Messerstecherei in Bonn Problemzone Hofgarten

BONN · Die Bluttat an der Bonner Uni rückt die Frage nach der Sicherheit im Hofgarten erneut in den Blick der Öffentlichkeit.

Am Morgen danach ist alles wie immer neben dem Eingang zum Germanistischen und zum Kunsthistorischen Institut der Universität. Nichts deutet darauf hin, dass hier am Abend zuvor ein Streit zu einer Messerstecherei ausartete, an deren Ende vier Männer schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden mussten.

Die Spuren sind beseitigt, in Lebensgefahr schwebt niemand. Und doch rückt die Bluttat die Frage nach der Sicherheit im Hofgarten erneut in den Blick der Öffentlichkeit.

Was genau am späten Montagabend am Uni-Hauptgebäude in Höhe des U-Bahn-Zugangs passierte, ist noch unklar. Nach GA-Informationen erschweren auch Sprachprobleme die Vernehmung der Beteiligten, bei denen es sich um eine Gruppe junger Asylbewerber aus Albanien handeln soll. Gegen 22.30 Uhr sollen sie am Montag untereinander derartig in Streit geraten sein, dass plötzlich ein oder mehrere Messer ins Spiel kamen.

Acht Streifenwagen eilten zum Ort des Geschehens, wo die Polizei auf eine „größere Personengruppe“ stieß, wie es im Pressebericht heißt. Wer in welcher Weise an der Auseinandersetzung beteiligt war, ließ sich bislang nicht aufklären. Tatsache aber ist: Ein 16- und ein 19-Jähriger wurden mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht. Beide seien schwer verletzt, teilte die Polizei mit. Kurz nach der Tat erschienen dann plötzlich noch ein 15- und ein 17-Jähriger, die offenbar mit dem Zwischenfall an der Uni in Verbindung standen, auf der Wache Gabi. Auch sie waren verletzt und wurden ebenfalls in einem Krankenhaus behandelt. Nach ihrer Entlassung wurden sie vorläufig festgenommen und vernommen. Derweil versuchen die Ermittler, das Geschehen zu rekonstruieren.

Der Vorfall lenkt den Blick auf einen Bereich, um den es ruhig geworden war, seitdem das Jugendschöffengericht die Rädelsführer der „Hofgartenbande“ in mehrwöchige „Warnschussarreste“ geschickt hatte. Die Täter hatten eine Reihe teilweise brutaler Raubüberfälle gestanden. Seit ihrer Festnahme vor eineinhalb Jahren hat die Polizei via Pressemitteilung noch zwei Raubüberfälle im Hofgarten gemeldet – zuletzt Anfang Juli dieses Jahres. Eine aktuelle Gesamtbewertung der Lage im Hofgarten konnte die Polizei gestern nicht liefern. Und obwohl der Schauplatz der Messerstecherei grundsätzlich belebt erscheint, steht die Frage nach dem Sicherheitsgefühl im Hofgarten erneut im Raum.

Das typische Bild in diesen Wochen bot der Montag, etwa zwei Stunden vor dem blutigen Zwischenfall. Eine Gruppe Studenten übt sich auf einer Ecke der Wiese in der Harry-Potter-Sportart „Quidditch“ und fügt sich ins heterogene, bunte Publikum: Kommilitonen aus dem In- und Ausland, Asylbewerber, Obdachlose und andere „Stammgäste“ wie die Gruppe junger Männer, die sich regelmäßig auf den Stufen des Akademischen Kunstmuseums niederlässt. Es fließt Alkohol. Haschischgeruch, von dem zuweilen Passanten berichten, liegt diesmal ebenso wenig in der Luft wie die Aggressionen, die sich wenig später entladen werden. Und doch sagt ein Beobachter, der berufsbedingt regelmäßig im Hofgarten unterwegs ist: „Es wird unangenehmer. Zunehmend sind hier Gruppen junger Männer anzutreffen, die einen gewissen Druck aufbauen.“

Anderen, wie dem Kaffeeverkäufer mit seinem Stand in unmittelbarer Nähe zum jüngsten Tatort, ist zuletzt tagsüber nichts Negatives aufgefallen. Auch aus Sicht des Ordnungsamtes stelle der Hofgarten keinen Einsatzschwerpunkt dar, sagt Stefanie Zießnitz vom Presseamt. Zehn Einsätze habe die Wache Gabi in diesem Jahr verzeichnet, darunter mehrere im Bereich Jugendschutz. Zwei Mal ging es um Drogenmissbrauch, außerdem seien eine Ruhestörung, eine Schlägerei und ein freilaufender Hund gemeldet worden.

Universitäts-Sprecher Andreas Archut bekräftigt mit Blick auf den hohen Freizeitwert der Anlage und ihre Bedeutung für das Image der Stadt: „Die Universität führt Gespräche mit der Stadtverwaltung und der Polizei über die Sicherheit im Hofgarten. Wenn es dort erneut zu Angriffen und Belästigungen kommt, sollten Betroffene unbedingt die Polizei rufen und auch Anzeige erstatten. Nur so werden Vorfälle auch aktenkundig.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort