Plädoyer für den Erhalt des Bonner Lochs

Eine Vorstellung davon, was sich die Stadtplaner Mitte der 1970er Jahre bei der Konzeption des Bonner Lochs dachten, vermittelte am Dienstagabend die jüngste Veranstaltung der Werkstatt Baukultur.

Bonn. Eine Vorstellung davon, was sich die Stadtplaner Mitte der 1970er Jahre bei der Konzeption des Bonner Lochs dachten, vermittelte am Dienstagabend die jüngste Veranstaltung der Werkstatt Baukultur, einer Initiative des kunsthistorischen Instituts der Universität Bonn. Mehr als 80 Gäste diskutierten angeregt über die ästhetischen Qualitäten des 1975 nach Plänen Friedrich Spengelins umgebauten Bahnhofsplatzes.

Ein seltener Anblick bot sich den Besuchern. Nach vielen Jahren wurde das Atrium, die große Stufenanlage aus Beton, mal wieder dafür genutzt, wofür sie ursprünglich konzipiert wurde - als Platz der Begegnung und Ort des Verweilens.

Nach einem Kurzvortrag von Sabine Halver über die historische Bebauung - ihre Gründerzeitfassaden wurden in den frühen 70er Jahren wegen der Umbauten niedergelegt - , führte Martin Bredenbeck die Gäste in die Grundlagen und Ideen der Planer des Bonner Lochs ein, bevor die Diskussion eröffnet wurde.

"Man muss den Geist der damaligen Zeit ins Gedächtnis rufen. Der Erhalt alter Bausubstanz war damals nicht im Trend. Neu und modern sollte sich die an Bedeutung gewonnene Stadt den Bahnreisenden präsentieren", so Bredenbeck. Doch was ist heute geblieben von den hehren Absichten?

"Ich empfinde diesen Platz gar nicht als einen Platz und sehe auch keine ästhetische Einheit. Es kann sein, dass es eine Ästhetik geben sollte, aber sie wäre nicht bewahrungswürdig", stellte ein Besucher provokant fest. Überraschend viele Wortmeldungen befürworteten den Erhalt der jetzigen Anlage.

Breiter Konsens herrschte unter den meisten Diskutanten in der Ablehnung der Pläne, die angrenzende Südüberbauung für einen Neubau abzureißen und in einem Abwasch das umstrittene Bonner Loch verschwinden zu lassen. Der Vorschlag eines Redners, sich an Braunschweig und Berlin ein Vorbild zu nehmen und die historische Straßenfront zu rekonstruieren, wurde weitestgehend belächelt.

"Natürlich waren die alten Fassaden hübsch, sie sind aber weg, und wir bekommen sie nicht wieder. Ich würde mich dafür einsetzen, dass dieser 70er-Bau erhalten bleibt. Das Problem ist, dass die Anlage wirklich ungepflegt ist. Seit Erbauung wurde nicht investiert", wunderte sich eine Dame und bekam anhaltenden Applaus für ihr Statement.

Wie viele andere Gäste plädierte sie dafür, den Ursprungszustand samt Holzbänke auf den Stufen, einer gepflegten Begrünung und einer funktionierenden Brunnenanlage wiederherzustellen, anstatt den gesamten Platz samt Südüberbauung abzureißen und noch mehr öffentlichen Raum wirtschaftlichen Interessen zu opfern. "Dann würden die Bürger ihn auch nutzen", glaubt sie.

Ein Fahrgast, der zufällig zur Veranstaltung stieß, machte den Diskutanten Mut: "Der Kölner Bahnhofsplatz zeigt nach seiner Umgestaltung, dass es möglich ist, eine ungeliebte Anlage erheblich zu verbessern und beliebt zu machen."

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