Platzt die letzte Chance auf Neubau der Südüberbauung?

Ein Gutachten über den Tausch der Grundstücksflächen könnte die Neubaupläne platzen lassen: Denn wenn der Investor und die Stadt Bonn den nötigen Tausch durchführen, müsste der Investor noch rund 920 000 Euro drauflegen.

Bonn. Platzt mit diesem Gutachten die letzte Chance auf Abriss und Neubau der Südüberbauung vor dem Hauptbahnhof? In der Expertise, die dem GA vorliegt, kommt der (neutrale) Gutachterausschuss nämlich zum Ergebnis: Wenn der Investor und die Stadt Bonn den nötigen Tausch ihrer Grundstücksflächen durchführen, müsste der Investor noch rund 920 000 Euro drauflegen.

Damit scheint ein Schlussstrich gezogen in dem seit langem laufenden Streit, bei dem der Investor eine städtische Beteiligung von 6,4 Millionen Euro verlangt und die Stadt unterm Strich nur auf eine Null kommt. Die Gutachter haben nun den Verkehrswert der einzelnen Flächen ermittelt und gegeneinander aufgerechnet, wobei zum Beispiel das Areal der Imbissbude "City Pick" mit 390 000 Euro bewertet wurde.

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Zeit für die Entscheidung"Beide Seiten hatten zuvor eigene Berechnungen vorgelegt, die ihre Haltung stützten. Das Einschalten der Gutachter war ein Kompromiss gewesen, dem der Stadtrat Anfang März zustimmte, um dem Investor noch eine letzte Chance zu geben und das Scheitern des Projekts zu verhindern. Und dem Ergebnis sollten sich dann Investor und Stadt gleichermaßen unterwerfen.

Doch gleich nach Bekanntwerden des Gutachtens begann eine Diskussion, ob es wirklich des Pudels Kern trifft. Nicht, dass die Sachverständigen falsch gerechnet hätten. Grundlage war für sie aber "antragsgemäß" das freigeräumte Grundstück nach Abriss der vorhandenen Bausubstanz. Fakt ist aber: Das Gebäude steht noch und müsste nicht nur für viel Geld niedergerissen werden, sondern es fallen auch gravierende Erwerbs- und Entmietungskosten an.

Die Gutachter betrachteten also quasi eine Freifläche, die es nicht gibt. Zweiter Kritikpunkt: Es wurde unterstellt, dass der Investor ohne Finanzbeteiligung der Stadt den Baukörper abreißt, vom Bahnhof zurück versetzt und wieder neu aufbaut - aus privatem Interesse.

Diese Annahme aber ignoriert den Umstand, dass auch die Stadt ein Interesse an einer Lösung haben sollte, wie ein Beteiligter sagte: "Das ist rein technokratisch gedacht und nicht zielführend." Inzwischen hat es ein Bewertungsgespräch zwischen Stadtbaurat Werner Wingenfeld und dem Investor Roger Sevenheck gegeben, nächste Woche soll ein weiteres folgen.

Und Sevenheck wirft die Flinte nicht ins Korn: "Ich bin optimistisch, dass es in vier Wochen zu einem Ergebnis kommt", ließ er übermitteln. Die Stadt Bonn hüllt sich komplett in Schweigen. Wingenfeld ließ mitteilen, er werde zu dem Gutachten und der Sachlage wegen der laufenden Gespräche keine Stellung beziehen.

Der GutachterausschussDer Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Bundesstadt Bonn ist eine Einrichtung des Landes. Er ist ein neutrales, von der Stadt Bonn weisungsunabhängiges Gremium.

Die rund 30 ehrenamtlichen Mitglieder werden für je fünf Jahre bestellt; sie sind meist Sachverständige aus Architektur-, Bauingenieur- und Vermessungswesen, aus dem Wirtschaftsrecht und der Immobilienwirtschaft sowie für spezielle Bewertungsfragen. Der Ausschuss gibt einmal im Jahr den Grundstücksmarktbericht heraus.

Für das Gutachten vor dem Bahnhof zeichneten drei Bonner Sachverständige aus dem Gremium, Dieter Hagemann, Wieland Münch und Frank Piotrowski, verantwortlich.

Stimmen zum Gutachten und der Südüberbauung##ULIST##

Wilfried Reischl (CDU): "Ich kann im Moment nicht sagen, ob das Projekt damit tot ist oder nicht. Ich hoffe, dass noch eine Lösung gefunden wird. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn die Sache jetzt scheitern würde, auch in Hinblick auf eine Gesamtlösung für das Bahnhofsareal. Die Sache steht aber auf des Messers Schneide."

  • Rolf Beu (Grüne): "Ich bin noch relativ guten Mutes, dass der jetzige Zustand vor dem Bahnhof nicht dauerhaft ist. Jetzt ist der Investor erst mal selbst gefragt, der Ball liegt in seinem Feld. Warten wir mal ab, was passiert. Wir als Politiker führen die Gespräche nicht, das ist eine Sache zwischen Stadtverwaltung und Investor."

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Wilfried Klein (SPD): "Wer den Gutachterausschuss einschaltet, muss jetzt auch das Ergebnis akzeptieren. Es infrage zu stellen, ist für uns unlauter. Wir können nicht ständig Bedingungen ändern und so lange Gutachten in Auftrag geben, bis es irgendwann passt. Wenn das Ergebnis andersherum gewesen wäre, hätte der Investor es sofort akzeptiert."

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Werner Hümmrich (FDP): "In dieses Projekt mit städtischen Geldern reinzugehen, ist für uns nicht der richtige Weg. Es gibt ja immer ein städtebauliches Interesse, wenn ein Investor etwas tut. Wir sind überrascht, dass dessen Bonität noch immer nicht geklärt ist. Wenn das Projekt so nicht geht, muss man auch ein Ende machen."

##ULIST##

Bernhard Wimmer (Bürger Bund): "Das Projekt ist nicht wirtschaftlich zu stemmen ohne eine Finanzbeteiligung der Stadt oder ein Überlassen des Baufelds Bonner Loch/Parkplatz an den Investor. Die Stadt muss sich beteiligen, schließlich hat sie ja diese städtebauliche Todsünde geschaffen."

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