Alternativen zur Beethovenhalle Orchester wird im Brückenforum proben

BONN · Die Diskussion um ein Hallenkonzept ist seit dem Beschluss, die Beethovenhalle zu sanieren, neu entfacht. Unterdessen hat die Stadt bereits Vorkehrungen getroffen, damit das Beethoven Orchester ungestört proben kann.

 Das Julia Kadel Trio spielte am Donnerstag im Kammermusiksaal.

Das Julia Kadel Trio spielte am Donnerstag im Kammermusiksaal.

Foto: Jazzfest

Die Musiker werden ab der Spielzeit 2016/2017 im Brückenforum proben, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Begründung: "Weil nach dem Beethovenfest 2016 mit der Sanierung der Beethovenhalle zu rechnen ist." Die soll, wie berichtet, saniert und umgebaut werden. Kostenschätzung: 56 bis 70 Millionen Euro. Die Jamaika-Koalition ist indes überzeugt, dass es auch für weniger Geld zu machen ist.

Doch nach wie vor ist ungeklärt, was in Zukunft in der Beethovenhalle geschehen soll - vor allem dann, wenn direkt nebenan das Festspielhaus gebaut werden sollte. Die Entscheidung über den Bau des Festspielhauses trifft die Post spätestens Anfang nächsten Jahres - vorausgesetzt, der Stadtrat beschließt im Juni die Gründung einer Betriebsstiftung.

Bis 2016 müssen aber die Sanierungs- und Umbaupläne fortgesetzt werden. Dafür hat der Rat gerade weitere zwei Millionen Euro bereitgestellt. 1,5 Millionen Euro sind bislang schon in die Voruntersuchungen geflossen.

Karnevalisten planen schon in anderen Hallen

"Für den Fall, dass das Festspielhaus kommt, muss hier eine Aussage getroffen werden, wie sich die dann instandgesetzte Beethovenhalle als Multifunktionshalle am Markt positioniert und eine Vermarktung möglicherweise freier Kapazitäten aussehen könnte", sagte eine Sprecherin der Stadt. "Grundsätzlich sollen in der Beethovenhalle dann alle Veranstaltungen stattfinden, die im Festspielhaus nicht möglich sind. Nach unserer Einschätzung wird sich die Beethovenhalle, wenn sie im Sinne der Variante 2a umgebaut ist, am Markt als Multifunktionshalle sehr gut behaupten können."

Außerdem, heißt es aus dem Stadthaus, habe die Koalition ja auch beantragt und beschlossen, die Verwaltung mit einem Businessplan zur Beethovenhalle zu beauftragen, der auf einem Hallenkonzept basiert.

Tatsache ist, dass sich Veranstalter und Vereine bereits nach Alternativen umschauen - wenn sie es nicht schon längst gemacht haben. Die Wiesse Müüs sind mit ihrer Seniorensitzung längst ins Maritim umgezogen, der Lachende Amtsschimmel ebenso wie die Stadtsoldaten mit ihrer Karnevalsshow "Amuse jeck". Die Bürgersitzung der Ehrengarde ist für 2017 bereits im Maritim terminiert.

Der Festausschuss Bonner Karneval hat die nächste Proklamation zwar noch in der Beethovenhalle geplant. Wie es aber ab 2017 aussieht, das steht in den Sternen. "Wir haben an die Stadtverwaltung geschrieben und nachgefragt, welche Termine sie uns garantieren kann", so Stephan Eisel, Vize-Präsident des Bonner Festausschusses.

"Wir brauchen unbedingt Klarheit, weil unsere Termine auf Jahre hinaus feststehen und zum Teil sogar schon Künstler verpflichtet sind." Was aber wohl auch zu Überlegungen nach anderen Veranstaltungsstätten führen dürfte, ist die Ankündigung der Stadtverwaltung, dass sie die Saalmieten nach der Sanierung der Beethovenhalle "selbstverständlich anpassen" werde, wie es schon mal in einem Ausschuss ankündigt worden war. In einer Vorlage ist von einer "neuen Preisgestaltung nach der angedachten Sanierung" die Rede.

