Prozess in Bonn Porschefahrer bleibt unbestraft

Bonn · Dem Mann auf der Anklagebank ist sichtlich unbehaglich zumute. Der 50-jährige Familienvater ist vor der Bonner Strafrichterin gelandet, weil er am 15. Januar am Steuer seines Porsches den Verkehrsrowdy gegeben und andere in Gefahr gebracht haben soll.

Nun sind viele Augen auf ihn gerichtet: Die Zuschauerreihen sind gefüllt mit Jugendlichen, die etwas über das Rechtssystem lernen sollen.

Dass er sich nicht ganz vorbildlich verhalten hat, gibt der gelernte Elektromeister mit eigenem Geschäft zu. Aber, so beteuert er, nicht absichtlich. Und auf keinen Fall habe er das getan, was ihm die Anklage zur Last lege. Die wirft dem 50-Jährigen Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung durch grob verkehrswidriges Verhalten vor. Deshalb sei der Angeklagte "ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen". Sollte die Richterin das am Ende auch so sehen, darf der 50-Jährige erst einmal nicht mehr hinters Steuer.

Was er getan haben soll, schildert die 44-jährige Fahrerin des Wagens, den er in Bedrängnis gebracht haben soll: An besagtem Tag sei sie gegen 17 Uhr mit ihrem Mann auf dem Beifahrersitz über die Südbrücke gefahren, um nach links auf die A 562 in Richtung Köln abzubiegen, als es auf Höhe Ramersdorf passiert sei: "Ein Wagen überholte, blinkte, hupte und setzte sich so nah vor mich, dass ich eine Vollbremsung machen musste. Es war wirklich eine gefährliche Situation." Dann sei der Porsche einfach stehen geblieben, der Fahrer habe gestikuliert, und der Verkehr sei völlig zum Erliegen gekommen.

Sie sei schließlich an ihm vorbeigefahren und habe sich auf die linke Spur Richtung Norden eingefädelt, als der Porsche wieder aufgetaucht sei: Er habe sich erneut vor sie gesetzt, sie wieder mit einer Vollbremsung zum Stehen gebracht. Und sei schließlich über die markierte Fläche und zwei Spuren nach rechts Richtung Königswinter verschwunden. Ihr Mann habe ein Foto von dem Mann gemacht. "So etwas haben wir noch nie erlebt", sagt die Zeugin, die mit ihrem Mann direkt zur Polizei fuhr.

Nach dem Überholen Wagen übersehen

Der Angeklagte aber erklärt, er habe nach dem Überholmanöver beim Einscheren den Wagen übersehen. Deshalb habe er entschuldigend die Hand gehoben. Mehr sei nicht passiert. Er sei dann weitergefahren, um seine Tochter abzuholen. Auf die Frage von Staatsanwalt und Verkehrsgutachter, wie man einen Wagen, den man überhole, übersehen könne, bleibt er eine schlüssige Antwort schuldig.

Glück hat er am Ende dennoch: Zwar hält die Richterin das Ehepaar für glaubhaft und stellt fest: "Ich bin sicher, da ist was gewesen." Denn es gehöre was dazu, zur Polizei zu gehen. "Und die Zeugen machen nicht den Eindruck, als sei das ihr Hobby." Aber auch ihre Aussagen seien nicht frei von Unstimmigkeiten. Sie regt eine Einstellung gegen Geldauflage an. Der Staatsanwalt willigt ein, besteht aber auf der spürbaren Summe von 4000 Euro - schon angesichts der Vorstrafe des Porschefahrers: Der wurde 2009 wegen Trunkenheitsfahrt und Unfallflucht zu 3000 Euro Geldstrafe und zehnmonatigem Entzug der Fahrerlaubnis verurteilt. Zähneknirschend willigt der 50-Jährige ein. Wenn er die 4000 Euro zahlt, bleibt er unbestraft und behält den Führerschein.

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