Blitzmarathon in Bonn Polizei registriert vergleichsweise wenig Raser

BONN · Jeden Tag in der Woche ist Marc Schuster auf der B56 in Richtung Bonn unterwegs. Mit seinem 50er Roller fährt der 37-Jährige zur Arbeit. Da sein Gefährt nur 50 Stundenkilometer schafft, kann er gut beurteilen, wer auf der Tempo-50-Strecke zu schnell fährt.

"Mich überholen viele, wenn ich hier gegen 5.30 Uhr fahre." Deshalb hatte Schuster anlässlich der sechsten Neuauflage des landesweiten Blitzmarathons bei einer Aktion des Lokalsenders Radio Bonn/Rhein-Sieg mitgemacht. Zwar setzte die Polizei auf ein Bürger-Voting. Allerdings nur bei von ihr vorgegebenen Messstellen. Nur auf der Homepage des Lokalsenders konnte man selbst einen Ort vorschlagen.

Da auf die B 56 in Höhe von Vilich laut Alberto Coppola, Leiter der Direktion Verkehr, die meisten Stimmen entfielen, baute die Polizei dort ebenfalls einen Blitzer auf. Was Mess-Pate Schuster wunderte, freute Coppola: Denn wie an den übrigen Messpunkten in Bonn und im linksrheinischen Kreisgebiet, mussten Streifenbeamte bis gegen Mittag nur wenige Raser aus dem Verkehr winken. Weniger erfreulich war: Die Beteiligung des Votings ließ mit 1100 Nennungen, so Coppola, zu wünschen übrig: "Da hatten wir uns mehr erhofft."

Gegen Mittag hatten Jurek Kilian und Ralf Martin vom Verkehrsdienst der Polizei an der Messstelle an der B 56 innerhalb von rund einer Stunde neun Verstöße registriert. Dabei erreichte eine Fahrerin, die nach Abzug der Toleranz 16 Kilometer zu schnell war, den Spitzenwert. Dennoch sagte Martin: "Die Anzahl ist nicht auffällig." Gleichwohl räumte Kollege Kilian ein, dass nicht zu einer Zeit gemessen wurde, in der Schuster sonst unterwegs ist: "Oft geben uns Bürger auch nicht die Zeiten an, zu denen wir messen sollen."

Trotz des Problems mit dem Messzeitpunkt hatte sich gestern an der B 56 im Kleinen angedeutet, was die Polizei zur Halbzeit der Aktion gegen 14 Uhr im Ganzen feststellen konnte: Vergleichsweise wenig Verstöße - und wenn, dann rangierten die Übertretungen oft im Bereich von Ordnungswidrigkeiten. Laut Polizeisprecher Christoph Schnur habe man an 17 Kontrollstellen 2356 Verkehrsteilnehmer kontrolliert, 111 waren zu schnell, also 4,7 Prozent. Der Spitzenwert lag bei 26 Stundenkilometern. Zum Vergleich: Beim Marathon im Oktober hatte die Polizei mit 693 deutlich weniger Fahrer kontrolliert, rund 7,8 Prozent (54) waren zu schnell.

Dass die Polizei "ihre wertvolle Zeit bei Geschwindigkeitsmessungen vertrödelt", was die FDP Innenminister Ralf Jäger (SPD) vorwirft, glaubt Coppola nicht. Gradmesser für ihn ist die Unfallstatistik: "Die Zahl der Verunglückten ist 2013 im Vergleich zum Vorjahr leicht um 1,2 Prozent gesunken, bei einem leichten Anstieg der Gesamtunfallzahlen um 0,9 Prozent." Bemerkenswert ist für Coppola jedoch, "dass die Zahl der schwer verletzten Verkehrsteilnehmer um 12,4 Prozent zurückgegangen ist".

Er wies darauf hin, dass Unfallfolgen und die Schwere der Verletzungen "erheblich durch die Geschwindigkeit beeinflusst werden. Auch kann der Verkehrsexperte die Kritik nicht nachvollziehen, dass sich Bürger abgezockt fühlten: "Wir spielen mit offenen Karten und geben unsere Messpunkte bekannt!"

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