Maximiliancenter Primark-Eröffnung in Bonn von Protest begleitet
Bonn · Um 10 Uhr hat am Dienstag in Bonn der umstrittene Textildiscounter Primark seine Filiale im Maximiliancenter eröffnet. Hunderte Kunden sind zur Eröffnung gekommen, gleichzeitig haben auch 100 Demonstranten Stellung eingenommen.
Da staunte so mancher Passant nicht schlecht, als kurz nach 10 Uhr am Dienstag Primark seine Türen öffnete. Jubelnd, tanzend und mit Luftballons begrüßten die Mitarbeiter zu lauter Discomusik die Kunden, die bereits ungeduldig in einer langen Schlange vor dem Maximiliancenter auf diesen Moment gewartet hatten. Hunderte strömten vorbei an Sicherheitsleuten in den Laden, während draußen vor dem Center etwa 100 Primark-Gegner mit Plakaten und Parolen gegen den irischen Textildiscounter demonstrierten.
Wolfgang Krogmann, Geschäftsführer von Primark Deutschland und Österreich, hat zuvor in einer kurzen Begrüßungsrede den Mitarbeitern aus 21 Nationen gedankt, die in nur gut einer Woche die Regale und Kleiderständer mit Klamotten aufgefüllt hätten. In der Bonner Primark-Filiale sind rund 180 Beschäftigte tätig, davon Primark zufolge 20 Prozent in Vollzeit. Unter den geladenen Gästen ist auch der frühere CDU-Fraktionsgeschäftsführer und Ratsherr Georg Fenninger. „Ich verstehe die Aufregung nicht“, sagt Fenninger, der einst maßgeblich die Pläne für eine Bebauung des Bahnhofsvorplatzes mit dem Maximiliancenter und dem Komplex „Urban Soul“ vorangetrieben hat. „Diese Bauung ist positiv für die ganze Innenstadt. Welche Ausrichtung der Handel nimmt, bestimmt er selbst. Da kann die Politik keinen Einfluss nehmen.“
Das sieht Jutta Lutz-Kadereit anders. Die Bonnerin unterstützt die Kampagne „Besser leben ohne Primark“. Sie steht in der Poststraße an einem Tisch mit Secondhand-Kleidung, wo sich Passanten quasi als Gegenaktion zur „fast fashion“ (frei übersetzt: Wegwerfmode) getragene, aber gut erhaltene Kleidungsstücke aussuchen können. „Die Stadt Bonn hätte wenigstens versuchen können, dem Bauherrn Auflagen zu machen. Schließlich nennt sie sich Fair- Trade-Stadt.“ In Anlehnung an das alte Volkslied „Bruder Jakob“ singen derweil die Demonstranten: „Faire Jacke, wo bist du? Sicher nicht im Primark.“
Krogmann kennt diese Szenerie von anderen Filialeröffnungen und gibt sich gelassen. Er wird nicht müde zu betonen, dass sich auch Primark bewusst sei, dass in der Textilindustrie noch mehr für die Arbeitsbedingungen der Näher und Näherinnen und für den Umweltschutz getan werden müsse. Primark verstärke allerdings laufend die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit, erklärt er. Hinsichtlich der scharfen Kritik der Bonner Bundestagsabgeordneten Katja Dörner (Grüne) an seinem Unternehmen, die sie auf ihrer Bundestag-Facebook-Seite veröffentlich hatte, bietet Krogmann an: „Ich bin gerne zu einem Gespräch mit Frau Dörner bereit.“ Inzwischen stehe man auch in Kontakt mit dem Büro der Abgeordneten.
Auf Dörners Kritik hatte sich auch Bonns Sozialdezernentin Carolin Krause gemeldet und gepostet, sie lehne das „System Primark ab. Das hat wiederum Jannis Vassiliou auf den Plan gerufen. Der Vorsitzende des Einzelhandelsverbandes ist ebenfalls unter den geladenen Gästen und sagt über Krause: „Es steht einer städtischen Dezernentin nicht zu, sich in dieser Funktion, für oder wider ein Unternehmen, das sich gerade in Bonn ansiedelt und Arbeitsplätze schafft, zu äußern“. Richtig verärgert zeigt sich Krogmann über einen bisher unbekannten Mann, der vom Fahrrad aus am frühen Morgen auf die Schaufensterscheiben des Centers mit weißer Farbe eine lange Linie besprüht hatte. „Das können wir nicht akzeptieren. Wir haben Millionen in den Ausbau des Geschäfts gesteckt“, sagt er.
Mittlerweile herrscht Hochbetrieb auf den drei Etagen des Textildiscounters. Kaum einer der Kunden ist bereit, mit Medienvertretern zu reden. Eine Frau sagt, sie fühle sich von den Demonstranten regelrecht bedroht und wolle deswegen kein Interview geben. Alexandra (45) gibt vorsichtshalber nur ihren Vornamen preis. Die Hausfrau ist aus Wesseling gekommen, um im Primark zu shoppen. „Wenn man wie ich aufs Geld achten muss, ist der Laden genau richtig“, sagt sie und zieht einen Wintermantel aus der Tüte, den sie für 30 Euro erstanden hat. „Die teureren Klamotten kommen doch auch aus diesen Fabriken“, sagt die 45-Jährige und zeigt auf ein Plakat eines Demonstranten mit der Aufschrift „Sklavinnen am Spinnrad“.