Beethovenhalle in Bonn Politiker diskutieren über Kostenexplosion

Bonn · Wenn am Mittwoch die Mitglieder des Projektbeirats Beethovenhalle zum ersten Mal nach der Sommerpause zusammenkommen, müssen sie sich bereits mit Kostensteigerungen für die Sanierung der Multifunktionshalle auseinandersetzen. Dabei haben die Arbeiten nicht einmal begonnen.

Die vom Rat beschlossene Summe von rund 60 Millionen Euro ist mittlerweile auf 65,5 Millionen Euro gestiegen. Besonders die SPD dürfte kritisch nachhaken: Die Fraktion hat einen langen Fragenkatalog erstellt, den sie der Stadtverwaltung präsentieren will. Stadtdirektor Wolfgang Fuchs hatte den Rat immerhin vorgewarnt, indem er die ursprüngliche Kostenkalkulation mit einem Plus-minus-20-Prozent-Vorbehalt versah.

Ob jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht ist, ist unklar. „Wenn man im Bestand baut, ahnt man schon, dass da noch was kommen könnte“, sagt Günter Schikora dem General-Anzeiger bei einer Besichtigung der denkmalgeschützten Halle. Der Architekt und Abteilungsleiter im Städtischen Gebäudemanagement nimmt die Lüftungsrohre an der Stirnseite der Halle als Beispiel für die Kostensteigerung: Erst bei näherer Untersuchung sei festgestellt worden, dass die Innenseite der Rohre mit asbesthaltigem Material verkleidet ist.

Asbestfunde

Im intakten Zustand gehe keine Gefahr von ihnen aus, so Schikora. Da sie aber saniert und modernisiert werden müssen, soll die schadstoffhaltige Verkleidung auf Empfehlung eines Gutachters abgetragen werden. „Das ist ein aufwendiges und teures Verfahren“, erklärte er. Eine detaillierte Kostenschätzung sei erst nach Vorliegen einer Machbarkeitsstudie möglich. Die Grobkostenschätzung liegt derzeit bei rund 760.000 Euro. Schikora glaubt allerdings, dass es keine weiteren Asbestfunde in der Halle mehr geben wird. „Jetzt müsste eigentlich alles bekannt sein.“

Ein weiteres Beispiel: Erforderlich sind zusätzliche Maßnahmen für den Brandschutz, verbunden mit Zusatzkosten von mehr als 350.000 Euro. Unter anderem reicht Schikora zufolge der Brandschutzputz von 10 bis 15 Millimetern über den Stahllagen der Decke, die sogenannte Rabitzdecke, des großen Konzertsaals nicht aus. Gefordert seien 25 Millimeter. Wenn Stahl warm werde, habe er die Eigenschaft, schlagartig zu versagen. Die Decke habe damals nicht eine so dicke Betonüberdeckung über ihre Stahllagen erhalten, wie es nach heutigen Erkenntnissen erforderlich wäre. „Das muss jetzt nachgerüstet werden.“

Risikozuschlag von 1,5 Millionen Euro

Für Planungen wie Statik, Tragwerk und die sogenannte Objektplanung sind knapp zwei Millionen Euro mehr anzusetzen. Akustik und Veranstaltungstechnik werden jetzt mit zusätzlichen 650.000 Euro kalkuliert, und auch ein Risikozuschlag von 1,5 Millionen Euro für unvorhergesehene Kosten bei der Planung wird schon eingepreist.

Ist da in der Vergangenheit zu wenig in die Instandhaltung der Beethovenhalle investiert worden? „Das mag in manchen Bereichen so sein“, sagt Schikora. Aber vor allem bei der Technik müsse man irgendwann einmal „Tabula rasa“ machen, sagt er, und sie komplett dem aktuellem Stand anpassen.

Die Frage, ob da nicht ein Abriss und Neubau der Halle besser und unter dem Strich eventuell preiswerter gewesen wäre, sei schwierig zu beantworten. „Wenn man irgendwann aus dem Grund alles zurückbauen würde, die Kirchen, die Oper, das Kunstmuseum, was ist die Stadt dann noch? Eine reine Wohnstadt, die unattraktiv ist“.

"Bonner wollen Halle behalten"

Die Beethovenhalle in exponierter Lage am Rhein sei die Bürgerhalle Bonns mit einer interessanten Geschichte und einer besonderen Ausstrahlung. „Und diese Halle wollen die Bonner behalten“, ist er überzeugt. Der Architekt macht keinen Hehl daraus: Er findet es richtig, dass der Rat sich für den großen Wurf entschieden hat. Bei der zunächst angedachten Sparvariante „hätten wir noch nicht einmal die Technik auf den aktuellen Stand bringen können“.

Und wie geht es weiter? Wenn die letzten Töne des Beethovenfestivals am 9. Oktober verklungen sind, wird die Halle geschlossen und ausgeräumt. Die Bauzeit ist mit zwei Jahren veranschlagt. Am 22. Oktober wird es noch einmal eine Party im großen Saal geben, veranstaltet von der Wanted GmbH, die in der Beethovenhalle bisher die Ü-30-Partys organisiert hat. Der Gewinn soll dem Verein Pro Beethovenhalle gespendet werden.

Mit den Spenden sollen die im Sanierungspaket ausgesparten Maßnahmen wie etwa die Gestaltung der Außenfläche oder Anschaffung neuer Stühle finanziert werden. Der Verein sowie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz haben laut Stadt bisher 245.000 Euro an Spenden akquiriert. Dank einer Finanzspritze der Sparkasse Köln-Bonn über fünf Millionen Euro kann das Studio der Beethovenhalle zum Kammermusiksaal ausgebaut werden.

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