"Man kann sich auch über den Preis von den Wettbewerbern abhängen", so Ernst-Ludwig Hartz nicht ohne Sarkasmus. Der Konzertveranstalter, der in Bonn neben der Kunst!Rasen-Serie meistens Konzerte in der Harmonie und sonst insbesondere in Köln und Düsseldorf anbietet, hat die Beethovenhalle im vergangenen Jahr noch für drei Konzerte, in diesem Jahr gar nicht genutzt. Warum? Hartz: "Sie entspricht einfach nicht mehr den technischen Anforderungen für moderne Produktionen."

Auch sonst sei es schwierig in Bonn überhaupt Spielstätten zu finden, die die nötigen Bedingungen bringen. "In der Oper kann man vielleicht mal einen Liedermacher auftreten lassen, aber keine modernen Künstler. Auch der Telekom Dome ist für Konzerte ungeeignet, weil die technischen Voraussetzungen fehlen. Von anderen Sälen will ich gar nicht erst reden. Ab einer gewissen Kapazität fehlt es in Bonn an der nötigen Infrastruktur", so Hartz.

Bis in die 80er Jahre hätten Beethovenhalle oder Bad Godesberger Stadthalle gereicht, "aber die Ansprüche sowohl des Publikums als auch der Künstler wachsen von Tag zu Tag", so der Veranstalter. So gesehen, werde das am Alten Schlachthof geplante Westwerk genau die richtige Lücke füllen. Hartz: "Es geht nicht um Kapazitäten, sondern um das Angebot einer modernen Veranstaltungsstätte."

Unterdessen melden sich mit dem CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Ashok-Alexander Sridharan und dem Kreisvorsitzenden der Bonner CDU, Christos Katzidis, zwei kommunalpolitische Schwergewichte, die eine aufwendige und kostenintensive Sanierung der Beethovenhalle ablehnen. Beide fordern, so wie die Industrie- und Handelskammer, ein umfassendes Hallenkonzept.

Sridharan: "Wir können hier nicht vorschnell beschließen, ohne uns im Klaren zu sein, wie die Beethovenhalle später genutzt wird und wie wir die Bad Godesberger Stadthalle und das Beueler Brückenforum sanieren. Wir dürfen kein gutes Geld schlechtem Geld hinterherwerfen, während auf der anderen Seite über Bibliotheken in den Stadtteilen und den Ausbau der OGS-Betreuung gesprochen wird." Und Katzidis kündigt schon an: "Ich werde keiner unverhältnismäßigen Sanierung der Beethovenhalle zustimmen, wenn kein nachvollziehbares Nutzungskonzept und kein gesamtstädtisches Hallenkonzept vorliegen."

Hallenkapazitäten in Bonn

  • Beethovenhalle: je nach Bestuhlung zwischen 1109 und 1911
  • Kammermusiksaal: 199
  • Brückenforum: Reihenbestuhlung 1079 / unbestuhlt 1350
  • Stadthalle Bad Godesberg: Großer Saal: 900 Personen Reihenbestuhlung, 2500 Personen stehend, Kleiner Saal: 300 Personen Reihenbestuhlung
  • Oper: 1024
  • Kammerspiele: 435
  • Halle Beuel: 400
  • Telekom Dome: abhängig von Produktion und Veranstaltungsart 4500 bis 5500
  • Telekom-Forum: bis zu 1300 Sitzplätze
  • Forum der Bundeskunsthalle: Festbestuhlung 300 Sitzplätze, bei Zusatzbestuhlung bis zu 500 Plätze möglich
  • Saal im LVR-Museum: 275 (Festbestuhlung: 199 Plätze)
  • Maritim Hotel: Im großen Saal je nach Bestuhlung bis zu 2800. Saal Beethoven 400 bis 600, Saal Schumann 300 bis 450
  • Kameha Hotel: Kameha Dome: 1700, Kameha Universal: 500; beide zusammen bestuhlt: 2000
  • WCCB: Alter Plenarsaal: 1275 Wasserwerk: 600 WCCB-Neubau, großer Saal (teilbar): 2900
  • Saal im Haus der Geschichte: 300
  • Harmonie: 460 stehend, bestuhlt bis zu 300
  • Brotfabrik: bis 192 (variable Bestuhlung)
  • Springmaus Theater: 280
  • Junges Theater: 400
  • Pantheon: bestuhlt 250, stehend (bei Konzerten) 450, Casino: bis 120
  • Westwerk am Alten Schlachthof (in Planung): Halle: 1600 Besucher stehend, 1000 sitzend, Club: 500 Besucher stehend, 250 sitzend.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort