Bonner Sender baut um Phoenix sendet aus dem Ü-Wagen

BONN · Der Bonner Sender Phoenix erneuert seine Studio- und Regietechnik für 5,5 Millionen Euro. Unser Reporter Nicolas Ottersbach hat sich auf der "Baustelle" umgeschaut.

Es ist eng im Übertragungswagen, der im Innenhof der Sendezentrale von Phoenix in Hochkreuz steht. Wofür die TV-Produktion sonst mehrere Räume hat, muss nun auf wenige Quadratmeter passen. Aber nicht der Platz ist das größte Problem, sondern die Tür. Wer rausgeht, vergisst meist sie zu schließen. Und dann zieht die kalte Luft rein. "Das nervt, sonst ist es hier drinnen ganz komfortabel", finden die Mitarbeiter. Aber nachdem das Senden aus dem Ü-Wagen funktioniert, sind sie zuversichtlich, dass auch die Sache mit Tür bald erledigt ist.

Phoenix UmbauDass seit Ende Dezember gar nicht mehr aus den alten Technikräumen in Bonn gesendet wird, haben die Zuschauer kaum mitbekommen. "Es ging ein kurzes schwarzes Flackern über den Bildschirm, als wir das eine entscheidende Kabel umgesteckt haben", sagt der produktionstechnische Leiter Matthias Kröll. Er ist für den gesamten Umbau zuständig. Bis in den Spätsommer wird die Studio- und Regietechnik für rund 5,5 Millionen Euro erneuert. Grund ist die Umstellung auf High-Definition (HD), das hochauflösende Fernsehbild.

Die meisten Geräte sind schon mehr als 15 Jahre alt und stammen noch aus der Anfangsphase von Phoenix. Damals galt es weltweit als eines der modernsten Studios: Für ARD und ZDF war es ein Pilotprojekt, erstmals auf komplett computergestützte Produktionen zu setzen. So waren im Nachrichtenstudio keine Menschen mehr hinter den Kameras, sondern wurden die Aufnahmegeräte per Joystick aus der Produktion gesteuert. "Mit einem kleinen Team konnte so sehr effizient ein Vollprogramm erstellt werden", sagt Kröll. Er sieht den Vorteil des kleinen Senders darin, dass man besonders flexibel ist. Sobald etwas auf der Welt passiert, könne Phoenix schnell reagieren. Meist reicht der Laufweg nur von einem Raum in den nächsten, von etwa 7.30 Uhr bis Mitternacht ist die Regie besetzt, weil die Personalkosten geringer als bei aufwendigen Produktionen sind.

Vier Mitarbeiter reichen, um den Betrieb am Laufen zu halten. Im Ü-Wagen sitzen zwei Produzenten, ein Chef vom Dienst und ein Schriftredakteur, der sich um die im Fernsehbild angezeigten Texte wie Bauchbinden kümmert. Durch Wechsel im Schichtbetrieb können es auch mehr sein. Oder wenn gerade jemand angelernt wird. Bis September ist jedenfalls alles kompakter, es gibt viel weniger Monitore. In Containern, die ebenfalls im Innenhof stehen, sind Redaktionsräume und die Systemadministration untergebracht.

Vom 27. Dezember bis zum 19. Januar wurde das Programm über die Sendestrecke des WDR in Köln gesendet. "Wir arbeiten viel mit den anderen öffentlich-rechtlichen Sendern zusammen", sagt Kröll. Die Bonner Lokalzeit hat ihre Redaktionsräume beispielsweise auf dem Phoenix-Gelände. Im Gegenzug kann Phoenix auf Korrespondenten und Filmmaterial von ARD und ZDF zurückgreifen. Kooperationen gibt es auch mit der Deutschen Welle. Ohne den Verbund wäre man nicht in der Lage, mit den geringen Mitteln zu senden. Phoenix kommt pro Jahr mit 35 Millionen Euro aus, von denen 19 Millionen ins Programm fließen. Das Geld stammt aus dem Haushalt von ARD und ZDF. Zum Vergleich: Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandfunk nahm 2012 rund 7,5 Milliarden Euro ein.

Auch der Übertragungswagen stammt vom Zweiten Deutschen Fernsehen und ist 15 Jahre alt. "Das ist seine letzte Station, danach wird er ausgemustert", sagt Thomas Kühlhoff, der ihn damals ausgestattet hat und auch jetzt daran tüftelte, ihn für Phoenix nutzbar zu machen. Einige Geräte wie Bildmischer mussten umgebaut werden. Mehrere Wochen dauerte es, die Technik zu programmieren. "Das ist mit viel Aufwand verbunden", sagt Michael Schmidt, der viele Überstunden genau damit verbrachte. Zusätzlich verlegte man fast 30 Kilometer neue Kabel auf dem gesamten Gelände, um alles mit Strom zu versorgen und miteinander zu vernetzen. Deshalb ist im Keller, wo Receiver und Server stehen und bis zu zwölf Videosignale aus der ganzen Welt eintreffen, ein dickes Loch in die Wand gestemmt worden. Baugerüste dienen als Kabeltrassen.

"Eigentlich wollten wir den Ü-Wagen neben das Gebäude stellen, um die Wege so kurz wie möglich zu halten", erzählt Kröll. Das hätte aber vermutlich Ärger mit den Nachbarn gegeben, weil ein Wohngebiet in der Nähe ist. "Wenn der Wagen im Sommer auf Hochtouren läuft, ist er sehr laut, 24 Stunden am Tag." Die Alternative war der Platz im Innenhof. Damit der tonnenschwere Übertragungswagen überhaupt hineingefahren werden konnte, musste die Einfahrtsrampe mit Stahlstreben verstärkt werden.

Läuft alles nach Plan, ist der Umbau im September beendet. Den Kanal "Phoenix HD" gibt es zwar schon seit längerem, allerdings nicht mit nativer, also echter Hochauflösung. Das Bildmaterial wird lediglich hochgerechnet und erreicht deshalb nicht die volle Qualität des HD-Standards, den andere Sender schon haben.

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