projekt der Verbraucherzentrale in Bonn-Tannenbusch „Oft suchen sich die Betrüger sozial benachteiligte Personen“

Tannenbusch · Als das Projekt „Verbraucher stärken im Quartier“ der Verbraucherzentrale in Tannenbusch vor acht Jahren gestartet ist, kamen nur wenige Menschen zur Beratung. Das hat sich inzwischen geändert.

NRW-Verbraucherministerin Silke Gorißen (4.v.l.) im Gespräch mit Mitarbeiterinnen der Tannenbuscher Verbraucherberatung.

NRW-Verbraucherministerin Silke Gorißen (4.v.l.) im Gespräch mit Mitarbeiterinnen der Tannenbuscher Verbraucherberatung.

Foto: Sebastian Flick

Wenn eine Person ihre Sprechstunde im Haus Vielinbusch ganz aufgebracht mit einem Schreiben in der Hand betritt, kann sich Manuela Dorlaß oft schon denken, wo der Schuh drückt: „Sehr oft handelt es dabei um einen Telekommunikationsvertrag“, berichtet die Verbraucherberaterin. Untergeschobene Handyverträge und falsche Inkasso-Forderungen sind die häufigsten Sorgen, mit denen die Tannenbuscher in die Sprechstunde der Verbraucherberatung kommen und auf Hilfe hoffen.

Im Jahr 2017 startete das Projekt „Verbraucher stärken im Quartier“ der Verbraucherzentrale NRW. Die Verbraucherschutzministerin des Landes, Silke Gorißen, war am Donnerstag vor Ort, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie Verbraucherberatung gelebt wird. Viele Kontakte werden über Kurse im Bildungs- und Familienzentrum Vielimbusch geknüpft. „Wir gehen direkt in die Gruppen rein“, berichtet Dorlaß. „Wir sind mehrsprachig unterwegs. Das ist uns sehr wichtig“, ergänzt Katja Schöneborn, Koordinatorin Bildung im Haus Vielinbusch.

„Als wir mit der Beratung 2015 in der Stadtteilbibliothek anfingen, hatten nur ganz wenige Personen den Weg zu uns gefunden“, erinnert sich Carina Lichtenberg, Projektleiterin von „Verbraucher stärken im Quartier“. Heute wird die wöchentliche offene Sprechstunde gut genutzt. Die Tannenbuscher wissen, wo sie hingehen müssen, um sich beraten zu lassen. Im Schnitt acht Beratungen werden pro Sprechstunde durchgeführt. „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt Lichtenberg.

Nach den enormen Kostensteigerungen in den vergangenen Monaten haben Anfragen zu Energieverträgen stark zugenommen. „Die gestiegenen Lebenskosten haben auch dazu geführt, dass viele Personen eine Beratung hinsichtlich der Frage, wie sie mit ihrem Budget zurechtkommen benötigen“, ergänzt Lichtenberg.

Betrüger geben sich oft als Mitarbeiter der Stadtwerke aus

Während der Pandemie kam neben der Abzocke mit Telefonverträgen auch die Abzocke mit angeblichen Medikamenten gegen das Corona-Virus hinzu. Die häufigste Art des Betrugs findet in Tannenbusch an der Haustür statt: Gerade wenn ein Muttersprachler klingelt, sind die Mieter sehr leichtgläubig. Nicht selten geben sich die Betrüger als Mitarbeiter der Stadtwerke aus.

Untergeschobene Verträge sind in Tannenbusch das größte Problem. „Im Vergleich zu anderen Stadtteilen sind Beratungen zu rechtlichen Themen relativ gleich“, berichtet Dorlaß. Innenstadt: mehr Reiserecht. Hier: mehr Telekommunikation.

Sozial Schwache werden stärker ausgenutzt, berichtet Marlies Wehner von der UG Vielfalt in Tannenbusch: „Oft suchen sich die Betrüger sozial benachteiligte Personen aus, da diese nicht für solche Betrugsmaschen sensibilisiert sind.“ Sozial Schwache seien genauso häufig Opfer von Betrügern wie Senioren. „Bei Menschen aus sozial einfachen Verhältnissen ist die Erfolgschance der Betrüger besonders hoch“, sagt Wehner.

Wichtig ist der Verbraucherzentrale, Präventionsarbeit zu leisten. Gerade bei Stromkosten ist dies sehr wichtig, da es sonst zu Kostenexplosionen kommen könne, die man sich in einem überwiegend sozial schwachen Stadtteil wie Tannenbusch nicht leisten kann.

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