Wahlkampf Piraten wollen mit Bürgerbeteiligung, Transparenz und Bürgerticket punkten

BONN · Bürgerbeteiligung und Transparenz: Zwei Kernbegriffe, die längst nicht nur im Wahlkampf der Piratenpartei eine Rolle spielen. "Aber wir wollen keine Mogelpackungen: Was in Bonn als Bürgerbeteiligung verkauft wird, ist eine Farce", sagt Bernhard Smolarz, der als Direktkandidat in Auerberg antritt.

 Spitzenkadidaten der Piraten: Bernhard Smolarz (von links), Felix Kopinski, Michael Wisniewski und Carsten Euwens.

Spitzenkadidaten der Piraten: Bernhard Smolarz (von links), Felix Kopinski, Michael Wisniewski und Carsten Euwens.

Foto: Barbara Frommann

"Den Bürgern Streichlisten vorzulegen und sie vor die Wahl zu stellen, welches Schwimmbad geschlossen werden soll, das ist, wie wenn du jemandem eine Waffe gibst und sagst: Du darfst jetzt selbst entscheiden, in welches Knie du dir schießt", ergänzt Spitzenkandidat Felix Kopinski. Ob Schließung der Oper oder Festspielhaus: Die Partei fordert regelmäßige Bürgerentscheide zu wichtigen kommunalpolitischen Fragen und Projekten. Auch das Konzept eines Bürgerhaushaltes soll ausgeweitet und dessen Budget deutlich erhöht werden.

Eine weitere Forderung: Die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs. Ob das durch ein solidarisch finanziertes Bürgerticket, wie es eine Initiative der Kirchen fordert, oder durch deutlich verringerte Fahrscheinpreise umgesetzt werde, sei letztlich egal, sagt Carsten Euwens. Der 42-jährige IT-Unternehmer steht auf Platz zwei der Reserveliste.

Es müsse eine faire Verteilung der Förderung von Sport, freier und etablierter Kultur geben, heißt es außerdem im umfangreichen Wahlprogramm der Piraten. Auch hier will die Partei ein direktes Mitspracherecht der Bürger, zumindest bei der Hälfte der Mittel. Dass Lärmbeschwerden drohten, die Subkultur in Bonn zu ersticken, sei nicht akzeptabel, sagt Kopinski. "Die Subkultur will und braucht gar keine großartige Förderung, sondern einfach einen Ort, wo sie Krach machen kann." Es sei Aufgabe der Stadt, diese Freiräume zu schaffen.

Wenn es nach den Piraten geht, sollen Vergabeverfahren über mit öffentlichen Mittel geförderte Projekte dauerhaft öffentlich gemacht werden, ebenso sämtliche Positionen, die Lokalpolitiker in privaten und öffentlichen Unternehmen ausüben. Alle Sitzungen des Rates sollen aufgezeichnet und live im Internet übertragen werden. "Wir sind bisher die einzige Partei, bei der Entscheidungsprozesse öffentlich verfolgt werden können", so Kopinski.

Der 38-jährige Berater für Unternehmenskommunikation war in Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) wie Attac aktiv, bevor er sich kommunalpolitisch engagierte. "Ich habe mir damals alle Parteien angeschaut, aber die Klüngelei und Hinterzimmer-Politik hat mich abgeschreckt."

In Bonn treten die Piraten zum ersten Mal an. Kommunalpolitisch aktiv waren sie in den vergangenen Jahren aber auch ohne Sitz im Rat. Eine frustrierende Erfahrung, sagt Smolarz, ohne die Recht und Möglichkeiten der Ratsfraktionen auf Information. Erklärtes Ziel also: Mit drei Sitzen im Rat Fraktionsstärke erreichen. Dass vieles dagegen spricht, geben die Piraten unumwunden zu.

Nach Wahlergebnissen um die acht Prozent 2011 und 2012 und dem Einzug in vier Länderparlamente hat die Partei zuletzt starke Einbußen hinnehmen müssen, und das trotz NSA-Affäre. Vor allem auf Bundesebene machten die Piraten hauptsächlich durch interne Querelen auf sich aufmerksam.

Bislang haben die Wähler die absolute Offenheit also nicht goutiert. Zeit, die Parteistrukturen zu überdenken? "Wenn wir jetzt etwas ändern, würden wir unsere Ideale verraten: Dann könnten wir gleich aufgeben", sagt Michael Wisniewski, Spitzenkandidat für die Bezirksvertretung Godesberg. Dann lieber weitere fünf Jahre außerparlamentarische Opposition.

Kernforderungen

  • Instrumente der direkten Demokratie wie Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sollen ausgeweitet werden.
  • Ein solidarisch finanziertes Bürgerticket soll allen Bürgern erlauben, ohne Fahrschein jederzeit den Öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen.
  • Sport und freie Kultur sollen angemessen gefördert werden, Freiräume für die Subkultur geschaffen werden.
  • Möglichst alle durch öffentliche Stellen oder mit öffentlichen Mitteln erzeugte Daten sollen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
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