Flüchtlinge in Bonn Personalbedarf der Stadt steigt noch weiter

BONN · Wegen der Flüchtlingskrise rechnet Stadtdirektor Wolfgang Fuchs damit, dass bis Jahresende rund 180 zusätzliche Stellen geschaffen werden müssen.

 Stadtdirektor Wolfgang Fuchs (links) und Personalamtsleiter Andreas Leinhaas erläutern im Gespräch mit dem GA die Situation. FOTO: LANNERT

Stadtdirektor Wolfgang Fuchs (links) und Personalamtsleiter Andreas Leinhaas erläutern im Gespräch mit dem GA die Situation. FOTO: LANNERT

Foto: Volker Lannert

Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise stellt die Stadt Bonn in diesem Jahr wahrscheinlich noch mehr zusätzliches Personal ein, als bisher bekannt war. Seit Sommer 2015 hat sich die Stadtverwaltung vom Rat bereits 126 neue Stellen genehmigen lassen.

Grundlage war eine Bedarfsprognose, die bis Juni 2016 reicht. „Wir rechnen aber damit, dass wir in der zweiten Jahreshälfte weiter aufstocken müssen“, erklärt Stadtdirektor Wolfgang Fuchs. Würden Bonn wie zu Spitzenzeiten wieder rund 150 Menschen pro Woche zugewiesen, liege der Zusatzbedarf wohl bei 50 weiteren Stellen. Das Ziel der Stadt, insgesamt Jobs abzubauen, um die Neuverschuldung zu drücken, rückt damit in weite Ferne.

Denn die meisten neuen Stellen werden dauerhaft eingerichtet. Die Stadt stellt vor allem Sozialarbeiter und Verwaltungskräfte für die Asylbewerberleistungsstelle im Sozialamt, die Bürgerdienste und das Ausländeramt ein. Zwar bekommen etwa die Sozialarbeiter zunächst Zweijahresverträge.

„Die Wahrscheinlichkeit einer Entfristung ist aber hoch“, betont Andreas Leinhaas, der Leiter des Personal- und Organisationsamtes. Die Sozialarbeiter würden auch nach einem Abflauen des Flüchtlingsstroms gebraucht, um bei der Integration zu helfen. Im Zweifel würden die neuen Mitarbeiter später für andere Aufgaben eingesetzt. Denn der Verwaltung steht in wenigen Jahren eine Pensionierungswelle bevor – und im Moment suchen viele Kommunen dringend Fachpersonal.

Pensionierte Beamte stehen bereit

Bisher hat die Stadt 15 Mitarbeiter aus anderen Ämtern zeitweilig für Flüchtlingsaufgaben abgeordnet; 32 pensionierte Beamte sind zudem bereit, gegen Bezahlung auszuhelfen. An Neueinstellungen führe aber kein Weg mehr vorbei, so Leinhaas. 47 der 126 Stellen seien schon besetzt. Die Kosten gibt die Stadt mit rund 7,7 Millionen Euro jährlich an, wovon rund 1,3 Millionen (rein bilanzielle) Rückstellungen für die Altersversorgung sind. 2017 werde sich der Mehraufwand im Vergleich zum Sommer 2015 auf rund zwölf Millionen Euro belaufen.

Stadtdirektor Fuchs glaubt nach den bisherigen Erfahrungen nicht, dass Bund und Land die vollen Kosten übernehmen. Die bisher diskutierten Pauschalen würden nicht reichen: „Wir erwarten so lange eine Vollfinanzierung, wie diese Krise anhält“, fordert Fuchs. „Es kann nicht sein, dass wir wegen der Flüchtlingskosten auf anderes verzichten müssen, weil wir es uns nicht mehr leisten können.“

Seit vier Jahren durchleuchtet die „Projektgruppe Verwaltung 2015“ die Ämter, um Abläufe zu optimieren und verzichtbare Stellen aufzuspüren. Denn die Personalkosten sind neben den Sozialtransfers der dickste Brocken im Etat.

„Die Personalkosten sprengen den Etat“

Den rund 180 neuen Jobs wegen der Flüchtlingskrise stehen laut Fuchs bisher 55 gestrichene Stellen als Ergebnis der Projektarbeit gegenüber, etwa in den Bezirksverwaltungsstellen und im Standesamt – aber auch im Dienstleistungszentrum, wo jetzt wieder Stellen eingerichtet werden, weil der Laden nicht rund läuft. Außerdem wurden 21,5 Posten identifiziert, die wegfallen sollen, sobald die Stelleninhaber ausscheiden.

Zu weiteren Kürzungen sieht Stadtdirektor Fuchs keine Alternative. „Die Personalkosten sprengen den Etat“, sagt er. „Das wird uns irgendwann den Hals brechen.“ Einen Stellenabbau von durchschnittlich zehn Prozent (500 „Köpfe“) hält Fuchs weiter für realisierbar – wenn Aufgaben der Verwaltung gestrichen und Standards gesenkt werden. Dabei müsse aber der Rat mitziehen. „Die Politik hat viele unserer Vorschläge nicht umgesetzt, bei den Bädern, den Bibliotheken, im Sport“, bilanziert der Stadtdirektor. „So kommen wir nicht weiter.“

Die Bürger seien aus Hauptstadtzeiten verwöhnt, etwa von der Breite des Kulturangebots. „Bei vielen ist noch nicht angekommen, dass wir sparen müssen“, sagt Fuchs. Bonn spare noch immer nicht wirklich. Er wünscht sich bei den Gesprächen über den Doppelhaushalt 2017/2018 von den Fraktionen „die Kraft, auch mal Nein zu sagen“.

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